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News: Krabbelnde Medizin

1928 entdeckte Alexander Fleming das Antibiotikum Penicillin - eine Sternstunde der Medizingeschichte. Seitdem haben aus Pilzen isolierte Antibiotika viele Menschenleben gerettet, doch die bakteriellen Krankheitserreger rüsten nach. Etliche Stämme sind bereits gegen die meisten Mittel resistent. Die Forschung sucht daher ständig nach neuen Substanzen, um Bakterien wirksam bekämpfen zu können. Eine neue Quelle könnten Insekten sein.
"Insekten leben oft in feindlicher Umgebung und sind nicht sehr langlebig – sie brauchen daher eine schnelle Methode, um Bakterien abzutöten", erklärt Laszlo Otvos Jr. vom Wistar Institute in Philadelphia. Der Forscher hat sich dem Immunsystem der Insekten verschrieben. Die Arthropoden, zu denen die Insekten gehören, verfügen nicht über die Abwehrreaktion durch spezifische Antikörper, wie sie für Säugetiere einschließlich des Menschen typisch ist. Dennoch haben sie in ihrer Evolution wirksame Mechanismen gegen ungewünschte Eindringlinge entwickelt. Schlüssel ihres Immunsystems ist eine Armada aus kleinen antimikrobiellen Peptiden. Diese Moleküle wirken nicht spezifisch gegen ein Antigen – wie die Antikörper der Säuger –, sondern gegen bestimmte Gruppen von Krankheitserregern wie gramnegative Bakterien, indem sie beispielsweise die Zellmembran der Bakterien durchlöchern, sodass diese absterben.

Die Arbeitsgruppe von Otvos isolierte diese antimikrobiellen Moleküle aus Pflanzensaft saugenden Insekten (Biochemistry vom 21. Oktober 2000). Die Wissenschaftler interessierten sich insbesondere für den Rezeptor des Moleküls im Bakterium. Es zeigte sich, dass das Molekül an das bakterielle Hitzeschock-Protein namens DnaK bindet. Hitzeschock-Proteine sind Reparaturenzyme bei Bakterien wie auch bei Pflanzen und Tieren, welche die Konformation anderer, temperaturlabile Proteine bei Temperaturanstieg stabilisiert. Sie erfüllen damit eine wichtige Funktion bei der Anpassung an äußere Temperaturschwankungen. Die antimikrobielle Wirkung des Insektenmoleküls beruht demnach auf der Zerstörung dieses Anpassungsmechanismus.

Das Insektenpeptid bindet jedoch nicht an das DnaK-Äquivalent im Menschen, das Protein Hsp70, das ebenfalls die Konformation anderer Proteine stabilisiert. Damit könnte das Peptid beim Menschen als Antibiotikum gegen Bakterien eingesetzt werden, ohne dass menschliche Zellen geschädigt werden. Laszlo Otvos zeigt sich hier optimistisch: "Mit der Kenntnis des Rezeptors ist das Tor zur Entwicklung stammspezifischer Antibiotika geöffnet."

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