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Supermagnete: Hochattraktiv und heiß begehrt

Superstarke Magnete würden die Leistung von Elektroautos und anderer grüner Technik enorm erhöhen. Warum ist es so schwer, sie herzustellen?
Elektromotor
Zum letzten Weihnachtsfest bekam Magnetforscher William McCallum eines der derzeit angesagtesten Spielzeuge geschenkt: "Buckyballs" – kleine, kugelförmige Magnete, die man zu beliebigen Formen zusammenfügen kann. Sie sind so stark, wären es Würfel und nicht Kugeln, man würde sie nicht auseinanderbekommen. Und noch sind sie auf dem neuesten Stand der Technik. Aber neben den Magneten, die McCallum entwickelt, würden sich die Buckyballs wie Schwächlinge ausnehmen.

McCallum ist Materialwissenschaftler an der Iowa State University in Ames, und er befasst sich mit zwei Problemen zur gleichen Zeit: mit der Stärke und mit dem Preis von Magneten. Fast während des gesamten 20. Jahrhunderts hat sich die Stärke der verfügbaren Magnete alle ein bis zwei Jahrzehnte verdoppelt. Doch in den 1990er Jahren kam diese Entwicklung zum Stillstand. Seitdem ist es noch schwieriger geworden, Hightech-Produkte wie zum Beispiel Elektroautos effizienter zu machen. Zudem schossen in den vergangenen zwei Jahren die Preise für Seltene Erden – Elemente, die von großer Wichtigkeit für die Herstellung fortschrittlicher Magnete sind – in die Höhe. Der Preis von Neodymoxid ist allein 2010 von 17 auf 85 US-Dollar pro Kilogramm gestiegen.

Trotz ihrer Bezeichnung sind Seltene Erden wie Neodym nicht wirklich geologisch selten – aber es ist teuer, sie zu gewinnen und zu verarbeiten. China, das gegenwärtig 95 Prozent der weltweit pro Jahr produzierten 96 000 Tonnen liefert, schränkt seine Exporte immer stärker ein, obwohl der Bedarf boomt. Aus diesen Elementen hergestellte Magnete finden sich im Herzen jeder modernen Technik – von Handys über Laptops bis zu hocheffizienten Waschmaschinen. Und viele Geräte, die Teil der "grünen Wirtschaft" sind, erfordern substanzielle Mengen: Ein Elektroauto enthält einige Kilogramm Seltener Erden, eine Drei-Megawatt-Windturbine benötigt 1,5 Tonnen. Der Bedarf stieg von 30 000 Tonnen in den 1980ern auf 120 000 Tonnen im Jahr 2010. Zum Teil konnte er durch Rückgriff auf nationale Reserven gedeckt werden. Doch bis 2015 erwartet Gareth Hatch, Gründer der Beratungsagentur Technology Metals Research in Carpentersville im US-Bundesstaat Illinois, einen Anstieg auf 200 000 Tonnen.

Kräfte des Markts | Ein starker Anstieg des Bedarfs an Neodym-Eisen-Bor-Magneten hat die Produktion bis 2007 wachsen lassen. Dann sorgte die globale Wirtschaftskrise für einen kurzfristigen Einbruch. Quelle: W. T. BENECKI, T. K. CLAGETT & S. R. TROUT PERMANENT MAGNETS 2010–2020 (2010)
Große Hoffnungen setzen Forscher daher auf eine weit verbreitete Idee, die beide Probleme auf einmal lösen würde. Magnete der "nächsten Generation" könnten auf einer Kombination von magnetischen Nanopartikeln aus Seltenen Erden und billigeren magnetischen Materialien basieren. Die superstarken Endprodukte enthalten dadurch sehr viel weniger der teuren Stoffe. Regierungen, die in energieeffiziente Technik investieren wollen und die vor dem globalen Zusammenbruch des Marktes für Seltene Erden Angst haben, sind inzwischen auf die Magnetforschung aufmerksam geworden.

In den Vereinigten Staaten etwa pumpte das Energieministerium (Department of Energy), zu dem die Advanced Research Projects Agency – Energy (ARPA-E; auf Deutsch etwa: Behörde für fortschrittliche Forschungsprojekte, Bereich Energie) gehört, Fördergelder in Millionenhöhe in die Forschung. Die ARPA-E wurde 2009 gegründet, um wirtschaftlich riskante, aber potenziell "umgestaltende" Technologien auf den Markt zu bringen. ARPA-E stellt 6,6 Millionen Dollar für die Erforschung von Magneten der nächsten Generation zur Verfügung – ein kräftiger Anschub für dieses Forschungsgebiet. Die nächste magnetische Revolution sei "lange überfällig", sagt George Hadjipanayis, Physiker an der University of Delaware in Newark, Leiter eines mit 4,4 Millionen Dollar ausgestatteten ARPA-E-Konsortiums, zu dem auch McCallum gehört. "Wir müssen es schaffen."

Permanentmagnete erhalten ihre Kraft durch die Umlaufbahnen und Spins der Elektronen, die sich in einem äußeren Magnetfeld ausrichten und nach Abschalten dieses Feldes ausgerichtet bleiben. Eingeteilt werden sie nach ihrem "Energieprodukt" in Kilojoule pro Kubikmeter, einer Kombination daraus, wie stark sie auf ein äußeres Feld reagieren (ihre Magnetisierung) und wie stark sie einer Entmagnetisierung widerstehen. Beide Eigenschaften sind nicht immer aneinandergekoppelt. Eisen-Kobalt-Legierungen beispielsweise haben die höchste bekannte potenzielle Magnetisierung, doch ihr Energieprodukt ist effektiv gleich null, weil sie sich leicht entmagnetisieren lassen. Schuld daran ist die symmetrische kubische Kristallstruktur des Materials, in der nichts die Spinrichtung der Elektronen festhält. Ein leichter Stoß oder ein nahes Magnetfeld genügt daher oft schon, um sie aus ihrer Ausrichtung herausspringen zu lassen.

Synchrone Spins

Neuere magnetische Materialien besitzen eine komplexe Kristallstruktur, die dabei hilft, die Spins auszurichten. In den 1950er Jahren erreichten die besten derartigen Magnete, hergestellt aus "Alnico", einer Legierung aus Eisen, Aluminium, Nickel und Kobalt, ein Energieprodukt von 40 Kilojoule pro Kubikmeter. In den 1960ern gab es die erste Generation von Magneten aus Seltenen Erden, hergestellt aus Samarium und Kobalt, die schließlich ein Energieprodukt von über 250 Kilojoule pro Kubikmeter hatten. In den 1980ern schufen die Forscher schließlich Magnete aus einer Neodym-Eisen-Bor-Legierung (NIB), die einen Rekord von 470 Kilojoule pro Kubikmeter aufstellten. Wenn die Magnete bei hohen Temperaturen arbeiten müssen, wird der Legierung noch Dysprosium beigefügt.

Ende des Fortschritts | Im größten Teil des 20. Jahrhunderts wuchs die Stärke von Magneten etwa alle zehn Jahre durch die Einführung neuer Materialien sprunghaft an. Dieser Fortschritt ist nun langsamer geworden – doch die Forscher hoffen, dass es schon bald einen neuen Sprung gibt.
Quelle: O. GUTFLEISCH ET AL. ADV. MATER. 23, 821–842 (2011)
Die Forscher träumen davon, die magnetische Stärke einer Eisen-Kobalt-Legierung mit der Stabilität eines NIB-Magneten zu vereinen. Das sollte möglich sein, indem man Nanopartikel beider Substanzen kombiniert und sie so dicht packt, dass benachbarte Elektronen sich gegenseitig beeinflussen und so die Ausrichtung aufrechterhalten. Theoretisch könnte ein solches Nanokompositum ein Energieprodukt von sagenhaften 960 Kilojoule pro Kubikmeter erreichen, wobei die Seltenen Erden gerade einmal fünf Prozent der Masse ausmachen würden – in einem normalen NIB-Magneten sind es ganze 27 Prozent. Doch die Herstellung eines solchen Kompositums ist extrem schwierig.

Die Partikel eines funktionierenden Nanokompositums müssen sehr klein sein – weniger als zehn Nanometer –, sie müssen die richtige Kristallstruktur haben, ihre magnetischen Orientierungen müssen parallel ausgerichtet sein, und sie müssen dicht gepackt sein. All diese Anforderungen gleichzeitig zu erfüllen, ist ein Albtraum für die Ingenieure. Hinzu kommt noch, dass Nanopartikel aus Seltenen Erden nicht stabil sind – sie reagieren mit Sauerstoff, was ihre magnetischen Eigenschaften zerstört.

2006 entwickelte ein Team um Ping Liu, Physiker an der University of Texas in Arlington, ein Herstellungsverfahren, das Stahlkugeln verwendet, um magnetisches Material mit der gewünschten Kristallstruktur in einer mit einem Reinigungsmittel versetzten Lösung zu zermahlen. "Wir haben Jahre bis zur ersten Veröffentlichung gebraucht", erzählt Liu. Am Ende hätten ihn seine Postdocs dafür verflucht. Der Trick mit der Seife hilft dem Team dabei, Nanokörner zu produzieren, die nicht aneinanderhaften, aber ihre magnetischen Eigenschaften behalten. Hadjipanayis verwendet das gleiche Verfahren. Nach eigener Aussage hat er im vergangenen Jahr Körnchen mit einer Größe von gerade einmal 2,7 Nanometern hergestellt.

Noch schwieriger ist es, aus diesen Körnchen einen großen Magneten zusammenzufügen. Ein Standardverfahren dafür ist, die Körner zusammenzupressen und auf 800 bis 1000 Grad Celsius zu erhitzen. Doch dabei beginnen die Körner zu verschmelzen, und sie werden zu groß, um noch einen kooperativen Nanokompositum-Effekt hervorzubringen. Eine andere Methode versucht, die Körner mit Polymerkleber zu verbinden – doch dadurch wird das magnetische Material zu stark verdünnt.

Aber es gibt Alternativen. Hadjipanayis plant, die eine Hälfte der Nanopartikel elektrisch positiv aufzuladen, die andere Hälfte elektrisch negativ, so dass die Körnchen sich elektrostatisch aneinanderbinden. Lius Gruppe drückt ein halbes Gramm Nanokörnchen 30 Minuten lang in einer Presse zusammen statt wie bisher nur eine halbe Minute. Zusätzlich erwärmen die Forscher das Material auf etwa 500 Grad Celsius, eine Temperatur, bei der sich die Partikel leichter verformen, aber noch nicht völlig zerstört werden. Mit dieser Methode konnte Liu relativ starke und dichte Magnete herstellen, doch die Körnchen sind nicht magnetisch ausgerichtet. Daher sind diese Magnete immer noch schwächer als Standard-NIB-Magnete.

Die Ausrichtung ist die letzte große Hürde. Lius Gruppe versucht, sie mit einem zweiten langsamen Verdichtungsprozess zu überwinden. Doch der Erfolg hält sich bislang in Grenzen. Es gilt, an den Details des Verfahrens zu drehen und zu hoffen, dass irgendwann ein Rezept herausspringt, das funktioniert. "Ich hoffe, dass wir es schaffen werden, bevor ich in Rente gehe", sagt Liu.

Konkurrenz aus der Wirtschaft

Bis dahin könnten ihn die Konkurrenten längst überholt haben. Das Technik-Unternehmen General Electric, dessen Hauptsitz in Fairfield, Connecticut, liegt, hat sein Team für Magnetforschung vergrößert und verwendet ARPA-E-Fördermittel in Höhe von 2,2 Millionen Dollar, um Nanokomposite zu erforschen.
"Ja, es ist ambitioniert. Aber genau deshalb müssen wir es machen."
Gareth Hatch
Das Unternehmen hat im Januar mit experimentellen Arbeiten begonnen und erklärte gegenüber "Nature", dass es über ein gutes Verfahren zur Herstellung von kristallinen Körnchen verfüge – ohne allerdings Einzelheiten zu nennen.

Im vergangenen Dezember veröffentlichte das US-Department of Energy seine "Critical Materials Strategy" (etwa: Strategie für Materialien mit entscheidender Bedeutung), die einen Drei-Punkte-Plan für den Umgang mit dem Mangel an Seltenen Erden vorschlägt: Sicherung neuer Quellen, Förderung der Wiederverwertung und Erforschung von Alternativen, wie etwa Magneten einer neuen Generation. Diese Neuausrichtung auf stärkere Magnete ist eine willkommene Änderung, die sich auszahlen kann, meint Liu. Seine Berechnungen zeigen, dass eine Verdopplung der Magnetstärke in Elektroautos die Effizienz der Motoren um etwa 70 Prozent steigert. Allerdings hängt dieses Ergebnis stark von der Art des Magneten und der Art des Motors ab.

Die USA scheinen zwar die stärksten Anstrengungen zur Entwicklung stärkerer Magnete zu unternehmen, doch andere Länder haben mehr Geld in die Magnetforschung investiert, sagt Liu. Der Fünf-Jahres-Plan für die chinesische Wirtschaft enthält umgerechnet 610 Milliarden US-Dollar, die in sieben "strategischen, neu entstehenden Industrien" eingesetzt werden sollen – darunter Energiesysteme, saubere Autos und neue Materialien. Beobachter wie Hatch und Liu setzen große Erwartungen in diese Investitionen. Auch Japan hat erheblich in den Bereich Magnetforschung seiner Hightech-Industrie investiert. Es gibt in Japan eine starke Zusammenarbeit zwischen Regierung und Industrie. Allerdings wurde eines der größten Zentren der Magnetforschung an der Tohoku-Universität in Sendai im März von dem Erdbeben und dem Tsunami getroffen.

Im vergangenen Jahr offerierte die Europäische Union im Rahmen ihrer Forschungsförderung vier Millionen Euro für Forschungsgruppen, die neue Materialien entwickeln, mit dem Ziel, Seltene Erden vollständig zu ersetzen. Viele Wissenschaftler finden das allerdings übertrieben. "Wissenschaftlich gesehen ist das ein Witz", sagt Liu über den Versuch, Seltene Erden ganz aus starken Magneten zu verbannen. Die Vorschläge einiger großer Forschungseinrichtungen wurden abgelehnt, weil sie lediglich die Menge an Seltenen Erden in Magneten reduzieren wollten, erklärt Dominique Givord vom Louis Néel Laboratorium in Grenoble, Frankreich. Aber auch die neue Magnetgeneration aus Nanokompositen wird noch länger auf sich warten lassen, wie viele Wissenschaftler zugeben. "Ich weiß, dass diese Aktivität in den USA immer populärer wird, aber ich habe das Gefühl, dieses Ziel ist ein wenig zu hoch gesteckt", sagt Kazuhiro Hono vom National Institute for Materials Science in Tsukuba, Japan. Givord stimmt zu: "Es ist eine außerordentliche Herausforderung." Realistischer wären seiner Ansicht nach Versuche, existierende Magnete etwas stärker und etwas billiger zu machen, indem man ihre Mikrostruktur verändert. In Japan haben solche Ansätze bereits geholfen, den Bedarf an Dysprosium zu senken.

Doch Hatch, der seit fast zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet arbeitet, findet, Magnete der nächsten Generation seien die Schlacht wert: "Ja, es ist ambitioniert. Aber genau deshalb müssen wir es machen. Es ist an der Zeit, Geld in diese Forschungen zu stecken."

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