Weltkulturerbe: Herabstürzende Lingas
Der antike Hindutempel Prambanan ist durch das schwere Erdbeben in der Region der indonesischen Großstadt Yogyakarta auf Java schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Ein herber Rückschlag für den ohnehin schwierigen Wiederaufbau des von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten Heiligtums.
© Michael Lenz (Ausschnitt)
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Prambanan | Prambanan, ein Tempelkomplex aus dem 9. Jahrhundert, ist ein steinernes Zeugnis für die Hindu-Vergangenheit Javas.
Und jetzt, nach dem Beben? "Der Tempel ist erheblich beschädigt", sagt Mie, die belgische Besitzerin des Reisecafés Via Via in Yogyakarta. Der Boden zwischen den Tempeltürmen im inneren Bereich sei übersät von heruntergefallenen Reliefstücken, Steinen, Statuen und phallischen Lingas. Agus Waluyo, Chef des Archäologischen Amtes von Yogyakarta, klagt, in nur einer Minute seien Renovierungsarbeiten von Jahrzehnten zunichte gemacht worden. Es sei zudem unklar, ob das Beben der Stärke 5,7 auf der Richterskala vielleicht die Statik der Tempel beeinträchtig habe. Es werde Monate dauern, bis das genaue Ausmaß des Schadens bekannt sei. So lange bleibt Prambanan für die Öffentlichkeit geschlossen.
Wiederaufbau mit Hindernissen
Dabei ist der 1918 begonnene Wiederaufbau der seit etwa tausend Jahren durch Naturkatastrophen und Vernachlässigung arg ramponierten Anlage noch lange nicht abgeschlossen. Probleme bereitet vor allem das Wiederauffinden von Originalsteinen. Über die Jahrhunderte hinweg diente Prambanan den Javanern als Steinbruch, von den 224 kleineren Tempeln des äußeren Ringes sind nur noch Steinhaufen übrig.
"Es fehlt einfach das Geld, um die gesamte Anlage zügig wieder aufzubauen"
(Yusup Sudadi)
Die Tempel werden aber nur wiederaufgebaut, wenn mindestens 75 Prozent der ursprünglichen Steine vorhanden sind. Und wie so oft, stehen nicht genügend Mittel zu Restauration der von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten Hinduheiligtums zur Verfügung. "Es fehlt einfach das Geld, um die gesamte Anlage zügig wieder aufzubauen", sagt Yusup Sudadi, ein Reisebürobesitzer und Experte javanischer Kultur aus Yogyakarta. (Yusup Sudadi)
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Relief des Epos Ramayana | Ein Relief am Umlauf des Shiva Tempels, das eine Szene aus dem Epos Ramayana zeigt
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Yusup Sudadi | Yusup Sudadi, Reisebürobesitzer und Experte javanischer Kultur aus Yogyakarta, bei einer Führung in Prambanan: Im Hintergrund Lingas, abstrakte Phallusdarstellungen, die als Symbol für den Gott Shiva dienen.
Im Schatten des Vulkans
Zum "Beweis" seiner Vulkantheorie fährt Yusup mich zu der bereits zum Teil ausgegrabenen Tempelanlage Candi Sambisari in der Nähe von Prambanan. Der Tempel liegt in einer vielleicht fünf Meter tiefen Grube. "Ursprünglich sind diese Tempel auf Anhöhen erbaut worden", sagt Yusup. Die Tatsache, dass die Anlage jetzt unterhalb des heutigen Bodenlevels liege, zeige, dass er im Laufe der letzten tausend Jahre durch Auswürfe des Merapi verschüttet worden sei.
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Candi Sambisari | Kleiner als Prambanan, aber mangels Touristentrubel vielleicht sogar beeindruckender: die Tempelanlage Candi Sambisari
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Ausgrabungsstätte | Ins Wasser gefallen sind hier die Ausgrabungsarbeiten während der Regenzeit.
Es gibt noch mehr zu sehen. Etwa vierzig Kilometer südlich von Prambanan steht der mächtige, an eine Pyramide erinnernde buddhistische Tempel Borobudur, der in etwa zur gleichen Zeit wie Prambanan erbaut wurde. Auch Borobudur war nur wenige Jahrhunderte in Betrieb und erlitt wohl ein ähnliches Schicksal wie Prambanan. Allerdings hat Berichten zu Folge das aktuelle Erdbeben an Borobudur nur "kosmetische Schäden" angerichtet. Borobudur ist eine massive Anlage, ohne Kammern und Innenräume.
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Borobudur | Etwa vierzig Kilometer südlich von Prambanan steht der mächtige, an eine Pyramide erinnernde buddhistische Tempel Borobudur, der in etwa zur gleichen Zeit wie Prambanan erbaut wurde. Auch ihn hat die Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.
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