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News: Guten Appetit!

Menschen in allen Kulturkreisen nutzen Extrakte der alten Kulturpflanze Hanf als Rauschmittel. Doch ein Marihuana-Joint entfaltet nicht nur halluzinogene Wirkungen, sondern erweist sich ebenfalls als appetitanregendes Mittel. Neue Forschungsergebnisse bestätigen nun, dass Cannabis-ähnliche Verbindungen im Gehirn zu nächtlichen Überfällen auf den Kühlschrank verführen können.
Mehr als ein halbes Dutzend Moleküle sind schuld daran, dass uns beim Anblick eines leckeren Essens das Wasser im Mund zusammenläuft und der Magen knurrt. Diese wirken in noch weitgehend geheimnisvoller Weise zusammen, um unseren Appetit zu regulieren. Bereits 1995 entdeckten Forscher das von Fettzellen produzierte Leptin. Dieses wichtige Hormon regelt den Fett- und Energiestatus des Körpers und stimmt die Aktivität von zahlreichen Appetit-verändernden Molekülen im Gehirn aufeinander ab.

Da fettleibige Mäuse nach Leptininjektionen abnahmen, galt der Botenstoff schon als Heilmittel gegen die zunehmende Fettsucht. Doch derartige Hoffnungen zerplatzten wie Seifenblasen, als klinische Versuche an Menschen nicht zu dem gewünschten Gewichtsverlust führten. "Leptin ist ein Molekül des Hungerns und nicht der Fettsucht", erläutert Stephen Bloom von der Imperial College School of Medicine. "Vermutlich hat sich das Leptin-Gewichtregulationssystem derartig entwickelt, damit unsere Vorfahren genügend Pfunde für den Winter anhäufen konnten und kein Gewicht verloren."

George Kunos und seine Kollegen von der Virginia Commonwealth University brachten nun weiteres Licht in das rätselhafte Dunkel um Heißhunger und Appetitlosigkeit. Da Cannabis den Appetit von Mäusen und Ratten ankurbelt, fragten sich die Forscher, ob Cannabinoide – Cannabis-ähnliche Moleküle – im Gehirn bei der Regulation des Hungergefühls mitwirken. Sie veränderten Mäuse gentechnisch so, dass ihrem Gehirn ein bestimmter Rezeptor für die Cannabinoidwahrnehmung fehlte. Diesen manipulierten Versuchstieren veschlug es nach einer Hungerperiode den Appetit: Im Durchschnitt fraßen sie über 40 Prozent weniger als ihre normalen Artgenossen. Doch ein Mittel, das die Wirkung von Cannabinoiden blockierte, verdarb auch den normalen Mäusen die Lust am Essen, und die Nager nahmen lediglich soviel Futter zu sich, wie die genetisch veränderten Mäuse.

Cannabinoide spielen vermutlich eine Schlüsselrolle in dem Nervenschaltkreis, der das Hungerempfinden steuert. Zudem entdeckten die Wissenschaftler, dass Leptin den Cannabinoid-Gehalt im Hypothalamus – dem Kontrollzentrum für Appetit im Gehirn – senkt. Denn fettleibige Mäuse und Ratten, die kein Leptin herstellen können, zeigten erhöhte Werte für zwei Cannabinoide in jener Hirnregion. Cannabinoide und Leptin kommunizieren demnach miteinander, um das Körpergewicht zu regulieren, doch sie wirken in gegensätzlichen Richtungen.

"Es ist eine sehr erstaunliche Arbeit, die eine unerwartete Verbindung zwischen Leptin und den endogenen Cannabinoiden enthüllt", betont Daniele Piomelli von der University of California. Forscher hoffen nun, mithilfe geeigneter Medikamente, welche die Wirkung von Cannabinoiden blockieren oder verstärken, das menschliche Hungergefühl verändern zu können. So schützt die Appetit-stimulierende Substanz in Cannabis, delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC), bereits AIDS-Patienten vor Gewichtsverlust.

Doch bevor neue Medikamente als Appetitanreger für Kranke oder Appetitzügler für fettleibige Menschen entwickelt werden, gilt es zu beachten, dass Leptin und Cannabinoide neben der Nahrungsaufnahme noch weitere Körpersysteme wie Fruchtbarkeit und Stress beeinflussen. "Idealerweise sollte ein Medikament nur auf einen Kreislauf abzielen und keine Nebenwirkungen haben", hebt Bloom hervor. Obwohl Anticannabinoide den Gewichtsverlust begünstigen, könnten sie das Gegenteil von Marihuana-Wirkungen auslösen. "Eine Person mag zwar dünn sein, aber sich elend, depressiv und reizbar fühlen", befürchtet er.

  • Quellen
Nature 410: 822–825 (2001)
ScienceNow

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