News: Medikamente mit Mehrwert
Patienten, denen ein neues Herz eingepflanzt wird, erhalten oft – unabhängig von Immunsuppressiva – Medikamente zur Senkung ihres Cholesterinspiegels. Bewährt haben sich die so genannten Statine, wie Pravastatin, Simvastatin oder Lovastatin. Sie blockieren das spezifische Enzym für die Cholesterinsynthese, die 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase. Ein erhöhter Cholesterinspiegel des Blutes gilt als Risikofaktor für Herzinfarkte, da es zur Verstopfung von Blutgefäßen, zur Atherosklerose, führen kann. Bei Herztransplantationspatienten verzögerten Statine zur Überraschung der Mediziner auch die Abstoßungsreaktionen gegen das fremde Herz.
Dieser Sache ging Brenda Kwak zusammen mit ihren Kollegen vom Universitätskrankenhaus in Genf nach. Sie entdeckten, dass Statine die Immunantwort des Körpers lahmlegen können, indem sie die Aktivierung der T-Helferzellen des Immunsystems verhindern (Nature Medicine vom Dezember 2000). Diese Lymphocyten stimulieren wiederum die B-Zellen des Immunsystems, spezifische Antikörper zu bilden. Aktiviert werden die T-Helferzellen durch chemische Botenstoffe, den Cytokinen. Und genau hier setzen die Statine an: Sie blockieren die Bindung des Cytokins Interferon-gamma und verhindern damit die Aktivierung der T-Helferzellen. Insbesondere das Mittel Atorvastatin erwies sich als besonders wirksam. "Dieser unerwartete Effekt gibt uns die Grundlage für die Anwendung von Statinen als Immunsuppressiva – nicht nur bei Organtransplantationen, sondern auch bei zahlreiche Erkrankungen", ist Kwak überzeugt.
Der Mediziner Wulf Palinski von der University of California in La Jolla hält die Arbeit seiner Schweizer Kollegen für äußerst interessant, da hier zum ersten Mal ein biologischer Mechanismus der Wirkung von Statinen beschrieben wird. Dennoch mahnt er: "Man muss vorsichtig sein, wenn man Ergebnisse aus Laborstudien von Zellkulturen auf den Menschen übertragen möchte."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 3.6.1999
"Das Immunsystem wird ausgetrickst" - Spektrum Ticker vom 20.6.2000
"Freund oder Feind"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 1/99, Seite 14
"Wie Killerzellen scharf gemacht werden"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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