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News: Der Duft des Vaters

Partnerwahl ist ein schwieriges Unterfangen. Doch wer immer der Nase nach geht, sollte eigentlich ein passendes Exemplar finden - zumindest was das Immunsystem betrifft. Unbewusst folgt frau dabei auch Vaters Rat, sofern er in ihren Genen liegt. Denn steigt ihr nun der Duft eines Mannes in die Nase, der von ähnlichen Erbanlagen kündet, rangiert dieser auf ihrer Beliebtheitsskala weit oben.
Natürlicher Körpergeruch wird heute meist übertüncht von Deos, Parfum, Rasierwasser oder sonstigen Produkten aus der reichhaltigen Angebotspalette der Kosmetikindustrie. Und doch lässt er sich nicht ganz auslöschen – im Kissenbezug, im zwei Tage lang getragenen T-Shirt, im durchschwitzten Jogginganzug findet sich der ganz charakteristische, ureigene Duft.

Er ist es, der entscheidet, ob zwei Menschen sich riechen können oder nicht. Oder zumindest leistet er dafür einen wichtigen Beitrag, wie zahlreiche Tests mit müffelnden T-Shirts und empfindlichen Frauennasen ergeben haben. Dabei gilt: Gegensätze ziehen sich an. Denn die von den Damen bevorzugten Duftnoten gehörten zu denjenigen Männern, deren genetisches Repertoire bezüglich des Immunsystems sich von dem der Frauen am stärksten unterschied – optimale Voraussetzung für möglichst krankheitsresistenten Nachwuchs.

Aber bei der Entscheidung für den Mann des Lebens hat auch der Vater ein Wörtchen mitzureden, so altertümlich das klingt. Denn die Vorliebe der Frauen hängt ganz entscheidend vom väterlichen Erbe in den relevanten Genen ab, wie weitere Experimente mit zwei Tage alten T-Shirts ans Licht brachten.

Martha McClintock und ihre Mitarbeiter an der University of Chicago setzten ihre Versuchsteilnehmerinnen in einem Raum verschiedenen Gerüchen aus, darunter so gewohnten Eindrücken wie Nelken, Bleiche und frisch gewaschener Wäsche, vorwiegend jedoch den Duftnoten der T-Shirts. Aus diesen Nasenschmeichlern sollten sie diejenigen auswählen, deren Geruch sie bis zu ihrem Lebensende nicht mehr missen wollten.

Auf den vordersten Plätzen landeten Männer, deren Gene des so genannten Haupthistokompatibilitätskomplex (major histocompatibility complex, MHC) den jeweils eigenen Genen der Frauen glichen – und zwar jenen Erbanlagen, die sie vom Vater geerbt hatten. Dabei zeigten sie keine Vorliebe für Extreme, also völlige oder keine Übereinstimmung, sondern bevorzugten gesundes Mittelmaß für den Grad der Abweichung.

Offensichtlich handelte es sich nicht einfach um sentimentale Anwandlungen wie einer Sehnsucht nach dem vertrauten Geruch der Kindheit. Denn dann hätten die Versuchsteilnehmerinnen auch T-Shirts gewählt, bei denen die MHC-Gene von Vater und potentiellem Partner gepasst hatten – ohne dass sie dieselben ebenfalls aufweisen. Diese jedoch rangierten erst auf den hinteren Plätzen. "Es sind die Gene, welche die Vorlieben bestimmen", erläutert McClintock.

Dahinter einen weiblichen Ödipus-Komplex zu vermuten, wäre jedoch vorschnell geurteilt. Ob die Frauen ähnlich auf MHC-Gene reagiert hätten, die sie von ihrer Mutter geerbt haben, wurde in der Studie nämlich nicht untersucht. Und ob die zunehmende Zahl an Singles in unserer Gesellschaft mit erschwerter Geruchserkennung aufgrund von Deos, Parfums oder Rasierwasser einhergeht, bliebe ebenfalls noch zu klären.

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