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Covid-19: Wie wirken die Corona-Impfstoffe?

Immer mehr Impfstoffe nähern sich der Zulassung. Nach welchen Prinzipien wirken sie? Wie sicher sind sie? Und können sie das Virus komplett stoppen? Ein Überblick.
Corona-Impfung

Seit dem 26. Dezember werden in Deutschland Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Derzeit sind drei Impfstoffe zugelassen. Bisher erhalten fast ausschließlich Personen mit höchster Prioritat die Impfung. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Impfstoffen, ihrer Entwicklung, Wirksamkeit und den bislang bekannten Nebenwirkungen aufgeschrieben.

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Welche Impfstoffe sind zurzeit in der Entwicklung?

Aktuell durchlaufen laut den Zahlen der »New York Times« 67 Impfstoffe klinische Studien an Menschen, 20 von ihnen sind bereits in Phase III, deren Daten für die zukünftige Zulassung entscheidend sind. Zehn weitere Impfstoffe sind schon in verschiedenen Ländern im Einsatz, allerdings lediglich drei von ihnen uneingeschränkt: der Vektorimpfstoff AZD1222 der Universität Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca und die auf mRNA basierenden Vakzinen von Moderna sowie Pfizer und Biontech.

Im eingeschränkten Einsatz sind unter anderem auch das seit August 2020 in Russland zugelassene Vakzin Sputnik V – dessen Wirksamkeitsdaten allerdings erst seit Ende Januar 2021 vorliegen – und ein Impfstoff der Firma Sinopharm, der im September eine Notfallzulassung in China bekam.

Lesen Sie hier ausführlich, wie die EU Impfstoffe prüft und zulässt.

Bei der Impfstoff-Entwicklung werden sehr unterschiedliche Wege beschritten. Lebendimpfstoffe, die abgeschwächte Viren enthalten, haben sich bei seit Langem bekannten Infektionskrankheiten wie Mumps, Masern und Röteln bewährt. Bisher untersuchen nur drei Forscherteams Lebendimpfstoffe zum Schutz vor Sars-Cov-2. Alle befinden sich noch in der experimentellen Phase, werden also noch nicht am Menschen getestet.

Für die Zurückhaltung mag es mehrere Gründe geben. Lebendimpfstoffe lassen sich nicht bei immungeschwächten Personen anwenden, sie erreichen also besonders gefährdete Gruppen nicht. Zusätzlich dauert es vergleichsweise lange, das Virus durch Selektion harmlos zu machen und vor allem sicherzustellen, dass es auch harmlos bleibt – denn abgeschwächte Viren können wieder zur aggressiveren Urform zurückmutieren.

Diese Gefahr besteht auch bei gut getesteten Lebendimpfstoffen wie jenem gegen Polio. Außerdem erzeugt dieses Vorgehen Virusmerkmale, die vom ursprünglichen Virus abweichen. Das könnte unter Umständen die Immunreaktion verzerren, fürchten Fachleute.

Wie entwickelt sich die Pandemie? Welche Varianten sind warum Besorgnis erregend? Und wie wirksam sind die verfügbaren Impfstoffe? Mehr zum Thema »Wie das Coronavirus die Welt verändert« finden Sie auf unserer Schwerpunktseite. Die weltweite Berichterstattung von »Scientific American«, »Spektrum der Wissenschaft« und anderen internationalen Ausgaben haben wir zudem auf einer Seite zusammengefasst.

Einige Forscherinnen und Forscher arbeiten mit abgetöteten Coronaviren oder verwenden einzelne Molekülbestandteile des Virus, die rekombinant, also gentechnisch, hergestellt werden – eine Herangehensweise, die zum Beispiel von der Hepatitis-B- oder HPV-Impfung bekannt ist. Im Gegensatz zu abgeschwächten Lebendimpfstoffen haben es abgetötete Viren oder einzelne Virusproteine häufig schwer, das Immunsystem in Aufruhr zu versetzen und einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Diesen Impfstoffen werden meist Wirkverstärker (Adjuvanzien) beigemengt, die vor allem Abwehrzellen der ersten Verteidigungslinie aktivieren.

Andere programmieren harmlose Viren – wie etwa Adenoviren – genetisch um, so dass diese einen Baustein von Sars-CoV-2 tragen, etwa das Spike-Protein, gegen den durch die Impfung eine Immunantwort ausgelöst werden soll. Vektor-Impfstoffe lösen eine gute Antikörperantwort und auf das Virus zugeschnittene Immunzellen (T-Zellantwort) aus.

Vor der Pandemie komplett unerprobt waren DNA- und RNA-Impfstoffe – doch aus dieser Gruppe kommen die beiden Ersten Impfstoffe, die auf der Basis belastbarer Phase-III-Studiendaten zugelassen wurden. Sie enthalten lediglich die genetische Information für Bestandteile des Virus, die dann in der Zelle produziert werden. Dass sich mRNA statt DNA nun für die Erbgutimpfung als geeigneter erwies, ist einerseits überraschend, weil RNA schwieriger zu händeln sind – andererseits funktionieren diese Vakzinen viel einfacher und direkter als solche mit DNA-codierten Virusteilen.

Dass so schnell nach Beginn der Pandemie Impfstoffe bereitstehen, hat mehrere Ursachen. Zum einen bauen die Entwicklungen auf Erkenntnissen aus früheren Epidemien auf: die Sars- und Mers-Ausbrüche durch Coronaviren 2003 beziehungsweise 2012, sowie die Ebola-Epidemie in Westafrika 2014, in deren Folge der erste Adenovirus-Impfstoff zugelassen wurde. Außerdem verwenden einige Impfstoffe eine Art Grundmodell, das in anderen Zusammenhängen bereits vorher klinisch erprobt worden ist.

Je nach Anforderung lassen sich in diese Grundmodelle verschiedene »Impfmodule« einbauen – also die Proteine eines Virus, gegen das eine Immunantwort ausgelöst werden soll. Zusätzlich haben Industrie und regulierende Behörden angesichts der Pandemie viele der nötigen Schritte parallel laufen lassen statt wie üblich hintereinander. Dadurch konnten sie die Kandidaten schneller erforschen, erproben und zulassen.

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Wie wirken sie?

Alle Impfungen wirken nach dem gleichen Grundprinzip. Durch die Impfung mit Viren beziehungsweise Virusbestandteilen wird das Immunsystem auf die fremden Moleküle aufmerksam. Eine Infektion wird vorgetäuscht, Antikörper und gegen das Virus gerichtete T-Zellen werden aktiviert, und im günstigen Fall wird ein immunologisches Gedächtnis angelegt, das die Geimpften über Jahre bis Jahrzehnte vor einer Infektion mit dem Krankheitserreger schützt.

Schon kurz nachdem Sars-CoV-2 identifiziert war, entdeckten Fachleute auch den Rezeptor, an den das Virus bindet, um in die Zelle einzudringen. Mit seinem Spike-Protein bindet es den Rezeptor ACE2, der auf diversen Typen menschlicher Körperzellen vorkommt. Gelingt es, eine Antikörperantwort gegen das Spike-Protein auszulösen, am Besten gegen den Bereich, der für die Anlagerung an das ACE2 zuständig ist, kann das die Infektion ganz blockieren. Solche Antikörper bezeichnet man als »neutralisierend«.

Das A und O bei der Entwicklung eines Impfstoffes ist, eine Balance zu finden zwischen der Aktivierung der Immunantwort und den dadurch ausgelösten Symptomen. Diese darf natürlich nicht so schwer sein, dass die Geimpften quasi schon an der Impfung erkranken. Typische Zeichen einer Impfreaktion – dafür, dass die Immunabwehr in Gang kommt, Botenstoffe wie Interferon und so weiter ausschüttet – sind Schwellungen, Rötungen an der Einstichstelle, Fieber, Müdigkeit, Gliederschmerzen. Eine Impfreaktion verschwindet in der Regel nach ein bis zwei Tagen wieder.

Die bisher erfolgreichsten Vakzinen basieren auf neuen, noch wenig genutzten Verfahren.

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Was ist das Besondere an den RNA-Impfstoffen?

Am erfolgreichsten bisher sind allerdings bisher Impfstoffe, die auf Erbmolekülen basieren. RNA-Impfstoffe enthalten keine Virusmoleküle, sondern so genannte Boten-RNA (mRNA), welche die Bauanleitung für das Spike-Protein von Sars-CoV-2 an die Proteinfabriken der Zellen (die Ribosomen) übermittelt. Damit das gelingen kann, muss die in den Muskel injizierte mRNA zuerst einmal in die Körperzellen hineingelangen. Das gelingt über die Verpackung in kleine Fettkügelchen, Lipidnanopartikel, welche die empfindliche RNA nicht nur in die Zelle schleusen, sondern auch davor schützen, vorzeitig von Enzymen, die überall im Körper vorkommen, abgebaut zu werden.

Die Zelle nimmt zwar die Nanopartikel samt RNA auf, sie merkt aber mit Hilfe spezieller Sensoren, den Mustererkennungsrezeptoren, dass die RNA nicht aus der eigenen zellulären Produktionsmaschinerie kommt. Eigentlich wird die mRNA im Zellkern gebildet und trägt die Informationen für die Proteinproduktion von dort zu den Proteinfabriken. Bei Anwesenheit fremder RNA schrillen daher zelluläre Alarmglocken, die den raschen Abbau der Nukleinsäure einleiten. Die mRNA, die im Impfstoff enthalten ist, wurde leicht modifiziert, so dass sie so gut wie unsichtbar für die zellulären »Aufpasser« bleibt und eine Weile abgelesen – also in Proteine umgesetzt – werden kann.

Im Experiment an Mäusen erreicht die Proteinproduktion vier Stunden nach der Injektion von mRNA in den Muskel ihren Höhepunkt, hielt aber insgesamt bis zu zehn Tage an. Dabei begannen nicht nur die Körperzellen in der Umgebung der Einstichstelle mit der Herstellung des Proteins. Die Lipidnanopartikel verteilten sich im ganzen Organismus, zum Beispiel auch in der Leber, wo das Protein zwei Tage lang hergestellt wurde.

RNA-Impfstoffe sind relativ neu. Im Gegensatz zu klassischen Vakzinen lassen sie sich schnell und relativ kostengünstig herstellen. In der klinischen Erprobung sind bisher RNA-Impfstoffe gegen das Tollwut-Virus und solche zur Therapie von Krebserkrankungen. Zugelassen war bisher kein RNA-Impfstoff, es besteht also keine klinische Erfahrung damit.

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Wie funktionieren Vektorimpfstoffe?

Ebenfalls relativ neu sind Impfstoffe, bei denen harmlose, genetisch veränderte Viren als »Genfähren« dienen. Das Grundprinzip ähnelt dem der mRNA-Impfstoffe: Man schleust die Bauanleitung für das Spike-Protein in die Zelle ein, das Immunsystem entdeckt das fremde Protein und leitet eine spezifische Immunreaktion dagegen ein. Die dabei entstehenden Gedächtniszellen fangen später eine echte Infektion ab.

Doch da hören die Gemeinsamkeiten auf. Statt in einer auf die Maschinerie der Zelle zugeschnittenen Bauanleitung gelangt die Information als Teil des Virusgenoms in die Zelle. Im Falle der drei bisher am weitesten fortgeschrittenen Impfstoffkandidaten von AstraZeneca, Johnson&Johnson sowie des Gamaleya-Instituts handelt es sich um Adenoviren – diese sehr vielfältige Gruppe verursacht harmlose Infekte. Das Virus zwingt die Zelle, die in seinen Genen codierten Proteine zu erzeugen, und damit auch das Spike-Protein von Sars-CoV-2.

Benutzt man ein solches aktives Virus als Genfähre, gibt es zwei potenzielle Probleme. Zum einen sind Adenoviren sehr weit verbreitet, so dass ein Teil der Impflinge womöglich einen Teilschutz gegen das Impfvirus besitzt und der Impfstoff gar nicht in die Zellen gelangt. Deswegen benutzt man für solche Impfungen Adenovirus-Linien, bei denen man eine sehr geringe Immunität erwartet. Entweder weil sie nicht allzu verbreitet sind oder – im Fall der Vakzine von AstraZeneca – vom Schimpansen kommen.

Das zweite Problem ist, dass auch das Impfvirus ein Krankheitserreger ist – und sogar sein muss, denn es soll ja in die Zellen eindringen und sie zur Produktion des Spike-Proteins zwingen. Allerdings kann man eine solche Impfung gerade bei immunschwachen Menschen nicht einsetzen, denn eine gezielte Infektion selbst mit einem harmlosen Virus kann bei ihnen dramatische Folgen haben. Deswegen hindert man die Viren durch einen weiteren gentechnischen Eingriff an der Vermehrung. Sie kommen zwar in die Zelle hinein und zwingen sie, Proteine herzustellen – doch es entstehen keine neuen Viren mehr.

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Was wissen wir über die Wirkung und Schutzdauer?

Für die Zulassung vermeldeten BioNTech und Pfizer (BNT162b) sowie Moderna (mRNA-1273) eine sehr hohe Wirksamkeit ihrer beiden RNA-Impfstoffe. Im Phase-III-Test mit 43 0000 beziehungsweise 30 000 Studienteilnehmern waren bisher 170 beziehungsweise 95 Covid-19 Fälle aufgetreten, 162 (90) in der Placebo-, 8 (5) in der Gruppe der Geimpften. Die Firmen geben daher eine Wirksamkeit von 95 beziehungsweise 94 Prozent an. In Vorversuchen hatte der Impfstoff spätestens nach der zweiten Impfung eine gute Antikörperantwort ausgelöst, Moderna hatte zudem eine T-Zellaktivierung nachweisen können.

Man muss davon ausgehen, dass der starke Unterschied bei den Erkrankungszahlen zwischen Placebo- und Impfgruppe auf die spezifische Immunantwort, also etwa auf die gegen das Virus gebildeten Antikörper zurückgeht. Allerdings stammen die Zahlen aus der Phase unmittelbar nach den beiden Impfungen, daher wäre auch denkbar, dass die Wirkung auf einer allgemeinen Aktivierung der angeborenen Immunabwehr beruht. »Wenn man die Schutzwirkung sehr früh nach einer Impfung prüft, kann man im Einzelfall nicht sagen, ob dieser Effekt auf Grund der spezifischen Immunisierung erfolgte – die dann in der Regel einen längeren Schutz zur Folge hat – oder auf Grund einer unspezifischen Immunstimulation, deren Wirkung dann meist bald abnimmt«, sagte der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig Ende November dem »Science Media Center«.

Die bisherigen Impfstoffe verhindern womöglich nicht, dass man das Virus weitergibt.

In einer aktuellen Publikation von Anfang Dezember berichten Wissenschaftler der US-amerikanischen »mRNA-1273 Study Group«, dass die Schutzdauer nach der Impfung mindestens drei Monate anhalte. Die Forscherinnen hatten 34 Studienteilnehmer unterschiedlichen Alters bis 90 Tage nach der zweiten Impfung beobachtet und die Antikörper-Spiegel gegen Sars-CoV-2 gemessen. Bei allen war ein leichtes Absinken mit der Zeit zu beobachten, doch selbst bei den über 70-Jährigen waren die Antikörper-Titer noch ein Vierteljahr später auf hohem Niveau.

Dafür, dass tatsächlich ein langlebiges Immungedächtnis ausgebildet wird, sprechen auch Daten von Michaela Locci und anderen Forschern der University of Philadelphia. Die mRNA-Impfstoffe hinterließen in den Keimzentren der langlebigen Immunantwort in den Lymphknoten im Experiment an Mäusen sogar eine deutlichere »Spur« als ein Sars-CoV-2-Impfstoff, der ein rekombinant hergestelltes Virusprotein plus Wirkverstärker enthält.

Unklar ist derzeit allerdings noch, ob die Impfungen lediglich vor der Erkrankung schützen oder auch davor, das Virus weiterzugeben. Nur wenn die Impfstoffe auch letzteres leisten, besteht die Möglichkeit, dass Sars-CoV-2 wieder verschwindet. Allerdings müssen dafür besondere Bedingungen erfüllt sein, denn das Virus gelangt über die Schleimhäute in den Körper. Um es dort zu stoppen, sind besondere, für die Schleimhaut typische Antikörper nötig.

Alle bisher eingesetzten Impfstoffe werden jedoch intramuskulär verabreicht. Dabei werden meist im Blut hohe Antikörpermengen gegen das Virus erzeugt, allerdings von dem dort dominierenden Antikörpertyp IgG. Die als IgA bezeichneten Schleimhaut-typischen Antikörper dagegen entsteht meist viel weniger. Auch IgG kann in geringem Umfang über den Vorgang der Transzytose auf die Schleimhäute gelangen. Meist reicht jedoch die Menge, nicht aus, um einen Krankheitserreger, der über die Schleimhäute der Atemwege im Anzug ist, komplett zu neutralisieren: Betroffene wären dann zwar weniger krank, aber immer noch ansteckend.

Genug IgA-Antikörper verhindern dagegen eine Infektion über die Schleimhäute komplett. Sie entstehen aber wohl nur ausreichend, wenn die Infektion oder eben Impfung ebenfalls über die Schleimhäute erfolgt. Ein Impfstoff gegen Sars-CoV-2, der über die Nase verabreicht wird, ist derzeit in Phase-II-Studien/a>. Fachleute sehen es allerdings auch nicht als zwangsläufig notwendig an, dass der Impfstoff die Verbreitung des Virus unterbindet. Wenn die Impfungen dafür sorgen, dass nur noch sehr wenige Menschen schwer krank werden, ist Sars-CoV-2 nur noch ein weiteres Atemwegsvirus unter Dutzenden anderen.

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Was ist bislang über mögliche Nebenwirkungen bekannt?

Laut Pressemitteilungen der beiden Herstellerfirmen seien bisher nur leichte und keine schweren Nebenwirkungen nach den Impfungen aufgetreten. Detaillierte Angaben über die Impfreaktionen der Teilnehmer auf die RNA-Impfung mit BTN162b bietet eine Studie, die im Oktober im »New England Journal of Medicine« veröffentlicht wurde. Danach hatten beispielsweise in der Altersgruppe der 18- bis 55-Jährigen 17 Prozent auf die zweite Impfung mit Fieber, 75 Prozent mit Erschöpfung und 58 Prozent mit Schüttelfrost reagiert. In der Gruppe der Älteren (65 bis 85 Jahre) fielen diese vorübergehenden Symptome – die Anzeichen dafür, dass eine Immunantwort in Gang kommt – etwas schwächer aus. Am 10. Dezember veröffentlichten auch die Forscherinnen und Forscher der klinischen Studiengruppe zu BTN162b detaillierte Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs.

Dass die Impfreaktion auf RNA keineswegs trivial ist, schreibt auch die Wissenschaftsjournalistin Meredith Wadman. Wadman schildert den Fall eines 43-jährigen Bioinformatikers, der an der klinischen Studie von Modernas Covid-19-Impfstoff teilgenommen hat. Nach der zweiten Impfung sei sein Arm an der Einstichstelle extrem angeschwollen. Innerhalb weniger Stunden bekam er Knochen- und Muskelschmerzen, Schüttelfrost und 38,9 Grad Fieber. Nach zwölf Stunden war alles vorbei. Der Mann kritisiert, dass niemand ihn vorher auf die Schwere der Impfreaktion vorbereitet habe. Welche langfristigen Wirkungen und Nebenwirkungen die RNA-Impfungen gegen Sars-CoV-2 haben, weiß man noch nicht.

An Kindern unter zwölf Jahren sind die RNA-Impfstoffe bisher nicht getestet worden. Arne Kroidl, Infektiologe und Experte für Impfstudien am Institut für Tropenmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität in München, geht davon aus, dass es zukünftig für verschiedene Bevölkerungsgruppen verschiedene Impfstoffe geben könnte. »Möglicherweise könnten RNA-Impfstoffe besonders bei Älteren zum Einsatz kommen, wo es gilt, eine schwere Covid-19-Erkrankung zu verhindern.« Bei Kindern hingegen, wo es hauptsächlich darum gehe, eine Ausbreitung des Virus zu stoppen, könnten Konzepte, die schon lange in der Klinik erprobt sind, wie etwa Protein- oder Vektorimpfstoffe, eine gute Alternative sein.

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Wie werden die Impfstoffe über lange Zeit beobachtet?

Am 6. November veröffentlichte das Bundesministerium für Gesundheit ein Papier über die »Strategie zur Einführung und Evaluierung einer Impfung gegen Sars-CoV-2 in Deutschland«. Darin geht es unter anderem um die Überwachung der Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe, so sie denn eingeführt sind. Auf Grund der beschleunigten Entwicklung und der begrenzten Beobachtungsdauer in den Studien sei eine kontinuierliche Überwachung und Erfassung weiterer Daten im Rahmen der breiten Anwendung erforderlich, um weitere potenzielle Risiken der Impfstoffe schnellstmöglich zu erfassen, heißt es. Zuständig für diese Herkulesaufgabe sind das RKI, das Paul-Ehrlich-Institut, die Europäische Arzneimittelagentur und die Herstellerfirmen.

Wie soll das praktisch ablaufen? »Die WHO fordert dazu auf, die Phase-III-Studien so lange wie möglich verblindet zu halten«, sagt Arne Kroidl, der Prüfleiter der CureVac-Studie, der klinischen Testung eines weiteren RNA-Impfstoffes. Nur so könnte man sicher herausbekommen, wie wirksam die neuen Impfstoffe auch nach sieben, acht oder neun Monaten seien, ob und wenn ja, welche Langzeitnebenwirkungen auftreten.

Werden zukünftig Infektionsfälle an das RKI gemeldet, sollen zusätzliche Informationen über den Impfstaus mitgeliefert und dadurch so genannte »Impfdurchbrüche« (man erkrankt oder ist infiziert, obwohl man geimpft ist) rasch erkannt werden. Unter anderem mit Hilfe einer Smartphone-App sollen zudem Nebenwirkungen und Impfkomplikationen erfasst werden. Außerdem sollen Kontrollstudien im Krankenhaus darüber Auskunft geben, ob Menschen, die an Covid-19 erkranken, obwohl sie geimpft worden sind, einen milderen Verlauf erleben.

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