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News: Falsches Spiel

Eine australische Orchidee hat die Kunst der eigennützigen Verführung nahezu bis zur Perfektion entwickelt und bedroht damit den Fortbestand einer ganzen Wespen-Spezies.
Es gehört zu den bittersten Schicksalen, die eine Frau wohl erleiden kann. Gemeint ist, wenn eine andere Frau, womöglich noch die Freundin, ihr den Partner wegschnappt. Danach kursiert der Verlassenen oft nur eine einzige Frage im Kopf: Was hat sie, was ich nicht habe?

Ein kleiner Trost für diese Frauen wird vielleicht sein, dass selbst weibliche Vertreter des Tierreiches sich mit solchen Problemen herumschlagen müssen. So beschäftigt die Wespen-Weibchen der australischen Art Neozeleboria cryptoides das Phänomen, dass immer mehr Männchen lieber eine Liaison mit einer bestimmten Orchidee eingehen, als sich den Gesetzen der Natur folgend mit ihnen zu paaren.

Bob Wang von der Australian National University in Canberra und Florian Schiestl von der ETH in Zürich haben diese Orchidee und die Auswirkungen ihres, wie sich heraustellte, höchst egoistischen Verhaltens genauer untersucht. In ihren Versuchen stellten sie Neozeleboria-cryptoides-Männchen vor die Qual der Wahl. Sie sollten in einem Test entscheiden, wer sie stärker in ihren Bann ziehen kann: das Weibchen oder die Orchidee. Zu diesem Zweck postierten sie jeweils ein Weibchen und eine Blüte in einer dunklen Röhre und beobachteten, für welches Objekt der Begierde sich das Männchen wie oft innerhalb von fünf Minuten entscheidet.

Das Ergebnis verleiht der Orchidee zweifellos das Prädikat besser als das Original zu sein. Denn die Männchen bevorzugten häufiger den Landeanflug auf die exotische Intrigantin als auf das wartende Weibchen. Somit hat die Pflanze in diesem Fall die Oberhand und dadurch auch den Kampf um die Gunst des Männchens gewonnen. Der Schlüssel zu diesem Ergebnis liegt wohl darin, dass die Wespen-Weibchen die Pheromon-Produktion scheinbar schlechter beherrschen, als ihre vermeintliche Konkurrenti, die Orchidee. Sie benutzt die Männchen eigentlich nur, um bestäubt zu werden und damit das Überleben ihrer Art zu sichern.

In der Menschenwelt würden betroffene Frauen sich vielleicht mit den Worten trösten: "Ich werde darüber hinweg kommen. Das bringt mich doch nicht um!" Doch genau das könnte der Fall bei den weiblichen Wespen sein. Da sie keine Flügel besitzen, sind sie extrem hilflos und auf die Männchen angewiesen. Diese versorgen sie mit Nahrung und transportieren sie zur Eiablage an einen geschützten Platz. Kann das Männchen nun aber zwischen Orchideen-Pheromon und Weibchen-Pheromon nicht mehr unterscheiden und wählt zunehmend die pflanzliche Alternative, so sind die wehrlosen Weibchen dadurch nicht selten zum Tode verurteilt.

Um zukünftige Nachkommenschaften nicht zu gefährden, so glauben die Forscher, werden die Weibchen wohl Strategien entwickeln müssen, um ihre Konkurrenz auszustechen. Denn obwohl einige Männchen gelernt haben, dicht mit Orchideen bewachsene Gebiete zu meiden, sitzt die trickreiche Simulantin aufgrund ihrer Lebensdauer (noch) am längeren Hebel. So werden wohl auch in Zukunft zahlreiche neue Generationen naiver Neozeleboria-cryptoides-Männchen auf das falsche Spiel hereinfallen und sich von den Orchideen zu deren Zweck ausnutzen lassen.

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