News: Gentherapie gegen Herzinfarkt?
Herzinfarkte lassen sich chirurgisch behandeln, indem die betroffenen Arterien künstlich erweitert werden. Dazu verpflanzt der Chirurg über einen Katheter einen Ballon in die Arterie, der das Blutgefäß quasi aufbläst. Ein künstliches Metallgerüst, der so genannte Stent, verbleibt nach der Operation in der Arterie und stabilisiert sie. Leider ist die Methode nicht immer erfolgreich. Bei einem Drittel der Patienten verletzt der Stent das Gefäß, sodass Zellen innerhalb weniger Wochen nachwachsen und zu neuen Verstopfungen führen können.
Herzinfarkte lassen sich jedoch nicht nur mechanisch, sondern auch biochemisch behandeln. Bestimmte Proteine lösen Blutgerinnsel auf und können so – wenn sie unmittelbar nach einem Herzinfarkt verabreicht werden – das Risiko für einen zweiten Infarkt erheblich mildern. Diese Proteine werden heutzutage mit gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt. Eine Therapie mit Genen, die diese Proteine unmittelbar am erkrankten Herz produzieren, wäre also denkbar. Das Problem ist nur: Wie bringt man diese Gene an ihren Einsatzort?
Robert Levy vom Children's Hospital of Philadelphia fragte sich: Warum nicht das eine tun, und das andere nicht lassen? Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er als DNA-Vehikel einen biologisch abbaubaren Polymerfilm, der einen Arterien-Stent auskleiden soll (Nature Biotechnology vom November 2000). Zunächst probierten sie ihren Film in Herzmuskelzellkulturen von Ratten aus. Der Film war mit einem DNA-Plasmid versetzt, der die Bauanleitung für ein grün fluoreszierendes Protein enthielt. Die Zellkulturen produzierten, wie von den Forschern erhofft, das Markerprotein.
Im nächsten Schritt bauten sie Stents, die mit den DNA-Filmen ausgekleidet waren, in die Herzarterien von sechs Schweinen ein. Auch hier konnten die Wissenschaftler daraufhin die Produktion des Markerproteins in den behandelten Arterien nachweisen. "Das ist das erste Beispiel eines Gentransfers im Tiermodell mit Stents, die DNA freisetzen", erklärt Levy. Er hofft, dass dadurch in Zukunft Gene in erkrankte Arterien eingepflanzt werden können, die dazu beitragen, die lebensbedrohenden Verstopfungen zu verhindern. Die passenden Gene will er jetzt suchen: "Wir haben weiteren Forschungsbedarf, um die Gene zu identifizieren, die den bestmöglichen Effekt haben."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 30.10.2000
"Hilft Gentherapie bei der Parkinson'schen Krankheit?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 6.8.1998
"Dem Herzen wieder auf die Beine helfen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Diskusionsforum vom 15.10.1999
"Tod durch Gentherapie" - Spektrum der Wissenschaft 10/97, Seite 50
"Gentherapie: Viren als Vehikel"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 5/93, Seite 100
"Psychosozialer Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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