Offiziell bestätigt: Erstes Opfer des Klimawandels
Die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte (Melomys rubicola) lebte schon lange ein prekäres Leben: Ihre einzige Heimat bestand aus einer 340 Meter langen und 150 Meter breiten Insel namens Bramble Cay in der Torres Strait zwischen Australien und Neuguinea. Das Eiland war maximal drei Meter hoch und bloß teilweise bewachsen, so dass die Nager im Jahr 1998 nur vier Hektar Lebensraum besiedeln konnten. In diesem Areal hielten sie sich aber lange sehr gut: Der Gesamtbestand betrug damals mehrere hundert bis wenige tausend Tiere. Doch der im Zuge der Erderwärmung steigende Meeresspiegel nagte am vorhandenen Ökosystem; es schrumpfte bis 2014 auf 650 Quadratmeter. Eine Expedition 2016 konnte damals keine Bramble-Cay-Mosaikschwanzratten mehr feststellen, weshalb die Behörden von Queensland sie damals als ausgestorben klassifizierten. Dieser Befund wurde nun von der australischen Regierung offiziell bestätigt. Die Art gilt daher als erstes gesichertes Opfer des Klimawandels – sofern nicht doch noch eine bislang unbekannte Population auf Inseln vor Papua-Neuguinea auftauchen sollten.
Wodurch die Tiere letztlich auf Bramble Cay vernichtet wurden, ist nicht bekannt: Entweder ging ihnen schlicht der Lebensraum aus, oder sie ertranken in einer Sturmflut, die das verkleinerte Areal der Art komplett überspülte. In Australien sorgt der Niedergang der Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte für starke Kritik von Wissenschaftlern an der Regierung, wie der »Sydney Morning Herald« berichtet. Ein »Rettungsplan« aus dem Jahr 2008, als vielleicht noch wenige Dutzend Tiere existierten, habe Risiken durch den Klimawandel kleingeredet: Überflutungen, steigende Meeresspiegel oder häufigere und stärkere Stürme würden nur sehr unwahrscheinlich Folgen für die Art während des Rettungsplans haben, zitiert die Zeitung aus dem Programm. Ökologen monieren zudem, dass er sei zu spät gekommen und unterfinanziert gewesen sei. Eine geplante Rettungsmission, bei der Tiere für ein Nachzuchtprogramm gefangen hätten werden sollen, verzögerte sich beträchtlich, weil die nötigen behördlichen Genehmigungen zu viel Zeit beanspruchten. Als Biologen die Insel 2015 endlich aufsuchen konnten, waren keine Bramble-Cay-Mosaikschwanzratten mehr nachweisbar.
Australien weist eine lange Liste an ausgestorbenen Arten auf – weltweit verschwanden in der Neuzeit nirgendwo mehr Säugetierspezies als auf dem Fünften Kontinent: Die meisten wurden durch eingeschleppte Tiere wie Katzen und Füchse ausgerottet; andere wie den Tasmanischen Tiger jagten Menschen bis zur Auslöschung. Zu diesen bekannten Ursachen kommt jetzt der Klimawandel, der als eine der wichtigsten Ursachen für längere Extremwetterereignisse in Australien gilt. In den letzten Jahren mehrten sich ausdauernde Hitzewellen und Dürren, welche die Tierwelt unter Druck setzen. 2017 und 2018 starben tausende Brillen- (Pteropus conspicillatus) und Graukopfflughunde (Pteropus poliocephalus) durch Überhitzung – beide Arten gelten dadurch zunehmend als bedroht. In Westaustralien vernichteten ausgedehnte Buschbrände in der jüngeren Vergangenheit den einzigen bekannten Lebensraum des Westlichen Erdsittichs (Pezoporus flaviventris).
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