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Geotektonik: Extremes Tiefbeben gibt Rätsel auf

Erdbebenschaden

Am 24. Mai 2013 erschütterte ein Beben der Stärke 8,3 den Grund des Ochotskischen Meeres zwischen Sibirien und Japan – ein Erdstoß, der Geowissenschaftler vor große Rätsel stellt. Denn das Epizentrum lag in einer Tiefe von mehr als 600 Kilometern, und dort sollte der herrschende hohe Druck eigentlich verhindern, dass das brechende Gestein derart viel Energie freisetzt.

Lingling Ye und seine Kollegen von der University of California in Santa Cruz haben deshalb die seismischen Wellen des Ereignisses analysiert, welches das bislang stärkste gemessene dieser Art darstellt. Seine Wucht übertraf ein ähnliches Tiefbeben unter Bolivien aus dem Jahr 1994 – es fand in 637 Kilometer Tiefe statt – um 30 Prozent. Das Epizentrum dieser Erschütterungen befindet sich in der Regel im Übergangsbereich zwischen dem oberen und unteren Mantel: Solche Beben entstehen vor allem in Subduktionsbereichen, in denen extrem tief unter eine andere Platte abtauchende Krustenstücke tektonischen Stress auf die Umgebung ausüben, bis diese mit Gewalt nachgibt. An der Oberfläche sind die Erschütterungen jedoch meist kaum spürbar.

Im Fall des Bebens im Ochotskischen Meer entwickelte sich nach den Ergebnissen von Ye und Co ein 180 Kilometer langer Bruch, der sich von seinem Zentrum aus mit einer Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Sekunde fortpflanzte – Werte, wie sie normalerweise für konventionelle Erdbeben in höheren Abschnitten der Erdkruste üblich sind. Dabei ruckelte die beteiligte Platte um bis zu zehn Meter vorwärts. Das bolivianische Gegenstück entwickelte sich nach Angaben der Autoren hingegen relativ langsam und setzte nur ein Drittel der Energie frei. Außerdem verformte sich dabei der Untergrund und brach nicht wie beim Ereignis im Mai. Womöglich seien dieser Unterschiede auf das unterschiedliche Alter und die Temperaturen der beteiligten Platten zurückzuführen, so die Geologen: Die im Ochotskischen Meer subduzierte Pazifische Platte ist demnach deutlich kühler und damit spröder als die Gesteinsformation, die in Bolivien beteiligt war.

Möglicherweise war im Mai erneut eine Bruchzone beteiligt, die zu Beginn der Subduktionsphase schon einmal nachgegeben hatte, aber der genaue Mechanismus des jüngsten Tiefbebens bleibt noch unklar. Fluide im Material können dafür sorgen, dass brechende Gesteinspakete leichter vorwärtsgleiten, doch sollten in dieser Tiefe eigentlich bereits alle Flüssigkeiten herausgequetscht worden sein. Die Reibung beim initialen Brechen könnte das Gestein anschmelzen, so dass neue Gleitmittel entstünden, so der beteiligte Thorne Lay, ebenfalls von der University of California in Santa Cruz. Aber zuvor müsse das Gestein überhaupt erst einmal zu gleiten beginnen. Das lässt sich allerdings noch nicht direkt nachweisen.

  • Quellen
Science 341, S. 1380–1384, 2013

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