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News: Heiße Sache

Wenn Sie eine Suppe auf dem Herd erwärmen, erwarten Sie mit Sicherheit, dass sie nicht heißer wird als die Kochstelle. Doch diese Tatsache, die unser Alltagsverstand für selbstverständlich erachtet, stellen Experimente auf der russischen Raumstation Mir gänzlich auf den Kopf - denn dort wurden Gasblasen in einer Flüssigkeit heißer als die umgebende Hitzequelle. Der als lokale Überhitzung bezeichnete Effekt, der gegen jede Intuition spricht, wurde schon vor einem Jahrzehnt theoretisch vorhergesagt.
Flüssigkeiten mit einem definierten Volumen, zum Beispiel in einem fest verschlossenen, randvoll befüllten Stahlgefäß, können Wärme auf verschiedenen Wegen transportieren. Warme Flüssigkeit kann in kühlere Bereiche strömen (Konvektion), oder Wärme verteilt sich über thermische Diffusion. Eine weitere Form der Wärmeausbreitung kommt unter bestimmten Bedingungen ohne direkten Temperaturaustausch zustande und wird als adiabatische Kompression oder "Kolben-Effekt" bezeichnet. Dabei wirkt eine erwärmte äußere Flüssigkeitsschicht wie ein Kolben und komprimiert das Innere, wodurch es sich erhitzt.

Unmittelbar am Phasenübergang, wenn flüssig nicht unterscheidbar ist von gasförmig, ist die Diffusion stark begrenzt. In der Schwerelosigkeit sind zusätzlich Konvektion und andere Effekte ausgeschaltet. Dementsprechend zeigten Computersimulationen, dass der "Kolben-Effekt" überwiegen und es zu einer lokalen Überhitzung kommen sollte, sobald Flüssigkeiten im Weltall bis an den Siedepunkt erhitzt werden. Das theoretische Ergebnis belegen jetzt Experimente an Bord der Mir, die von Yves Garrabos und Regis Wunenburger von der Université de Bordeaux I in Pessac geleitet wurden (Physical Review Letters vom 1. Mai 2000).

Die Forscher befüllten dazu einen kleinen Zylinder mit flüssigem Schwefel-Hexafluorid (SF6), das eine Gasblase umschloss, und ließen ihn auf der Raumstation in mehreren Heizperioden schrittweise erwärmen. Bis zur kritischen Temperatur von 45,5 Grad Celsius blieben die Temperaturen in der Gasblase, der Flüssigkeit und dem Heizgefäß gleich. Erst bei weiterer Wärmezufuhr kam es zu Veränderungen: Bei jedem weiteren Temperaturschritt verblieb die Flüssigkeit immer ein wenig kühler als das Gefäß, während die Gastemperatur aufgrund des "Kolben-Effekts" etwa 23 Prozent darüber lag.

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