Khmer-Kultur: Packen für Bonn
"Angkor - Göttliches Erbe Kambodschas" heißt die Ausstellung zur Khmer-Kunst, die im Dezember in der Bundeskunsthalle in Bonn startet. Doch bevor die wertvollen Kunstschätze auf die Reise geschickt werden, müssen sie sich einer peniblen Begutachtung durch die Konservatoren stellen.
In dem hellen, weiß gestrichenen Raum im Seitenflügel des kambodschanischen National-Museums in Phnom Penh geht es geschäftig zu. Keineswegs aber herrscht eine hektische Betriebsamkeit. Die wäre der Arbeit von Sean Charette und seinem Team reichlich abträglich. Der Konservator aus den USA und seine kambodschanischen Mitarbeiter restaurieren und konservieren in penibelster Handarbeit alte Buddhas, Shivas und andere Objekte aus der Vergangenheit des Volkes der Khmer.
Göttliches Erbe
Charette schabt gerade mit einer Art Skalpell und Engelsgeduld von einer Bronzestatue, die den hinduistischen Gott Shiva mit zehn Armen zeigt, grün angelaufene Stellen ab. Was wie Patina aussieht, ist in Wirklichkeit eine aktive Korrosion, die auf Dauer die Statue zerstören würde. Deshalb muss sie entfernt werden. "Die geht nach Bonn."
"Jetzt können die Menschen kommen"
Die Vorbereitungen für den Versand der Ausstellungsstücke aus Metall und aus Stein laufen in Phnom Penh auf Hochtouren. Aus kleineren Ausstellungen in Tokio und Seoul kommen Artefakte zurück nach Phnom Penh, werden gesichtet, bei Bedarf restauriert und dann für die große Schau in Bonn versandfertig gemacht.
"Wir übergeben dem Personal am Ende der Projektphase das Labor", erzählt Charette und fügt hinzu: "Das ist ein Beitrag zum Erhalt der Khmer-Kultur und zum Wiederaufbau Kambodschas."
Sisyphosarbeit
Das Ende der Pilotphase des von den Smithosian-Museen in Washington und der Getty-Stiftung geförderten Projekts kommt in diesem September. Nach fast zwei Jahren in Phnom Penh kehrt Charette in die USA zurück und wird sich neuen Aufgaben widmen.
Vom Auffinden bis zur Behandlung wird jeder Arbeitsschritt genauestens dokumentiert. "Wir fertigen einen Bericht über den Zustand und den Behandlungsbedarf an. Dann wird eine Prioritätenliste erstellt: was sie brauchen, wo sie zu finden sind. Das kommt auch in die Datenbank."
Schäden wird mit Pinseln, Pinzetten und Skalpellen zu Leibe gerückt; Chemikalien finden kaum noch Einsatz. "Die benutzen wir nur bei Bronzefiguren zur Stabilisierung", erklärt Charette. Von den Säurenbädern, wie sie in den 1960er Jahren benutzt worden sind, seien die modernen Restauratoren ganz abgekommen. "Die haben alles von der Oberfläche weggeätzt und das Original so noch mehr zerstört."
Es wird aber nicht auf Teufel komm raus restauriert. So mancher Schaden bleibt und wird sogar konserviert, zumindest um zu vermeiden, dass sich zum Beispiel eine Korrosion fortsetzt.
An den Kunstobjekten von unschätzbarem Wert nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Ein Riesenproblem ist auch die Lagerung im Keller des Museums. Der ist erstens feucht und wird zweitens während der Regenzeit mit schöner Regelmäßigkeit überflutet. Die Kanalisation von Phnom Penh verkraftet die sintflutartigen Regengüsse nicht, und so stehen innerhalb weniger Minuten ganze Straßenzüge knietief unter Wasser und Keller laufen voll.
"Ein anderes Problem ist die Luftfeuchtigkeit hier in den Tropen. Die setzt den Statuen auch ziemlich zu." Maßnahmen zur Verbesserung der Lagerung der Objekte gehören folglich ebenso zu den Aufgaben der Metallkonservateure. Charette betont: "Sonst haben wir den Patienten bald wieder zurück auf dem OP-Tisch."
"Bei den Objekten handelt es sich hauptsächlich um Bronzeskulpturen aus der Angkor- und der Pre-Angkor-Zeit, also der klassische Khmer-Periode", erklärt Charette. "Im Wesentlichen sind es Statuen von Göttern und Königen, aber es gibt auch viele Gebrauchsgegenständen wie Schwerter, Silberschalen und Schmuck."
Göttliches Erbe
Charette schabt gerade mit einer Art Skalpell und Engelsgeduld von einer Bronzestatue, die den hinduistischen Gott Shiva mit zehn Armen zeigt, grün angelaufene Stellen ab. Was wie Patina aussieht, ist in Wirklichkeit eine aktive Korrosion, die auf Dauer die Statue zerstören würde. Deshalb muss sie entfernt werden. "Die geht nach Bonn."
In der Bonner Kunsthalle startet am 14. Dezember 2006 "Angkor – Göttliches Erbe Kambodschas" – eine der größten Ausstellungen über Khmer-Kunst, die je außerhalb des fernöstlichen Landes zu sehen war. "Das Besondere an der Ausstellung in Bonn wird sein, dass erstmalig nicht nur Objekte aus dem National-Museum, sondern auch aus kleineren Museen in den Provinzen Kambodschas ausgestellt werden", betont Hab Touch, stellvertretender Direktor des National-Museums.
"Jetzt können die Menschen kommen"
Die Vorbereitungen für den Versand der Ausstellungsstücke aus Metall und aus Stein laufen in Phnom Penh auf Hochtouren. Aus kleineren Ausstellungen in Tokio und Seoul kommen Artefakte zurück nach Phnom Penh, werden gesichtet, bei Bedarf restauriert und dann für die große Schau in Bonn versandfertig gemacht.
"Unser Land war lange Zeit durch Krieg, die Herrschaft der Roten Khmer und durch Bürgerkrieg verschlossen"
(Hab Touch)
"Unser Land war lange Zeit durch Krieg, die Herrschaft der Roten Khmer und durch Bürgerkrieg verschlossen" meint Hab. "Jetzt können die Menschen herkommen, und ich hoffe, durch solche Ausstellungen wird das Interesse an Kambodscha geweckt." (Hab Touch)
Obwohl im Augenblick also Objekte für Bonn im Metallrestaurierungslabor Vorrang haben, besteht die wesentliche Aufgabe von Charette aus zwei Dingen: aus der Sichtung und Behandlung der Objekte in den Beständen des Museums und aus der Ausbildung von Kambodschanern zu versierten Restaurateuren. Denn daran mangelt es in Kambodscha. Unter der Führung von Diktator Pol Pot haben die Roten Khmer während ihrer Terrorherrschaft die gesamte gebildete Elite Kambodschas umgebracht.
"Wir übergeben dem Personal am Ende der Projektphase das Labor", erzählt Charette und fügt hinzu: "Das ist ein Beitrag zum Erhalt der Khmer-Kultur und zum Wiederaufbau Kambodschas."
Sisyphosarbeit
Das Ende der Pilotphase des von den Smithosian-Museen in Washington und der Getty-Stiftung geförderten Projekts kommt in diesem September. Nach fast zwei Jahren in Phnom Penh kehrt Charette in die USA zurück und wird sich neuen Aufgaben widmen.
"Das ist ein Beitrag zum Erhalt der Khmer-Kultur und zum Wiederaufbau Kambodschas"
(Sean Charette)
Aber so ganz auf sich alleine werden seine kambodschanischen Kollegen nicht gestellt sein. Alle fünf Monate etwa wird Charette für ein paar Wochen in die kambodschanische Hauptstadt reisen, um mit den Kollegen angefallene Probleme diskutieren und gemeinsam nach Lösungen suchen. (Sean Charette)
Schon die Sichtung der Museumsbestände an metallenen Kunstgegenständen ist eine Sisyphosarbeit. 6800 Metallobjekte hat die Inventur in den Kellern des National-Museums bereits erfasst. Charette weiß: "Die Zahl nimmt kontinuierlich zu. Es kommen immer mehr Objekte von regionalen Museen und Ausgrabungsstätten. Aber es werden auch noch immer Stücke in Kisten und Winkeln hier im Museum gefunden."
Vom Auffinden bis zur Behandlung wird jeder Arbeitsschritt genauestens dokumentiert. "Wir fertigen einen Bericht über den Zustand und den Behandlungsbedarf an. Dann wird eine Prioritätenliste erstellt: was sie brauchen, wo sie zu finden sind. Das kommt auch in die Datenbank."
Schäden wird mit Pinseln, Pinzetten und Skalpellen zu Leibe gerückt; Chemikalien finden kaum noch Einsatz. "Die benutzen wir nur bei Bronzefiguren zur Stabilisierung", erklärt Charette. Von den Säurenbädern, wie sie in den 1960er Jahren benutzt worden sind, seien die modernen Restauratoren ganz abgekommen. "Die haben alles von der Oberfläche weggeätzt und das Original so noch mehr zerstört."
Es wird aber nicht auf Teufel komm raus restauriert. So mancher Schaden bleibt und wird sogar konserviert, zumindest um zu vermeiden, dass sich zum Beispiel eine Korrosion fortsetzt.
"Konservierung geht über Restaurierung"
(Sean Charette)
"Konservierung geht über Restaurierung. Durch Restaurierung kann Authentizität verloren gehen", erläutert Charette, fügt aber schnell und mit Nachdruck hinzu: "Aber das ist immer eine Entscheidung von Fall zu Fall." (Sean Charette)
An den Kunstobjekten von unschätzbarem Wert nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Ein Riesenproblem ist auch die Lagerung im Keller des Museums. Der ist erstens feucht und wird zweitens während der Regenzeit mit schöner Regelmäßigkeit überflutet. Die Kanalisation von Phnom Penh verkraftet die sintflutartigen Regengüsse nicht, und so stehen innerhalb weniger Minuten ganze Straßenzüge knietief unter Wasser und Keller laufen voll.
"Ein anderes Problem ist die Luftfeuchtigkeit hier in den Tropen. Die setzt den Statuen auch ziemlich zu." Maßnahmen zur Verbesserung der Lagerung der Objekte gehören folglich ebenso zu den Aufgaben der Metallkonservateure. Charette betont: "Sonst haben wir den Patienten bald wieder zurück auf dem OP-Tisch."
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