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News: Dunkle Vergangenheit

Je weiter ein kosmisches Objekt entfernt liegt, umso älter ist es. Jetzt wurde der Rekord des ältesten sichtbaren Objekts wieder einmal gebrochen. Eigentlich, so dachten die Forscher bisher, hätte damals noch alles dunkel sein müssen.
Gravitationslinse
Wann Zeit und Raum im Urknall geboren wurden, ist nicht sicher. 14 Milliarden Jahre mag das nun her sein oder auch 16 – jedenfalls war das Universum über 300 000 Jahre alt, als es kühl genug war, um die allerersten Wasserstoff- und Heliumatome zu bilden. Licht wurde es, nachdem noch einmal ungefähr 500 000 Jahre verstrichen und sich die ersten Galaxien formten. Ihre energiereiche ultraviolette Strahlung vermochte jene Atome erneut in Kern und Elektronen zu trennen – zu reionisieren.

Zeugen dieser Zeit sind rar. Die Astronomen konzentrieren sich bei ihrem weiten Blick zurück in die Vergangenheit vor allem auf die Quasare – extrem helle Galaxien –, denn "normale" Galaxien leuchten viel zu schwach.

Wenn da nicht die Gravitationslinsen nahe gelegener massereicher Objekte wären, die aufgrund ihrer Anziehungskraft das schwache Licht einer weit entfernten Galaxie bündeln und verstärken.

Auf diese Weise haben Astronomen jetzt das älteste und somit am weitesten entfernte Objekt des Universums ausgemacht. Die so genannte Lyman-alpha-Linie der Galaxie wird durch die Gravitationslinse des Galaxienhaufens Abell 370 verstärkt und trifft nun, nach 15,5 Milliarden Jahren, auf die Erde.

Die Lyman-alpha-Linie ist der spektroskopische Nachweis von Wasserstoff bei einer Wellenlänge von 121,6 Nanometern. Die Wasserstoffemissionslinie ist ein sicheres Indiz für die Entstehung neuer Sterne. Infolge der Rotverschiebung – des optischen Pendants zum akustischen Doppler-Effekt – wird diese, eigentlich im ultravioletten Teil des Lichtspektrums liegende Linie bis in den infraroten Bereich verschoben und ist deshalb auch für irdische Teleskope sichtbar.

Esther Hu von der University of Hawaii und ihre Kollegen haben dieses Licht mit dem 10-Meter-Spiegel des W.M. Keck Observatory auf dem Mauna Kea eingefangen und eine Rotverschiebung von z = 6,56 ermittelt. Neuer Rekord, denn das Universum war zu dem Zeitpunkt, als dieses Licht seine Reise zur Erde antrat, nur etwa 780 Millionen Jahre alt. Die Phase der Reionisation begann nach herkömmlicher Meinung erst ein paar dutzend Millionen Jahre später.

Die Forscher hatten ihre Beobachtung mit dem 8,3-Meter-Spiegel des ebenfalls auf dem Mauna Kea liegenden Subaro Telescope bestätigt und dabei sogar die Sternbildungsrate in der fernen Galaxie bestimmt. Demnach wird dort in jedem Jahr die 40-fache Masse der Sonne in neue Sterne umgewandelt.

Die Forscher hoffen, mit dieser archaischen Galaxie Licht in das Dunkel der kosmischen dark ages zu bringen. Während die allgegenwärtige Hintergrundstrahlung von der Zeit vor der Reionisation zeugt, markiert die älteste sichtbare Galaxie den Zeitpunkt der Lichtwerdung. Doch ob Esther Hu und ihre Mitarbeiter bereits auf die älteste Lichtquelle überhaupt stießen, ist unwahrscheinlich. Vielleicht stöbert das aufgepeppte Hubble Space Telescope bald noch ältere Fackeln aus der Vergangenheit auf.

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