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Meteoriten: Ein Regen schneller Asteroidensplitter

Wenn es im Asteroidengürtel so richtig knallt, dauert es ein paar Millionen Jahre, bis die Trümmer als Meteoriten auf die Erde regnen. Für gewöhnlich. Geraten die Splitter auf bestimmte Bahnen, brauchen sie für den Weg nur 100 000 bis 200 000 Jahre.
Meteoriteneinschlag
Eine Zeitlang gehörte es zu den Lieblingsszenarien US-amerikanischer Katastrophenfilme: Ein böser Asteroid kommt vom Kurs ab und rast auf die Erde zu. Wie gut, dass es Bruce Willis gibt. Doch in Wirklichkeit brauchten weder er noch seine Heldenkollegen sich bislang ernsthafte Sorgen zu machen. Selbst die reißerischen Meldungen von Sichtungen echter Gesteinsbrocken, die mit x-prozentiger Wahrscheinlichkeit genau am soundsovielten den Weltuntergang auslösen werden, sind inzwischen aus den Schlagzeilen verschwunden. Es ist still geworden um das Verhängnis aus dem All.

Dabei sind derartige Kollisionen gar nicht aus der Luft gegriffen. Zwar ist ziemlich unwahrscheinlich, dass sie gerade jetzt und zur besten Fernsehzeit stattfinden werden, aber verwitterte Narben auf allen Kontinenten zeigen, dass in der Vergangenheit immer mal wieder so ein kosmischer Irrläufer unseren blauen Planeten getroffen hat. Und was einmal passiert ist, das kann sich durchaus wiederholen. Somit machen Projekte zur Beobachtung und Kartierung der Bahndaten von Asteroiden und anderer steiniger Himmelskörper durchaus Sinn. Was wäre, wenn die Wissenschaftler einer solchen Aktion beobachten würden, wie zwei Asteroiden zusammenstoßen und sich dabei gegenseitig in Stücke reißen? Könnten diese Splitter uns gefährlich werden?

Mangels realer Beobachtungsdaten lassen sich derartige Fragen am besten mit Computersimulationen beantworten. Und die gewähren uns eine komfortable Galgenfrist: Wenn es jetzt dort oben knallt, wird es einige Millionen Jahre dauern, bis die Bruchstücke die Erdbahn kreuzen. Falls überhaupt, denn der größte Teil dürfte von der Schwerkraft des Planeten Jupiter in die Tiefen des Sonnensystems geschleudert werden. Allerdings zeigten die Modelle auch eine Art Autobahn Richtung Erde. Bei einer ungünstigen Stellung der Objekte könnten die Brocken auch viel direkter in unsere Richtung rasen. Die Folgen für unsere Gesellschaft wären weiterhin vernachlässigbar, denn auch dann würde es bis zum Eintreffen der ersten Stücke noch über 100 000 Jahre dauern. Aber für Wissenschaftler macht das einen großen Unterschied. Gibt es diese Abkürzung tatsächlich, oder hat ihr Computermodell einen Fehler?

Um das zu klären, würde es beispielsweise genügen, Asteroidensplitter zu finden, die nach einer Kollision nur kurz im Weltall unterwegs waren. Genau diesen wertvollen Hinweis glaubt ein schweizerisch-schwedisches Team um Philipp Heck von der ETH Zürich nun in schwedischen Sedimenten gefunden zu haben. In Schichten, die nach geologischen Datierungen und den entsprechenden Leitfossilien etwa 480 Millionen Jahre alt sind, lagerten Meteoriten mit zwei bis neun Zentimetern Durchmesser. Sie gehören zur häufigen und damit gut untersuchten Gruppe der L-Chondriten. Deren Alter lässt sich anhand von Gas-Analysen bestimmen. Zersplittert ihr Mutterasteroid bei einem Zusammenstoß, werden an den Trümmerflächen Bereiche freigesetzt, die zuvor geschützt im Inneren lagen. Infolgedessen entweichen Gase. Andrerseits entstehen so genannte kosmogene Edelgase, wenn die Protonen und Alpha-Teilchen des Sonnenwindes mit dem Material des Bruchstücks verschmelzen. Aus der speziellen Gaskomposition ergibt sich der Zeitpunkt der Kollision, und die Sedimentschichten des Fundortes verraten das Eintreffen auf der Erde. Zwischen beiden lagen in der Tat nur 100 000 bis 200 000 Jahre.

Die Computer haben sich folglich nicht verrechnet, und die theoretischen Modelle haben sich mit dieser Vorhersage glänzend bewährt. Das wird zwar keine Schlagzeilen machen und mit Sicherheit nicht Stoff eines Hollywood-Streifens – aber der Gedanke, dass Forscher schon ziemlich genau wissen, wie die potenziell gefährlichen Brocken aus dem All ihre Bahnen ziehen, hat zumindest etwas Beruhigendes. Die Spannung gibt es ja im Kino.

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