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News: Federfarben-Physik

Ob Edelstein oder Schmetterlingsflügel, oftmals sorgen nicht Pigmente für Farbe, sondern die mikroskopische Struktur des Materials. Doch was führt beim Pfau den Pinsel?
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Geziert wie Pfauen werden sie sich haben, die bestimmt unfreiwilligen Spender des Untersuchungsmaterials von Jian Zi. Was allerdings in ihrer Art lag, schließlich handelte es sich um Vertreter von Pavo rnuticus, eben dem grünen Pfau – und Zi trachtete zudem, mitsamt seinen Physikerkollegen von der chinesischen Fudan Universität in Shanghai, nach ihrem Allerheiligsten, den imposanten Schwanzfedern. Ziel des Federlesens im Dienste der Forschung: mit wissenschaftlicher Methodik dem Geheimnis hinter der farbigen Schönheit der Pfauenfeder auf die Spur zu kommen.

Denn eine Pfauenfeder bezieht ihre Farbigkeit nicht aus vielleicht zunächst Naheliegendem, etwa einem deckenden Anstrich oder der Füllung mit dominierenden Farbpigmenten. Wie viele andere Objekte der belebten und unbelebten Natur basiert die Buntheit des Vogelgefieders auf "struktureller Farbigkeit". Diese resultiert aus der Wechselwirkung verschiedener Wellenlängen des sichtbaren Lichtspektrums mit der mikroskopischen Struktur des beleuchteten Materials. Denn je nach Strukturgröße, -form und -aufbau werden unterschiedliche Wellenlängen auch unterschiedlich stark gebeugt, gestreut oder reflektiert – wodurch diese in den Augen eines farbensehenden Betrachters dann beispielsweise fehlen, während andere hingegen dominieren: Das Spektrum des Lichts wird jedenfalls neu gemischt, und ein charakteristischer Farbeindruck entsteht.

Soweit die anerkannte Theorie so genannter photonischer Kristalle. Welche strukturelle Eigenheit die sprichwörtliche Farbschwelgerei der Pfauenfeder aber tatsächlich hervorbringt, lag noch weitgehend im Dunkeln, bis Zi und seine Kollegen einzelne Federn nun mit elektronenmikroskopischer Akribie untersuchten.

Jede Feder besteht aus einem zentralen Federstamm mit einem beidseitigen Federbart aus Federästen, von denen ihrerseits wieder unzählige, noch kleinere Federstrahlen abzweigen. Wie Anschnitte enthüllen, bestehen diese Federstrahlen aus einem zentralen Kern sowie einer dickeren Hüllschicht, die sich aus einer Unzahl kleiner, geordnet nebeneinander liegender Melaninstäbchen zusammensetzt. Diese Stäbchen werden durch Keratin-Abstandshalter verbunden – was, im Querschnitt betrachtet, in einer regelmäßigen, lochgitterartigen Struktur resultiert.

Wohl die Grundlage der Pfauenfeder-Farbe: Denn in dieser Gitteranordnung erkannten die Wissenschaftler einen photonischen Kristall. Bei ansonsten gleicher Bauweise unterschieden sich braune, grüne, blaue und gelbe Federstrahlen nur anhand des Gitterabstands sowie der Schichtstärke der Melanin-Keratin-Hülle.

Zi und seine Kollegen simulierten daher nach Blaupause der natürlichen Pfauenfederstruktur künstliche Federmaterial-Kristalle aus Keratin und Melanin mit unterschiedlichen Gitterabständen – und kalkulierten deren theoretisch zu erwartende Licht reflektierende Eigenschaften. Und wirklich: Die Gitterabstände der nach dem Vorbild "blauer" Federstrahlen gestalteten Modelle reflektierten in einem blauen Wellenlängenbereich, die grünen entsprechend in einem grünen, und die braunen in mehreren – was im Endeffekt zu einem braun erscheinenden Wellenlängengemisch führen würde.

Demnach basiert die Pfauenfeder-Farbenpracht tatsächlich auf einem ingeniös einfachen Strukturprinzip: Bei ansonsten gleicher Bauweise werden nur Gitterabstände zwischen den Melaninstäbchen beziehungsweise die Stärke der Federstrahlen-Hüllschicht variiert, um so unterschiedliche Farbeffekte zu erzielen.

Bleibt zu hoffen, dass das nun gelüftete Schönheitsgeheimnis der Eitelkeit aller gerupften Versuchstiere keinen dauerhaften Schaden zufügt.

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