Direkt zum Inhalt

Artensterben: Europäischer Feldhamster nun global vom Aussterben bedroht

Die neue Rote Liste der Tier- und Pflanzenarten zeigt: Wir leeren den Planeten von anderen Lebewesen. Besonders düster sieht es für Affen aus – und für unseren Feldhamster.
Feldhamster

Die neue Rote Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten der internationalen Naturschutzorganisation IUCN weist ein sehr prominentes Opfer auf: Der Europäische Feldhamster (Cricetus cricetus) wird als stark vom Aussterben bedroht eingestuft. Vor einigen Jahrzehnten galt das Nagetier noch als Allerweltsart, doch sind die Hamster mittlerweile flächendeckend aus ihrem einstigen Verbreitungsgebiet verschwunden, das weit bis nach Russland hineinreicht. Allein in Deutschland haben Feldhamster in den letzten Jahren noch einmal ein Drittel ihres bereits zuvor deutlich geschrumpften Verbreitungsgebiets verloren. In Osteuropa verschwanden sie auf 75 Prozent der ursprünglichen Fläche.

Besonders nachdenklich stimmt die beteiligten Biologen, dass die durchschnittliche Zahl an Nachkommen der eigentlich fortpflanzungsfreudigen Feldhamster stark eingebrochen ist. Während sie im 20. Jahrhundert im Mittel 20 Jungtiere pro Jahr auf die Welt brachten, sank diese Zahl seit der Jahrtausendwende auf nur noch fünf bis sechs Tiere pro Saison: Da lediglich ein kleiner Teil des Nachwuchses bis zur Geschlechtsreife überlebt, können die Hamster Verluste nur unzureichend oder überhaupt nicht mehr ausgleichen. Die Ursachen für den schlechteren Fortpflanzungserfolg seien bislang nicht klar, schreibt der IUCN. Neben der intensivierten Landwirtschaft leiden die Hamster auch unter dem allgemeinen Flächenverlust durch Überbauung wichtiger Siedlungsgebiete, der Zerstückelung der Landschaft durch Baumaßnahmen und eventuell unter Lichtverschmutzung. Setze sich der Trend fort, könnten die Feldhamster in den nächsten 30 Jahren sogar aussterben, so der IUCN.

Wal vor dem Aus?

Noch dramatischer stellt sich die Situation für den Atlantischen Nordkaper (Eubalaena glacialis) dar. Vor dem Zeitalter des industriellen Walfangs lebten schätzungsweise 100 000 Vertreter dieser Bartenwale auf beiden Seiten des Atlantiks. Am Ende blieben lediglich wenige hundert Tiere zurück, und der Bestand erholte sich nur sehr langsam. Seit einigen Jahren hat sich dieser Trend erneut umgekehrt: Die Wale verlagerten ihre bevorzugten Nahrungsgründe in Gewässer vor der Küste Nordamerikas, in denen sich auch wichtige Fischfang- und Schifffahrtsgebiete befinden – tödliche Kollisionen oder Ertrinken in Netzen und durch Leinen sind die Folge. Um 15 Prozent sei der kleine Bestand seit 2011 zurückgegangen, so der IUCN. Und seit vielen Jahren sterben mehr Tiere eines unnatürlichen Todes, als Kälber geboren werden.

Besonders intensiv wurden dieses Jahr zudem afrikanische Affen und Lemuren als Buschfleisch gejagt und durch Abholzung bedroht. 103 der 107 bekannten Lemurenarten Madagaskars gelten mittlerweile als bedroht, 33 davon befinden sich in einem kritischen Zustand, weil ihr Bestand auf wenige Dutzend bis hundert Tiere geschrumpft ist. Auf dem afrikanischen Festland wiederum ist mehr als die Hälfte aller Primatenarten gefährdet, darunter alle Vertreter der Gattung Rote Stummelaffen.

Die Liste wird immer länger

Insgesamt wurden für die Liste mehr als 120 000 Arten einer Bestandsaufnahme unterzogen: Mehr als ein Viertel davon gilt in unterschiedlichem Ausmaß als bedroht. »Der dramatische Rückgang von Arten wie dem Nordkaper verdeutlicht, wie schwer die Vielfaltskrise ist«, sagt Jane Smart von der IUCN Biodiversity Conservation Group. Die Welt müsse schnell und umfassend handeln, um eine Aussterbewelle zu verhindern. Ganz vorne auf der Agenda stehen dabei Maßnahmen gegen die Abholzung von Tropenwäldern und den ausufernden Handel mit Wildtieren.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.