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News: Dilemma mit Ausweg

Der antarktische Wostok-See stellt die Forscher vor ein unlösbares Problem. In dem unter mächtigem Eis verborgenen, viele Millionen Jahre alten Gewässer könnte ein geheimnisvolles Ökosystem verborgen sein. Doch jede Bohrung und jede Probenahme würde es gefährden. Zum Glück strömt Eis durch den See und könnte die Forscher weitab mit tiefgefrorenen Wasserproben versorgen.
Er ist einer der größten Seen der Erde, und doch hat noch kein Mensch seine Ufer betreten. Vermutet wird er seit drei Jahrzehnten, sicher ist man sich seiner erst seit 1996, denn er liegt verborgen unter dem 4000 Meter mächtigen Eis der Antarktis. Der 225 Kilometer lange, 48 Kilometer breite und bis zu 914 Meter tiefe Wostok-See liegt gut 1000 Kilometer vom Südpol entfernt und hatte sich auf Radaraufnahmen verraten.

Seit seiner Entdeckung pilgern unzählige Forscher in die eisige Wüste - sogar solche, die einmal mithilfe von Sonden die Eiskruste des fernen Jupitermonds Europa durchbohren wollen. Beim Wostok-See war und ist man indes vorsichtig. Zu groß ist die Sorge, man könne das Wasser des tiefen Sees verunreinigen. Eine Bohrung wurde rund 100 Meter über der Seeoberfläche gestoppt.

Und dennoch: Der See könnte bis zu 35 Millionen Jahre alt und wer weiß wie lange von Sonne, Wind und Wetter abgeschnitten sein. Wie er entstand, ist ein Mysterium. Jedenfalls liegt dort unten eine fremde Welt verborgen, in der es womöglich ganz eigenständige Lebensformen gibt. Die Versuchung der Beprobung ist also groß.

Doch es scheint, als habe die Natur selbst eine Lösung gefunden - jedenfalls zeigen dies geophysikalische Messungen aus der Luft. Mit einem zweimotorigen Flugzeug des Support Office for Aerogeophysical Research in Austin hatten Forscher die Region abgeflogen und mit Radar- und Lasermethoden exakt topografisch vermessen. Mithilfe der lokalen Magnet- und Schwerefelder kamen sie schließlich zu einem ziemlich genauen Abbild des Wostok-Sees.

Doch für Robin Bell vom Lamont-Doherty Earth Observatory in New York und ihre Mitarbeiter verbargen die Daten noch viel mehr. Die Forscher erkannten im Eis über dem See gleichmäßige Strukturen, die auf ein Fließen der Eismassen über den See hinweg weisen. Anhand dieser Falten und Spalten konnten sie die Bewegungsrichtungen ausmachen und schließlich abschätzen, dass rund 20 000 Jahre vergehen, bis es den See von Westen nach Osten durchquert.

In einem weiteren Schritt bilanzierten sie die Eisflüsse in den See und aus ihm heraus und kamen zu dem Ergebnis, dass es 13 300 Jahre dauert, bis auf diese Weise - theoretisch jedenfalls - das gesamte Wasservolumen des Wostok-Sees einmal ausgetauscht ist.

Und das heißt natürlich, dass Wasser aus dem See im Eis dahinter gebunden ist, auf eine direkte Beprobung des Wostok-Sees also verzichtet werden kann. Die russische Vostok Station, von der aus der See bislang erkundet wurde, dürfte sich dafür allerdings nicht eignen - sie liegt auf dessen westlicher Seite. Gefrorene Wasserproben des Sees dürften aber nur auf der Ostseite zu finden sein.

Der Wostok-See ist eines der großen Rätsel der Natur, in ihm könnten die Eigenarten extremer ökologischer Systeme erforscht werden. Robin Bells Forschungen lassen hoffen, dass dies auch ohne die Störung oder sogar Vernichtung des Systems selbst möglich ist. Hoffentlich hat sie Recht.

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