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Evolution: Manche Bäume nutzen Blitze zu ihrem Vorteil

Einige große tropische Bäume überleben Blitzschläge nicht nur, sondern profitieren von ihnen. Eine Art scheint Blitze sogar gezielt anzuziehen – um Konkurrenz und Parasiten zu vernichten.
Ein nächtliches Gewitter mit mehreren Blitzen, die den Himmel erhellen. Silhouetten von Bäumen sind im Vordergrund sichtbar. Der Himmel ist in violetten und grauen Tönen gehalten, was die Dramatik der Szene verstärkt.
Gewitter treten in den Tropen häufig auf – deswegen ist es nicht überraschend, dass sich einige Bäume an Blitze angepasst haben.

Für die meisten Bäume sind Blitze verheerend – doch für einige Arten scheinen die extremen Stromschläge sogar nützlich zu sein. Diese natürlichen Blitzableiter überstehen Blitze nicht nur unbeschadet, sondern profitieren auch davon, wenn sie getroffen werden. Das beobachtete ein Team um Evan Gora vom Cary Institute of Ecosystem Studies in Millbrook in den USA an Bäumen der Art Dipteryx oleifera. Wie die Arbeitsgruppe berichtet, beschädigen direkte Treffer diese Bäume kaum, töten aber die meisten der parasitischen Rankpflanzen und zudem mehrere benachbarte, konkurrierende Bäume. Ihrer Berechnung zufolge hat Dipteryx über seine Lebensdauer gerechnet dadurch 14-mal so viele Nachkommen wie ohne die Blitze.

Neben solchem direkten Nutzen vermuten die Fachleute, dass es für große Bäume wie Dipteryx oleifera schlicht notwendig ist, eine Resistenz gegen Blitze zu evolvieren. Denn diese treffen überwiegend die größten Individuen, mit dem Effekt, dass zum Beispiel im Untersuchungsgebiet in Panama rund die Hälfte der Bäume mit mehr als 60 Zentimeter Stammdurchmesser irgendwann an Blitzschlag stirbt. Schon lange galt es deswegen als wahrscheinlich, dass sich manche Bäume an Blitzschläge angepasst haben, ganz ähnlich wie manche Arten an regelmäßige Waldbrände. Doch Belege dafür fehlten bisher.

Das Team um Gora nutzte ein Blitzortungssystem, um in Zentralpanama 93 von Blitzen getroffene Bäume zu lokalisieren. Zusätzlich verglich die Arbeitsgruppe das durchschnittliche Sterberisiko von Baumpopulationen, um Arten mit geringer Sterblichkeit zu identifizieren. Wegen der insgesamt hohen Sterblichkeit durch Blitzschlag sollten blitzresistente Arten im Durchschnitt länger leben. Auf diese Weise identifizierten die Fachleute insgesamt sieben Baumarten, die mit einiger Wahrscheinlichkeit evolviert sind, Blitze zu überleben. Neben dem offensichtlichen Vorteil, nicht zu sterben, hat das für die Bäume den Zusatznutzen, unerwünschte Konkurrenz in der Umgebung zu beschädigen oder zu töten.

Dipteryx oleifera allerdings scheint die Strategie sogar aktiv gegen seine Umgebung einzusetzen; der Baum wird für seinen Stammdurchmesser ungewöhnlich groß und bildet sehr breite Kronen aus. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit eines direkten Blitzeinschlags um bis zu 70 Prozent. Gleichzeitig haben die ausladenden Äste mehr Kontaktpunkte zu benachbarten Bäumen, an denen der Blitz auf die nahe Konkurrenz überspringen kann. Im Durchschnitt vernichteten zehn Blitzschläge mehr als zwei Tonnen Biomasse benachbarter Bäume und rund 80 Prozent der auf dem Baum wachsenden parasitischen Lianen.

  • Quellen
New Phytologist 10.1111/nph.70062, 2025

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