Sonne: Die Sonnenphysik wird im Jahr 2025 glänzen
Wenn unser Sonnensystem ein paar Monde oder sogar einen Planeten verlieren würde, wäre der Unterschied vielleicht kaum zu bemerken – aber wenn die Sonne verloren ginge, würde sich alles ändern. Trotz ihrer Rolle als Dreh- und Angelpunkt haben die Wissenschaftler jedoch noch eine ganze Reihe von Fragen zur Funktionsweise der Sonne und zu ihrem Einfluss auf unser tägliches Leben auf der Erde und im Weltraum. Und das Jahr 2025 wird eine Schlüsselrolle bei der Beantwortung dieser Fragen spielen.
Drei Faktoren machen das kommende Jahr für die Sonnenphysik besonders aufregend: der natürliche Aktivitätszyklus der Sonne, eine Flotte von Raumsonden und die Veröffentlichung eines Plans, der als Leitfaden für die Arbeit auf diesem Gebiet im nächsten Jahrzehnt dienen soll.
Derzeit befindet sich die Sonne in der maximalen Phase ihres elfjährigen Aktivitätszyklus, in der sie nach Ansicht der Forschenden noch etwa ein Jahr verbleiben wird, bevor ihre Aktivität nachlässt. Und obwohl der gegenwärtige Sonnenzyklus 25 keine Rekorde bricht, hat er eine Vielzahl von Sonneneruptionen und anderen spektakulären Ausbrüchen hervorgebracht, die Wissenschaftler mit neuen Instrumenten aufzeichnen konnten. Zu diesen Beobachtungsinstrumenten gehören sowohl das größte je gebaute Sonnenteleskop als auch eine Raumsonde, die sich der Sonne so nah wie nie zuvor genähert hat.
Dieses Jahr wird eine Reihe von bahnbrechenden Projekten in der Sonnenphysik hervorbringen. Allein die NASA plant ein halbes Dutzend Missionen zur Erforschung der Sonne und der unzähligen Möglichkeiten, wie sie das Sonnensystem prägt. Dazu gehört die Interstellar Mapping and Acceleration Probe (IMAP), die den Forschenden helfen soll, die äußeren Grenzen des Einflussbereichs der Sonne zu kartieren; die Escape and Plasma Acceleration and Dynamics Explorers oder ESCAPADE, ein Paar Raumsonden, die den Mars umkreisen werden, um die Auswirkungen von Weltraumwetter auf den Roten Planeten zu untersuchen; und die Polarimeter to Unify the Corona and Heliosphere oder PUNCH-Mission, bei der vier kleine Satelliten die Erde umkreisen, um die äußere Atmosphäre der Sonne, die Korona, zu untersuchen.
Darüber hinaus haben die US-amerikanischen Sonnenphysiker im letzten Monat einen neuen so genannten decadal report veröffentlicht – einen Plan für das kommende Jahrzehnt, der eine Vielzahl nationaler wissenschaftlicher Prioritäten skizziert und mit dessen Umsetzung die US-amerikanischen Bundesbehörden im kommenden Jahr beginnen werden. »Ich bin wirklich begeistert davon«, sagt Joe Westlake, Sonnenphysiker und Direktor der Abteilung für Sonnenphysik des Science Mission Directorate der NASA.
»Diese decadal reports sind ein Ausblick auf unsere Zukunft«, sagt er. »In dieser Dekade sind einige wirklich gute Dinge geplant.«
Für künftige Raumfahrtmissionen empfiehlt der Bericht, dass die NASA zwei große Projekte verfolgt. Eine Mission würde aus insgesamt 26 Raumfahrzeugen bestehen: Zwei würden hoch über den Polen unseres Planeten in kreisförmigen Umlaufbahnen stationiert werden und Bilder von Polarlichtern und dem Magnetfeld der Erde aus der Ferne aufnehmen. Die übrigen würden sich in elliptischen Umlaufbahnen befinden, die das Erdmagnetfeld durchqueren, wo sie lokale Beobachtungen seiner Stärke und des nahen Plasmas sammeln würden. »Mehr als zwanzig Raumsonden und die Möglichkeit, sie alle gleichzeitig einzusetzen, nach unten und nach oben zu blicken und Beobachtungen zu sammeln, wird uns ein unglaubliches Dateninstrument an die Hand geben«, sagt Nicki Rayl, stellvertretende Direktorin der Abteilung für Sonnenphysik. »Ich denke, es wird bahnbrechend sein.«
Das zweite große Projekt wäre eine Raumsonde, die während eines gesamten elfjährigen Sonnenaktivitätszyklus mehrmals beide Pole der Sonne überfliegen soll. Eine aktuelle NASA-Mission, die Parker Solar Probe, nähert sich der Sonnenoberfläche immer weiter an, beobachtet die Sonne aber nur über ihrer Äquatorregion. In der Zwischenzeit hat eine laufende Mission der Europäischen Weltraumorganisation – die Solar Orbiter – nur Teilansichten der Sonnenpole geliefert. Folglich bleiben die Pole unseres Sterns geheimnisvolle Regionen, auch wenn sie eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Magnetfeldes der Sonne spielen. »Es ist schwierig, zu den Polen der Sonne vorzudringen, denn es ist eine komplizierte Umgebung«, sagt Rayl. »Sie sind das nächste unbekannte Gebiet.«
Auf der Erde würden diese ehrgeizigen Missionen durch die Next Generation Global Oscillations Network Group (ngGONG) ergänzt werden, die auf der bestehenden GONG-Gruppe von Observatorien aufbaut, die 1995 ihre Arbeit aufnahm. Diese Observatorien sind über die ganze Welt verteilt, um die Sonne den ganzen Tag über im Blick zu haben, und sie nutzen eine Technik namens Helioseismologie, um das Sonneninnere zu untersuchen, indem sie die Wellen beobachten, die es durchlaufen, ähnlich wie Geologen die Seismologie nutzen, um das Innere der Erde zu untersuchen.
»Einige dieser kühnen, unglaublichen Ziele, die im decadal report enthalten sind, helfen uns dabei, in das Unbekannte vorzudringen und wissenschaftliche Entdeckungen zu machen«, sagt Rayl. In der Zwischenzeit, so Rayl, würden die Missionen, die im kommenden Jahr starten, immer mehr Erkenntnisse – und neue Fragen – über die Sonne liefern. »Ich bin begeistert, dass wir in den Datenerhebungsmodus eintreten«, sagt sie.
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