Vernachlässigte Krankheiten: Eine Waffe gegen drei tödliche Parasiten
Mücken und Stechfliegen übertragen eine Vielzahl von Krankheiten: Am häufigsten tödlich ist die Malaria. Doch Millionen von Menschen – vor allem in den armen Regionen der Welt – erkranken jährlich auch an der Chagas-Krankheit, der Leishmaniose oder der Schlafkrankheit. Allein diese drei "vernachlässigten Tropenkrankheiten" töten zusammen jährlich vielleicht 50 000 Menschen in Asien, Afrika und Südamerika. Das ändert sich allzu langsam: Medikamente sind zwar vorhanden, aber oft kaum bezahlbar; und auch Diagnose und Behandlung bleiben aufwändig und fehleranfällig. Mit einer besonders effizienten Waffe hoffen Genforscher in Zukunft jedoch Abhilfe schaffen zu können: Sie entwickeln gerade ein Medikament, das gegen alle drei Krankheiten eingesetzt werden kann.
Chagas, Leishmaniose und Schlafkrankheit äußern sich sehr unterschiedlich, sie werden von verschiedenen stechenden Insekten übertragen und treffen bei Erkrankten jeweils andere Organe. Verursacht werden alle drei aber von nahe verwandten Einzellern aus der Gruppe der Kinetoplastiden. Seit einiger Zeit werden daher die Gene und Proteine der Erreger verglichen und auf gemeinsame Schwachstellen abgeklopft. Nun konzentrierten sich Frantisek Supek und ein vielköpfiges Kollegenteam auf das lebenswichtige Abfall-Entsorgungsenzym der Erreger, das Proteasom. Dabei entdeckten sie unter drei Millionen verschiedenen chemischen Wirkstoffen einen, der den Mechanismus aller drei Einzeller effektiv lahmlegt. In Zellversuchen und bei infizierten Mäusen bestätigte sich, dass mit der Substanz behandelte Parasiten absterben. Das Proteasom von menschlichen Zellen wird dagegen von der Substanz nicht beeinträchtigt, zeigten die Forscher weiter.
Die drei vernachlässigten Tropenkrankheiten werden durch die Substanz allein wohl nicht ausgerottet werden können, da sie zwar gegen alle diese Erreger, dabei aber kaum besser als schon vorhandene Mittel wirkt. Immerhin dürfte sie am Ende Kosten sparen. Die Forscher hoffen zudem, dass sie schwächere Nebenwirkungen hervorruft, daher in höherer Dosis genommen werden kann und somit von Patienten auch über einen längeren Therapiezeitraum hinweg akzeptiert wird. Effizientere Medizin als das Mittel gegen die drei Kinetoplastiden-Parasiten wäre höchstens die kontrovers diskutierte und praktisch womöglich nicht umsetzbare Idee, gleich alle Stechmücken auszurotten. Gegen Chagas- und Schlafkrankheit oder Leishmaniose würde selbst das nichts helfen: Diese Erreger werden jeweils von Raubwanzen, Tsetsefliege und Sandmücken übertragen.
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