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News: Ein relativ cleveres Gehirn

Was ist das bloß für ein verqueres Gehirn, das sich solche Dinge wie gekrümmte Raumzeit und relativistischen Massezunahme ausdenkt? Ein rundes, meinen Wissenschaftler, denen es gestattet war, das Hirn des 1955 verstorbenen Albert Einstein zu untersuchen. Außerdem, so stellten sie fest, waren die Scheitellappen des Physikers außergewöhnlich groß. Und schon sind andere Forscher begierig, die Begabungen und Talente eines Menschen mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren zu ermitteln.
Albert Einstein war ohne Frage ein brillanter Kopf und trug obendrein einen solchen. Nach seinem Tod wurde das Gehirn konserviert, dem die Erklärung für den photoelektrischen Effekt eingefallen war und das die Äquivalenz von Energie und Masse entdeckt sowie die Relativität von Raum und Zeit postuliert hatte. Seine Theorien waren so seltsam, daß nur wenige Physiker imstande waren, sie nachzuvollziehen, geschweige denn, jemals von selbst solche Modelle hervorzubringen. Auf der Suche nach den Besonderheiten dieses Gehirns hat ein Wissenschaftlerteam um Sandra Witelson von der McMaster University in Hamilton, Kanada, einige seiner Strukturen vermessen und mit "normalen" Hirnen verglichen (The Lancet vom 19. Juni 1999).

Ein hervorstechendes Merkmal von Einsteins Gehirn sind die ungewöhnlich großen Scheitellappen, die auf beiden Seiten des Kopfes etwa knapp hinter den Ohren lokalisiert sind. Sie sind dafür verantwortlich, daß der Physiker über ein recht rundes Hirn verfügte, das gut 15 Prozent voluminöser war als bei den meisten Leuten. Modernen bildgebenden Verfahren zufolge spielen die Scheitellappen eine entscheidende Rolle beim räumlichen Vorstellungsvermögen und beim mathematischen Denken. Die Wissenschaftler meinen, daß "größer auch besser ist". Ihrer Ansicht nach sorgt eine vergrößerte Hirnregion dafür, daß der betreffende Mensch Aufgaben, die dort verarbeitet werden, besonders gut lösen kann.

Über den rein quantitativen Unterschied hinaus war Einsteins Gehirn auch in einem wichtigen Punkt anders strukturiert als üblich: Der untere Bereich des Scheitellappens war nicht durch eine große Furche geteilt. Kein einziges der 91 Kontrollgehirne, die Witelson direkt verglichen hat, und keines der über einhundert Hirne in anatomischen Atlanten glich darin Einsteins Organ. Die Neurowissenschaftlerin vermutet daher, diese fehlende Kluft "könnte ihm seine Brillanz ermöglicht haben und seine Fähigkeit, räumliche Anordnungen in mathematische Konzepte umzusetzen", da die Nerven auf ungewöhnliche Weise miteinander verknüpft werden konnten.

Der Zoologe David Ankney von der University of Western Ontario in London, Kanada, ist begeistert von den Ergebnissen. "Es ist ein richtiger Weg, um höhere kognitive Funktionen zu lokalisieren," sagt er, "der uns eines Tages helfen könnte, die menschliche Intelligenz vollständig zu verstehen und warum manche Menschen bei bestimmten Dingen so viel besser sind als andere." Seiner Ansicht nach wäre der nächste logische Schritt, mit Hightech-Geräten nach weiteren Besonderheiten in genialen Köpfen zu suchen. Doch ob dies zum Erfolg führen wird, bleibt abzuwarten. Die Geschichte der Hirnforschung zeigt, daß dem Denken nicht so leicht in die Karten zu schauen ist, wie Forscher manchmal denken.

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