Schaltbares Fensterglas: Licht und Wärme getrennt aussperren
An heißen Sommertagen wären wir dankbar für Fenster, die zwar Tageslicht hineinlassen, die Wärme aber draußen halten. Forscher um Anna Llordés der Milliron Research Group am Lawrence Berkely National Laboratory in Kalifornien schufen jetzt den Prototyp einer Scheibe, an der sich Lichteinfall und Wärmezufuhr getrennt voneinander regeln lassen. Das Material aus einer Verbindung von Nanokristallen und einem Metalloxid verändert seinen Zustand abhängig davon, welche elektrische Spannung man anlegt – und ist je nach Zustand durchlässig für sichtbares Licht plus Wärmestrahlung oder eben nur für sichtbares Licht [1] .
Gläser, deren optische Eigenschaften man elektrisch regeln kann, werden schon heute in Häuser oder Autos eingebaut. Bisher lassen sie sich vor allem abdunkeln und funktionieren somit wie eine herkömmliche Jalousie: Legt man eine bestimmte Spannung an, färbt sich die Scheibe blau und hält damit Licht- und Wärmestrahlung ab. Die Erkenntnisse von Llordés und Kollegen könnten zur Entwicklung eines Fensters beitragen, das einen weiteren Zustand neben transparent und abgedunkelt einnehmen kann: lichtdurchlässig und gleichzeitig wärmeabweisend.
Den Prototyp für ein solches Fenster entwickelten die Wissenschaftler, indem sie Indium-Zinnoxid-Nanokristalle (ITO-Nanokristalle) in Nioboxid einbauten. Dabei machten sie sich zu Nutze, dass die beiden Stoffe unterschiedliche Arten elektromagnetischer Strahlung reflektieren. ITO-Nanokristalle können vor allem nicht sichtbare infrarote Strahlung – also Wärme – blockieren, während Nioboxid sichtbare Strahlung – also Helligkeit – moduliert.
Elektrische Spannung kann den Zustand beider Materialien verändern und auf diese Weise steuern, wie viel Wärme oder Helligkeit tatsächlich abgehalten wird. Dass Nioboxid in verschiedenen Zuständen unterschiedlich viel Licht einfallen lässt, liegt an der Struktur seiner Atombindungen.
Mit einem neuen Verfahren gelang es Llordés und ihren Mitstreitern nun, zusätzlich ITO-Nanokristalle in diese Struktur einzufügen und Atombindungen zwischen beiden Stoffen herzustellen. Der resultierende Stoff ist nicht nur insgesamt leichter durch elektrische Spannung zu verändern, sondern vereint zudem die optischen Eigenschaften beider Ausgangsstoffe in sich: In den Tests der Forscher war das Material bei 4 Volt durchlässig für Licht- und Wärmestrahlung, bei 2,3 Volt blockierte es infrarote Strahlung und blieb gleichzeitig lichtdurchlässig und bei 1,5 Volt wurde Strahlung aus beiden Bereichen des Spektrums reflektiert.
"Auch nach mehr als 40 Jahren Forschung an so genannten elektrochromen Gläsern gilt die getrennte Steuerung von sichtbarer und infraroter Strahlung durch diese noch immer als heiliger Gral, weil man damit die Energie zur Beleuchtung und Heizung von Gebäuden reduzieren könnte", fasst Llordés zusammen. "Nanocrystal-in-glass", wie die Forscher ihren Ansatz nennen, sei ein erster Schritt hin zu einer effizienteren Energienutzung durch speziell beschaffene Fenster.
Ob die Nanokristallgläser aus dem Labor in Zukunft Anwendung in echten Gebäuden finden werden, bleibt aber abzuwarten. Viele der Materialen, mit denen die Milliron-Gruppe und andere Kollegen gearbeitet hätten, seien ungeeignet für echte Bauvorhaben, so Brian Korgel von der University of Texas in Austin in einem begleitenden Kommentar [2]. Auch bleibe unklar, ob sich der Energieaufwand zur Herstellung, Instandhaltung und elektrischen Steuerung solcher Scheiben rechne.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen