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News: Großmeister denken anders

Schach gehört zu den anspruchsvollsten Spielen der Welt. Das Gehirn von Großmeistern kommt einer Enzyklopädie von Partien gleich - Tausende von Spielzügen sind darin gespeichert. Wie Magnetenzephalogramme zeigen, greifen sie auch genau darauf zurück, wenn sie am Brett oder vor dem Computer sitzen. Ihre Amateur-Kollegen sind selbst bei langjähriger Erfahrung immer noch damit beschäftigt, für sie neue Züge zu analysieren. Und dafür benötigen sie ganz andere Hirnregionen.
"Schach!" Fieberhaft überlegt der Spieler, wie er sein Gegenüber doch noch überlisten kann. Aber es ist zu spät – nach ein paar weiteren Zügen ist das Matt unausweichlich. Während der Partie leistet das Gehirn der Spieler schwere Arbeit: Jeder Spielzug wird analysiert und mit der eigenen Erfahrung abgeglichen, um die beste Reaktion herauszufinden. Das Gedächtnis spielt also eine – womöglich sogar die entscheidende – Rolle.

Großmeister sind dafür bekannt, dass sie mindestens zehn Jahre lang ständig Partien nachlesen und üben, um letztendlich mehr als 100 000 Spielmuster als Bausteine in ihrem Gedächtnis abzuspeichern. Welchen Einfluss hat das auf ihr Können? Ognjen Amidzic und seine Kollegen von der Universität Konstanz setzten zehn Schachprofis und zehn Amateure, alle mit mehr als zehn Jahren Spielerfahrung, vor einen Schachcomputer. In den fünf Sekunden nach jedem neuen Zug des Computers erstellten die Forscher ein Magnetoenzephalogramm der Gammaband-Aktivität in der Großhirnrinde (Cortex cerebri). Dabei interessierten sie sich besonders für die Schläfenlappen ihrer Freiwilligen, denn sie hängen mit dem Ablegen von Erinnerungen im Langzeitgedächtnis zusammen, und wenn wir darauf zugreifen, zeigen sich dort und in anderen Bereichen des Assoziationscortex heftige Ausbrüche im Gammaband (über 20 Hertz).

Während die Amateure über dem Zug ihres technischen Gegenübers brüteten, war ihr mittlerer Schläfenlappen heftig aktiv. Offenbar waren sie also damit beschäftigt, die ihnen unvertrauten Züge der Partie zu analysieren. Das Gehirn der Großmeister musste sich damit nicht mehr herumplagen: Hier lag die Hauptaktivität im frontalen und parietalen Cortex – dort, wo sie die Tausende auswendig gelernter Zugmuster abgespeichert haben.

Großmeister unterscheiden sich von Amateuren demnach nicht nur darin, dass sie eher wandelnden Schachbüchern gleichen, sondern sie organisieren den Zugriff auf ihr Wissen auch anders als ihre Amateur-Kollegen: Sie verlassen sich mehr auf ihr Langzeitgedächtnis. Das zeigt, warum Schachprofis so viel schneller bestimmte Schlüsselelemente problematischer Situationen erkennen und darauf reagieren können – dementsprechend konnten auch nur sie den Computer in ein Remis zwingen beziehungsweise in manchen Partien sogar schlagen.

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