Bewusstseinsforschung: Die bewusste Hirnaktivität bestimmen
Das menschliche Bewusstsein ist nach wie vor eines der größten Rätsel unserer Zeit. Eine im Fachmagazin »Physical Review Research« veröffentlichte Studie beschreibt nun, wie Werkzeuge aus der Computerwissenschaft und Physik dazu dienen könnten, das Maß der bewussten Hirnaktivität zu bestimmen. Wenn man ehrlich ist, haben die beteiligten Physiker, Astronomen und Psychologen mit ihren Experimenten so ziemlich am unteren Ende der Entwicklungsstufe begonnen – nämlich bei Fruchtfliegen. Zwar haben diese Tiere offenkundig kein Bewusstsein wie wir Menschen, aber auch bei den Fliegen gibt es natürlich einen Unterschied zwischen einem wachem und einem betäubten Zustand. Die Wissenschaftler haben nun eine Technik entwickelt, bei der sie lediglich eine kleine Region des Gehirns anzapfen müssen, um anhand der gemessenen Signale zwischen wachen und narkotisierten Tieren unterscheiden zu können. Dies gelang ihnen, indem sie die aufgezeichneten Signale hinsichtlich ihrer statistischen Komplexität auswerteten. Vereinfacht ausgedrückt fanden sie Folgendes: je wacher die Fliege, umso komplexer und gleichzeitig auch strukturierter die Signale.
Zwar erscheint dieses Ergebnis kaum überraschend, tatsächlich ist es jedoch schwierig, anhand nur weniger Hirnsignale zuverlässig den Grad der bewussten Erregung des Gehirns zu bestimmen. Deutlich wird das an einem Beispiel aus der Klinik: Für Ärzte ist es eine große Herausforderung, zwischen nicht ansprechbaren, vegetativen Patienten und solchen zu unterscheiden, die zwar bei Bewusstsein sind, sich aber auf Grund der vollständigen Lähmung fast aller Muskeln im Körper nicht bewegen oder verbal kommunizieren können.
Die Studie präsentiere nun einen vergleichsweise objektiven Weg, um die bewusste Gehirnaktivität zu messen, so die Autoren. Denn die Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass es ein eindeutiges Muster in den neuronalen Signalen gibt, das nicht von spezifischen äußeren Reizen abhängt. Die Forscher gehen davon aus, die Methode ließe sich prinzipiell auch beim Menschen anwenden. So könnte man nicht nur bei Patienten unterscheiden, zu welchem Grad sie bei Bewusstsein sind, sondern auch Bewusstseinstheorien besser experimentell überprüfen.
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