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Meteoriten: Ein frischer Marsmeteorit

Im Juli 2011 erlebten die Einwohner der Tata-Region in Marokko, wie ein Meteorit auf die Erdoberfläche stürzte. Untersuchungen ergaben, dass es sich um Gestein vom Mars handelt. Das Ereignis ist damit der erste beobachtete Fall eines Marsmeteoriten seit rund 50 Jahren.
Marsmeteorit "Tissint"

Marsmeteoriten sind eine der wenigen Möglichkeiten, die Gesteine des Roten Planeten direkt in irdischen Laboren zu untersuchen. Es sind Gesteinsbruchstücke, die durch Asteroideneinschäge auf dem Mars aus dessen Oberfläche herausgesprengt wurden. Dabei wurden sie auf so hohe Geschwindigkeiten beschleunigt, dass sie das relativ schwache Schwerefeld des Roten Planeten verlassen konnten und auf eine Umlaufbahn um die Sonne gerieten. Nach einigen Millionen Jahren Reisezeit erreichen sie schließlich die Erde und fallen als Meteoriten zu Boden. Derzeit sind 104 Marsmeteoriten bekannt, die meisten von ihnen wurden in der Sahara und in der Antarktis gefunden. Durch die dortigen klimatischen Bedingungen werden sie für viele Jahrtausende konserviert.

Marsmeteorit "Tissint" | Ein Bruchstück des Marsmeteoriten Tissint, der am 18. Juli 2011 in Marokko niederging. Sehr schön lässt sich die schwarzglänzende Schmelzkruste erkennen, die beim Durchflug durch die Erdatmosphäre entstand. Der Metallwürfel am rechten Bildrand hat eine Kantenlänge von einem Zentimeter.
Nur sehr selten wurde bislang der Fall eines Marsmeteorten dokumentiert, zuletzt 1962 in Nigeria. Dort schlug ein rund 18 Kilogramm schwerer Brocken in einem Feld der Ortschaft Zagami ein und wurde von Bauern geborgen. Nun stellte sich durch Untersuchungen an der Universität von Seattle heraus, dass der am 18. Juli 2011 in der Tata-Region in Marokko beobachtete Niedergang von Meteoritenbruchstücken ebenfalls auf einen der seltenen Besucher vom Mars zurückzuführen ist. Die Meteoritenbruchstücke, die insgesamt eine Masse von sieben Kilogramm erreichen, gingen rund 50 Kilometer südlich der Stadt Tissint nieder. Meteoriten werden üblicherweise nach der nächsten größeren Ortschaft benannt, die sich im Bereich des Aufschlagorts befindet. Somit tragen nun die Bruchstücke dieses Marsmeteoriten die Bezeichnung "Tissint".

Bewohner in der Tata-Region im Bereich der Stadt Tissint berichteten von einem gelbgrünen Feuerball am Himmel und einem heftigen Überschallknall. Danach fielen Meteoritenbruchstücke vom Himmel. Allerdings dauerte es bis zum Oktober 2011, bis die ersten von ihnen gefunden wurden, da dieses wüstenhafte Gebiet sehr unwegsam ist. Die Bruchstücke wurden dann an Meteoritenforscher in aller Welt geschickt. Am 17. Januar 2012 gab die "Meteoritical Society", ein Zusammenschluss von Planetenforschern und Geowissenschaftlern offiziell bekannt, dass Tissint einer der raren Marsmeteoriten ist, dessen Fall beobachtet werden konnte. Er ist für die Forscher besonders interessant, da er den Einflüssen der Erdatmosphäre nur wenige Wochen lang ausgesetzt war. Tissint ist somit praktisch unverwittert und unkontaminiert von irdischen Stoffen.

Die Tissint-Meteoriten gehören zu den so genannten Shergottiten. Es sind Gesteine, die irdischem Basalt sehr stark ähneln. Sie traten vor einigen hundert Millionen Jahren in Marsvulkanen als Lava zu Tage. Benannt ist dieser Meteoritentyp nach der nordindischen Stadt Shergotty, heute "Shergati", in der im Jahre 1865 der Fall des ersten bekannten Meteoriten dieses Typs beobachtet wurde. Von der Untersuchung der Tissint-Meteoriten erhoffen sich die Forscher Aufschlüsse über die flüchtigen Stoffe im Inneren der Marskruste. So enthalten die meisten Shergottite beispielsweise geringe Mengen an Marswasser. Dessen Analyse in einem Massenspektrometer kann Aufschluss über die Oberflächenbedingungen und das Klima auf dem Mars vor vielen hundert Millionen Jahren geben.

Obwohl die meisten Marsmeteorite irdischen Gesteinen zum Verwechseln ähneln, gehören sie zu den begehrtesten Meteoriten überhaupt. Sie sind nicht nur für Wissenschaftler interessant, sondern werden auch von Sammlern "gejagt", die für einen Marsmeteoriten 800 Euro oder mehr pro Gramm bezahlen. Zum Vergleich: Ein Gramm Gold kostet derzeit etwa 42 Euro.

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