Ernährung: Klimawandel erschwert die Fischerei
Der menschengemachte Klimawandel gefährdet in zahlreichen Regionen die Erträge des Fischfangs und damit die Nahrungsmittelversorgung. In etwa 65 Ländern droht er die Fangmengen zu vermindern. Das berichten Wissenschaftler um Eva Maire von der Lancaster University in England. Sie haben eine Studie darüber in der Fachzeitschrift »Current Biology« veröffentlicht.
Fische liefern wichtige Mikronährstoffe wie Vitamin A, Omega-Fettsäuren sowie eisen-, zink- und kalziumhaltige Mineralstoffe. Diese Substanzen sind für den menschlichen Organismus lebensnotwendig, er kann sie jedoch nicht bedarfsdeckend selbst herstellen und muss sie – oder Vorstufen von ihnen – deshalb zugeführt bekommen. In vielen Ländern, insbesondere Afrikas und Südostasiens, mangelt es an Lebensmitteln mit ausreichend hohem Mikronährstoffgehalt. Meerestiere gehören dort zu den wichtigsten Quellen solcher Nahrungsbestandteile. Länder wie Mosambik, Kambodscha, Indonesien und Malaysia sind daher stark auf Fischfang angewiesen, um ihre Einwohner hinreichend ernähren zu können.
Daten zu mehr als 800 Fischarten
Maire und ihr Team haben für 157 Länder rund um den Globus untersucht, wie der Klimawandel beziehungsweise die Überfischung die Fangmengen gefährden – und wie sich das auf die Ernährungssicherheit auswirkt. Die Forscherinnen und Forscher zogen dazu verschiedene Datenbanken heran, die Angaben über mehr als 800 Fischarten enthalten. Daraus ließen sich Informationen etwa zur Körpergröße, dem Zeitpunkt der Geschlechtsreife, der Fruchtbarkeit, dem Verbreitungsgebiet, dem Temperatur-Toleranzbereich, dem räumlichem Verhalten, dem maximalem Lebensalter und dem Mikronährstoffgehalt der jeweiligen Art entnehmen. Aus solchen biologischen Merkmalen heraus lässt sich abschätzen, wie empfindlich die Spezies auf äußere Einwirkungen wie einen bestimmten Bejagungsdruck oder die künftig zu erwartenden Klimaänderungen reagiert.
Laut der Studie gefährdet der Klimawandel die Fischereierträge in etwa 65 Ländern. Dazu gehören ausgerechnet jene Staaten, die zur Versorgung ihrer Bevölkerung besonders stark vom Fischfang abhängen – allen voran tropische Länder in Südostasien und Afrika. Dort sind die gefangenen Arten tendenziell besonders nährstoffreich, zugleich aber auch besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels.
Überfischung bedrohe die Mikronährstoff-Versorgung insgesamt nicht so stark wie der Klimawandel, schreiben die Wissenschaftler. Sie vermindere die Fangmengen vor allem bei solchen Spezies, die – bezogen auf die Biomasse – relativ nährstoffarm seien.
Zu den Fischarten, die in den Tropen als wichtige Nährstofflieferanten dienen, jedoch unter den klimatischen Veränderungen zu leiden haben, gehören die Indische Makrele (Rastrelliger kanagurta), die Kurze Makrele (Rastrelliger brachysoma), der Heringsartige Ethmalosa fimbriata und die Gemeine Goldmakrele (Coryphaena hippurus). Einige Länder, denen klimatisch bedingte Fangverluste drohen, können gegensteuern – und zwar, indem sie künftig andere Spezies bejagen, die ebenfalls nährstoffreich sind, aber zugleich robuster, wie die Wissenschaftler schreiben. Allerdings stehe diese Möglichkeit nicht allen offen.
Aaron MacNeil von der Dalhousie University (Kanada), einer der beteiligten Forscher, zieht das Fazit: »Unsere Studie zeigt, dass es für die Ernährungssicherheit und für die Bekämpfung der Unterernährung nötig ist, die Fischerei-, die Klima- und die Ernährungspolitik aufeinander abzustimmen, um die Mikronährstoff-Versorgung für die heutigen und die künftigen Generationen zu sichern.«
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