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Jupitermonde: Ein Magmaozean im Inneren von Io

Der Jupitermond Io ist unterhalb seiner festen Kruste glutflüssig. Darauf weisen die Verteilung seiner aktiven Vulkane und der enorme Wärmefluss hin. Dies ergibt sich aus der Auswertung von Infrarotbildern der NASA-Raumsonde Juno.
Zwölf Ansichten des Jupitermonds Io, aufgenommen von der Raumsonde Juno
Der Jupitermond Io ist der geologisch aktivste Himmelskörper im Sonnensystem.

Mit der Infrarotkamera JIRAM, dem Jovian Infrared Auroral Mapper an Bord der Jupitersonde Juno, lassen sich neben Polarlichtern auf dem Gasriesen auch die Vulkane des innersten großen Mondes Io beobachten und analysieren. Ein Team um Ashley Gerard Davies vom Jet Propulsion Laboratory der NASA im kalifornischen Pasadena nutzte nun die Bilddaten mehrerer Vorbeiflüge von Juno an Io, um die Karte der aktiven Vulkane im Bereich der von den Vorgängerraumsonden bisher kaum fotografierten Polargebiete des Mondes zu vervollständigen. Die Gruppe veröffentlichte ihre Ergebnisse im Fachjournal »Nature Astronomy«. Wie sich bei der Analyse zeigte, gibt es derzeit 266 warme bis heiße Flecken auf Io, die sich mehr oder weniger homogen über die gesamte Mondoberfläche verteilen. An den Polen sind etwas weniger Vulkane zu finden, vor allem am Südpol. Dies könnte auf Unterschiede im Aufbau der Gesteinskruste zurückgehen. Alle Vulkane werden vermutlich von einem Magmaozean dicht unterhalb der festen Kruste von etwa 40 Kilometer Dicke gespeist.

Damit ist Io im Gegensatz zur Erde zumindest im oberen Bereich seines Gesteinsmantels glutflüssig. Bei der Erde ist der Mantel fest, kann sich aber plastisch verformen. Lediglich in der Grenzschicht zwischen Kruste, genauer der Lithosphäre, und Erdmantel befinden sich in der Asthenosphäre maximal ein bis zwei Prozent Schmelze in einem sonst festen Gestein. Bei Io hingegen ist die Asthenosphäre zum größten Teil aufgeschmolzen.

Globale Karte der heißen Flecken auf dem Jupitermond Io | Die Infrarotkamera JIRAM an Bord der NASA-Raumsonde Juno erstellte diese Karte der heißen Flecken auf dem Jupitermond Io. Die Messdaten wurden bei einer Wellenlänge von 4,8 Mikrometern aufgenommen. Die Größen und Farben geben die jeweilige Intensität der Infrarotquelle wieder, die Einheit ist Gigawatt pro Mikrometer. An den Polen gibt es weniger und eher schwächere heiße Stellen als um den Äquator. Die Karte ist in der Mollweide-Projektion erstellt, die schwarz-weiße Hintergrundkarte stammt aus Bilddaten der Raumsonden Voyager 1 und 2 sowie Galileo.

Für ihre Untersuchungen nutzte die Gruppe Bilddaten der seit dem Jahr 2016 im Jupiterumlauf befindlichen Sonde Juno bis zum Jahr 2022. Die räumliche Auflösung der Bilder beträgt zwischen 151 und 20 Kilometer pro Bildpunkt. Die Bilder wurden mit JIRAM bei einer Wellenlänge von 4,8 Mikrometern aufgenommen. Die 266 warmen bis heißen Flecken weisen Temperaturen zwischen –70 und +1160 Grad Celsius auf. Die nicht aktive Io-Oberfläche hat eine mittlere Temperatur von –140 Grad Celsius.

Aus den Bilddaten erstellte das Team um Davies eine globale Karte von Io, auf der alle aktiven Gebiete eingetragen sind. Der von ihnen jeweils ausgehende Wärmefluss kann sich zwischen den schwächsten, gerade noch nachweisbaren warmen Flecken bis zu hochaktiven Vulkanen um den Faktor 10 000 unterscheiden. Die kühlsten warmen Flecken setzen rund 0,01 Gigawatt pro Mikrometer an Wärme frei, die heißesten dagegen bis zu 100 Gigawatt pro Mikrometer. Im Allgemeinen gibt Io etwa das Zehnfache an Wärme aus seinem Inneren ab als die sehr viel größere und massereichere Erde.

Dieser enorme Wärmefluss lässt sich auf die Gezeitenreibung zurückführen. Zwar wendet Io Jupiter wie der Erdmond unserem Planeten stets die gleiche Seite zu, er rotiert also gebunden. Damit entspricht die Dauer eines Umlaufs von rund 42 Stunden genau der Rotation um die eigene Achse. Allerdings gilt dies nur in einem ungestörten System. Durch die Schwerkraft der Nachbarmonde Europa und Ganymed wird Io immer wieder geringfügig aus seiner Ruhelage abgelenkt, so dass die durch die starke Jupiterschwerkraft erzeugten Gezeitenberge etwas hin- und herwandern. Sie sind bis zu 100 Meter hoch, und das im festen Gestein. Zum Vergleich: Die durch Sonne und Mond erzeugten Gezeitenberge der festen Erde sind etwa einen halben Meter hoch. Da Umlaufzeiten von Europa und Ganymed in einem ganzzahligen Verhältnis zur Umlaufdauer von Io stehen, wird dieser Mond bei jedem Umlauf regelrecht durchgewalkt, wodurch die enormen Wärmemengen durch Reibung im Gestein entstehen.

Zum Jahreswechsel und Anfang Februar 2024 wird die Raumsonde Juno dem Mond Io besonders nahekommen. Bei den Vorbeiflügen wagt sich die Sonde bis auf jeweils etwa 1500 Kilometer an die Oberfläche heran. Dabei werden JIRAM und die Kamera JunoCam zahlreiche Aufnahmen in großer Schärfe machen, die noch mehr Einblick in das vulkanische Geschehen auf Io bieten werden.

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