Städtebau: Historischer Flächenfraß
Aufstieg, Blüte, Fall und ewiger Niedergang: Die Geschichte von ehemaligen Großmächten ähnelt sich frappierend. Was von ihnen blieb, sind meist nur - immerhin beeindruckende - Ruinen. Das gilt auch für das Khmer-Reich Südostasiens mit seiner Hauptstadt Angkor. An ihrem wachsenden Erfolg ging sie wohl schließlich zugrunde.
Auf dem Höhepunkt ihrer Macht im 12. Jahrhundert regierten die Khmer ein Reich, das vom Indischen Ozean an den Küsten Thailands im Westen bis zur Mündung des Mekong ins Chinesische Meer im Osten große Teile Südostasiens umfasste. Markantestes Zeichen ihrer Herrschaft war die Hauptstadt Angkor im Herzen des Gebietes mit ihren zahllosen Tempeln, den so genannten Wats und einem ausgeklügelten Staubecken- und Bewässerungssystem, das die alljährlichen Fluten des Monsuns kanalisierte, für Trockenzeiten speicherte und so eine dauerhafte Versorgung der großen Bevölkerung gewährleistete.
Aufstieg und Fall
Seiner Rolle als Hauptstadt entledigt, zerfiel Angkor nun langsam und stetig. Nur wenige Tempel wie der Angkor Wat wurden weiterhin von der Bevölkerung zu zeremoniellen Zwecken aufgesucht – den Rest schluckte der Dschungel und geriet in Vergessenheit. Die politische und wirtschaftliche Erosion der Metropole hing aber wohl nicht nur mit kriegerischen Wirren und dem nachfolgenden Machttransfer zusammen, sondern begann schon vorher aus hydrogeologischen Gründen, wie nun neue Kartierungs- und Ausgrabungsergebnisse vermuten lassen.
Diese Ansicht hatte bereits der französische Archäologe Bernard-Philippe Groslier in den 1950er Jahren geäußert, als er den Begriff der "hydraulischen Stadt" prägte. Ihr Bestehen beruhte auf einem komplexen Wassermanagement, dem sie am Ende nicht mehr gewachsen war und an dessen mangelnder Erhaltung sie letztlich zugrunde ging. Oft wurde diese Ansicht in Frage gestellt und zurückgewiesen, doch fehlten profunde Daten zur Umgebung der zentralen Tempelbezirke und damit zur eigentlichen Metropolregion. Archäologen und Geowissenschaftler um Damian Evans von der Universität Sydney erweiterten jetzt den Stadtplan Angkors mittels scharfer Radaraugen, die selbst längst verschüttete und überprägte Bodenstrukturen aufspüren können.
Sensible Sensoren
Aber waren diese Gebiete noch Stadt oder doch nur ein dörfliches Gebiet mit intensiver Landwirtschaft und entsprechender Infrastruktur? Die Radardaten liefern darüber keine Aussagen, denn dazu ist ihre räumliche Auflösung noch zu gering: Ehemals bewohnte Areale oder kleine Tempelstätten, die sich über die aquatische Umgebung erheben mussten und heute durch eine hügelige Form auffallen, lassen sich damit kaum nachweisen. Diese Kartierungslücke sollten Satellitenbilder schließen, wobei jede der letztlich aufgenommenen Strukturen in mindestens zwei Datensätzen nachgewiesen oder bei Nachforschungen vor Ort entdeckt werden musste.
Metropolregion Angkor
Natürlich war das Gebiet nicht annähernd so dicht besiedelt wie beispielsweise das antike Rom, das mittelalterliche London oder Konstantinopel – zwischen einzelnen Wohnvierteln gab es immer wieder Frei- oder Wasserflächen wie die beiden groß dimensionierten Staubecken Ost- und Westbaray. Die unmittelbare kulturelle wie politische Einflusssphäre der Herrscher Angkors, die dicht gewebte Infrastruktur der Kanäle, Wasserreservoirs und Straßen sowie die große Zahl der neu entdeckten Tempel (bislang 74) sprechen jedoch für einen eindeutigen urbanen Charakter rund um das eigentliche Zentrum. Mehrere hunderttausend Menschen haben hier wohl gelebt.
Aufstieg und Fall
Wie häufig bei großen Reichen steckte im Erfolg aber auch bereits der Keim des eigenen Niedergangs: Unterdrückte Völker begehrten auf, missgünstige Nachbarn fielen in der Khmer-Domäne ein. So eroberte das Volk der Cham aus dem benachbarten zentralen Teil Vietnams 1177 Angkor und besetzte es fünf Jahre lang, bevor die vormaligen Herrscher ihre Hauptstadt zurückerobern und die Angreifer vertreiben sowie zu Vasallen machen konnten. Und auch im Westen brodelte es, wo sich während des 13. Jahrhunderts die Thai-Völker zusammenzuschließen begannen und die Macht des Stadtkonkurrenten Ayutthaya langsam wuchs. 1431 konnten die Siamesen dann endgültig das Joch der Khmer abschütteln und sich im Gegenzug sogar deren Territorium selbst einverleiben.
Seiner Rolle als Hauptstadt entledigt, zerfiel Angkor nun langsam und stetig. Nur wenige Tempel wie der Angkor Wat wurden weiterhin von der Bevölkerung zu zeremoniellen Zwecken aufgesucht – den Rest schluckte der Dschungel und geriet in Vergessenheit. Die politische und wirtschaftliche Erosion der Metropole hing aber wohl nicht nur mit kriegerischen Wirren und dem nachfolgenden Machttransfer zusammen, sondern begann schon vorher aus hydrogeologischen Gründen, wie nun neue Kartierungs- und Ausgrabungsergebnisse vermuten lassen.
Diese Ansicht hatte bereits der französische Archäologe Bernard-Philippe Groslier in den 1950er Jahren geäußert, als er den Begriff der "hydraulischen Stadt" prägte. Ihr Bestehen beruhte auf einem komplexen Wassermanagement, dem sie am Ende nicht mehr gewachsen war und an dessen mangelnder Erhaltung sie letztlich zugrunde ging. Oft wurde diese Ansicht in Frage gestellt und zurückgewiesen, doch fehlten profunde Daten zur Umgebung der zentralen Tempelbezirke und damit zur eigentlichen Metropolregion. Archäologen und Geowissenschaftler um Damian Evans von der Universität Sydney erweiterten jetzt den Stadtplan Angkors mittels scharfer Radaraugen, die selbst längst verschüttete und überprägte Bodenstrukturen aufspüren können.
Sensible Sensoren
Der von den Wissenschaftlern verwendete Sensor arbeitet dabei so sensibel, dass er minimale Veränderungen in der Vegetation oder Bodenfeuchte unterscheiden kann – etwa im unterschiedlichen Reifegrad von Reispflanzen, der wiederum vom Wassergehalt des Untergrunds abhängt. Daraus lässt sich ableiten, ob die Pflanzen auf erhöhten Flächen stehen oder in ehemaligen Staubecken wachsen. Und auch die Dämme, die Reisfelder umgrenzen, orientieren sich offensichtlich noch vielfach am historischen Grundriss der Stadt, auch wenn deren Gebäude schon längst zu Staub zerfallen sind. Auf diese Weise entstand ein virtuelles Straßen- und Kanalnetz, das die Einflusssphäre Angkors beträchtlich nach Norden ausweitete.
Aber waren diese Gebiete noch Stadt oder doch nur ein dörfliches Gebiet mit intensiver Landwirtschaft und entsprechender Infrastruktur? Die Radardaten liefern darüber keine Aussagen, denn dazu ist ihre räumliche Auflösung noch zu gering: Ehemals bewohnte Areale oder kleine Tempelstätten, die sich über die aquatische Umgebung erheben mussten und heute durch eine hügelige Form auffallen, lassen sich damit kaum nachweisen. Diese Kartierungslücke sollten Satellitenbilder schließen, wobei jede der letztlich aufgenommenen Strukturen in mindestens zwei Datensätzen nachgewiesen oder bei Nachforschungen vor Ort entdeckt werden musste.
Das Ergebnis ist beeindruckend und macht Angkor zur größten Metropolregion der vorindustriellen Ära: Mit ihrer Ausdehnung über 900 bis 1000 Quadratkilometer stellt sie das Maya-Zentrum Tikal klar in den Schatten, denn dieses erstreckte sich nur über rund 150 Quadratkilometer. Ausgehend von den zentralen Tempelbezirken rund um Angkor Wat und Angkor Thom legte sich die Stadt bogenförmig nördlich um den großen See Tonle Sap, der bis heute eine der wichtigsten Binnenfischereien Süd- und Ostasiens beheimatet und wohl auch damals einen Großteil der Proteine für die lokale Bevölkerung lieferte.
Metropolregion Angkor
Natürlich war das Gebiet nicht annähernd so dicht besiedelt wie beispielsweise das antike Rom, das mittelalterliche London oder Konstantinopel – zwischen einzelnen Wohnvierteln gab es immer wieder Frei- oder Wasserflächen wie die beiden groß dimensionierten Staubecken Ost- und Westbaray. Die unmittelbare kulturelle wie politische Einflusssphäre der Herrscher Angkors, die dicht gewebte Infrastruktur der Kanäle, Wasserreservoirs und Straßen sowie die große Zahl der neu entdeckten Tempel (bislang 74) sprechen jedoch für einen eindeutigen urbanen Charakter rund um das eigentliche Zentrum. Mehrere hunderttausend Menschen haben hier wohl gelebt.
Angkor beeinflusste darüber hinaus noch ein weit größeres Gebiet, denn um die Stadt zu versorgen, wurden in den umliegenden Ebenen bis zu den angrenzenden Bergen im Norden die Wälder gerodet und Reisfelder angelegt. Auf Dauer brachte dies jedoch den Wasserhaushalt der Gegend durcheinander, und die heftigen Monsunregen trugen enorme Mengen Erdreich ab und schwemmten sie in die Kanäle und Stauseen. Mühsam mussten diese immer wieder entschlammt werden, dazu belasteten Dammbrüche das ausgeklügelte Bewässerungs- und Transportsystem. Sein Unterhalt wurde zunehmend komplexer und kostete enorme Summen, was gerade in Kriegszeiten schwerlich zu gewährleisten war. Mit der finalen Niederlage der Khmer und dem Zusammenbruch ihres Gemeinwesens setzte deshalb ein rapider Bevölkerungsschwund ein – der frühere Erfolg der Stadt kehrte sich jetzt in allen Belangen ins Gegenteil.
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