Antarktis: Don Juans salziges Geheimnis
Mitten im McMurdo-Trockental der Antarktis erstreckt sich der Don-Juan-See, den es eigentlich nicht geben dürfte: Hier hat es seit vielleicht Millionen von Jahren nicht mehr geschneit oder geregnet, und trotz winterlicher Tiefsttemperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius friert er nie zu. Verursacht wird dies durch den extremen Salzgehalt, der mehr als zwölf Mal so hoch wie jener der Ozeane ist und auch den des Toten Meers um 60 Prozent übertrifft. Nur: Woher der See sein Wasser bekommt, darüber rätselte man bislang – eine hypersaline Quelle im Untergrund galt bisher als plausibelste Erklärung. James Dickson von der Brown University in Providence und seine Kollegen bringen nun allerdings eine neue Hypothese auf.
Der – wenig romantisch nach einem Hubschrauberpiloten benannte – Don-Juan-See bezieht einen großen Teil seines Wassers direkt aus der Atmosphäre: Die extremen Salzgehalte der Böden rund um das Gewässer saugen die wenige Luftfeuchte regelrecht aus der Luft; anschließend sickert die Lauge Richtung Talgrund, wo sie sich sammelt. Nur ein kleiner Teil des Wassers stammt aus der Schnee- und Eisschmelze von Gletschern, die an den Rändern des Tals beginnen.
Um dieses Rätsel zu lösen, installierte das Team eine Wetterstation sowie eine Kamera an exponierter Stelle, die über zwei Monate hinweg 16 000 Bilder vom See schoss (siehe Zeitraffervideo). Sie sollte klären, welche Wege das Wasser im Tal nimmt. Die Fotos zeigten, dass der Pegel des Sees immer dann am stärksten stieg, wenn auch die Tagestemperaturen am höchsten waren – ein Indiz für Schmelze. Dieses Wasser konnte aber nicht die hohen Salzkonzentrationen des Sees erklären, da die Gletscher deutlich ärmer an Mineralien sind.
Als zweite Quelle kam rasch ein "Zufluss" an der Westseite in Frage, wo die Forscher immer wieder dunkle Spuren aus feuchtem Sediment bemerkten – und zwar stets, wenn die Luftfeuchtigkeit Maximalwerte erreichte. Die hier vorhandenen extremen Konzentrationen an Kalziumchlorid entzogen der Luft hygroskopisch die Luftfeuchtigkeit, die dann als Salzlake im Boden bis zur Permafrostschicht versickerte und sich dort sammelte. Gelegentliche Schmelzwasserpulse vom Hangrand wuschen sie dann schließlich zur tiefsten Stelle des Tals: dem Don-Juan-See. Grundwasser scheint dagegen überhaupt keine Rolle zu spielen: Die Bilder zeigten keine Anzeichen für Quellenaktivität.
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