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News: Lange Beine und Schwimmfüße

Klein und dick, lang und dünn - wer verwandt ist, kann trotzdem anders aussehen. Doch ein ähnliches Erscheinungsbild war lange Zeit das Kriterium, eine gemeinsame Abstammung anzunehmen. Dass dies nicht zutreffen muss, zeigen nun einmal mehr genetische Analysen der Wasservögel: Sie gruppieren Flamingos direkt neben Lappentaucher. Und das wirft so manchen Stammbaum durcheinander.
Ordnung muss sein. Um diesem Grundsatz Genüge zu tun, beschäftigen sich zahlreiche Biologen mit den Verwandtschaftsverhältnissen von Tieren und Pflanzen, rekonstruieren Stammbäume und den Ablauf der Evolution für die letzten Jahrmillionen – bis jemand andere Methoden anwendet und das ganze Gebilde wieder ins Wanken gerät. Besonders häufig geschieht dies, wenn Molekularbiologen sich der Fragen annehmen und die Klassifikation durcheinander bringen, die bisher meist auf morphologischen oder anatomischen Merkmalen beruhte. Denn die Gene erzählen oft eine ganz andere Geschichte als das Aussehen.

So auch beim Stammbaum der Vögel: Zwei Arbeitsgruppen – eine um Blair Hedges von der Pennsylvania State University, die andere um John Kirsch von der University of Wisconsin – betrachteten nun die Abstammungsverhältnisse der Wasservögel. Dafür wählten sie verschiedene Verfahren. Hedges und seine Mitarbeiter konzentrierten sich bei 28 Arten auf die DNA-Sequenz von sechs Genen, während Kirsch und sein Team für 21 Arten eine DNA-Hybridisierung durchführten, mit der sie die Ähnlichkeit des gesamten Genoms ermittelten.

Dabei erhielten sie erstaunliche Ergebnisse. So sollen unter anderem Flamingos (Phoenicopteridae) am engsten mit den Lappentauchern (Podicipedidae) verwandt sein – zwei Familien, wie sie unterschiedlicher fast nicht sein können. Denn während die hochgewachsenen Flamingos, bekannt für ihre langen, roten Beine, am Ufer von Salzseen und Brackgewässern nach Nahrung stochern, fühlen sich die gedrungenen Lappentaucher eigentlich nur im Wasser wohl, wo sie mithilfe ihrer mit Schwimmhäuten ausgestatteten Füße ausgedehnte Tauchausflüge unternehmen.

Das klassische Konzept, die Vögel nach morphologischen Merkmalen wie Schwimmfüßen in Gruppen einzuordnen, scheint damit überholt. Da sich diese beispielsweise in der neuen Ordnung quer durch alle Einheiten ziehen, müssen sie im Laufe der Evolution mehrmals unabhängig voneinander entstanden sein. Doch wie sicher sind die verblüffenden Ergebnisse? Hedges meint dazu: "Wir wussten, dass die Leute die Ergebnisse nur schwerlich akzeptieren würden. Darum entschlossen wir uns, die beiden Studien gemeinsam zu veröffentlichen, da das Gewicht der zusammengefügten Hinweise doch recht groß ist."

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