Astronomie: Das Universum im Röntgenlicht
Röntgenstrahlung ist der beste Weg, um den energiereichsten Prozessen im All nachzuspüren, von extrem massereichen Schwarzen Löchern bis zu den Überresten von Supernovae. Seit 1999 betreibt die US-Raumfahrtbehörde NASA das Weltraumobservatorium Chandra eigens zu diesem Zweck. Es kann mit seinem Detektor Photonen aus einem breiten Spektrum des Röntgenlichts in einer zuvor unerreichten Bildqualität aufzeichnen. Das hat revolutionäre Einsichten in einige der größten Mysterien des Kosmos geliefert.
Das Teleskop war konstruiert worden, um wichtige Fragen in der Röntgenastronomie zu klären, etwa die nach den genauen Ursprungsorten von energiereicher Strahlung aus allen Richtungen des Himmels, dem so genannten Röntgenhintergrund. Darüber hinaus sollte es sozusagen ein Generalobservatorium für verschiedenste Zwecke werden, bei dem sich Arbeitsgruppen rund um die Welt jährlich mit ihren Projekten um Beobachtungszeit bewerben können. Selbst nach zwei Jahrzehnten Betrieb gehen heute immer noch jedes Jahr rund 500 bis 650 Anträge ein, die insgesamt 5,5-mal so viel Messzeit beanspruchen würden, wie wir am Chandra X-ray Center anzubieten haben.
Entsprechend reich war die wissenschaftliche Ausbeute. Bald waren tausende supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren anderer Galaxien als Quellen des Röntgenhintergrunds identifiziert. Zugleich offenbarten sich bei zahlreichen Objekten am Himmel neue, rätselhafte Vorgänge. Schwarze Löcher, die intensiv strahlende Jets ausstoßen, während sie sich Materie einverleiben; ein heller Schein in Jupiters Atmosphäre; Blitze von kollidierenden Neutronensternen, die wiederum zuvor mit Hilfe von Gravitationswellendetektoren aufgespürt wurden; dazu besondere Schwarze Löcher, die als ultraleuchtkräftige Röntgenquellen fungieren. Beobachtungen mit Chandra führen eine weltweite Gemeinschaft von mehr als 4000 Wissenschaftlern zusammen und haben bisher für mehr als 8000 Veröffentlichungen gesorgt.
Ich kam drei Jahre vor dem Start ins Missionsteam, habe die zugehörige Website mit aufgebaut, Informationen für die Nutzer zusammengestellt, die ersten Anträge mit begutachtet und das Teleskop während der Vorbereitungen kalibriert. Die Arbeitsfülle während all dieser Tätigkeiten war enorm und trotzdem nichts im Vergleich zu dem, was in den Monaten nach dem erfolgreichen Start folgte. Nun hat Chandra sein 20-jähriges Dienstjubiläum hinter sich, und ich bin inzwischen Direktorin des Chandra X-ray Center, das für den Betrieb des Teleskops zuständig ist. Wir erwarten, dass es – gerade auch im Zusammenspiel mit neuen Observatorien wie dem Event Horizon Telescope und dem James Webb Space Telescope – noch viele weitere Jahre neue Erkenntnisse über die gewaltigsten Vorgänge im Universum liefern wird.
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