Mensch-Tier-Beziehung: Machen Haustiere glücklich?
Mit sechs wünschte ich mir nichts sehnlicher als einen Hund. Meine Eltern waren dagegen. Sie fürchteten den Unmut der Nachbarn, mit denen wir damals das Haus teilten. Dafür zogen in den folgenden Jahren sukzessive Wellensittiche, diverse Hamster, Kaninchen und Wasserschildkröten in unsere Mietwohnung ein. Natürlich experimentierte ich auch mit Kaulquappen und versuchte, verletzte Vögel mit Brotkügelchen aufzupäppeln.
Als Erwachsene legte ich mir zwei Katzen zu, und viele Jahre später kam ich dann doch noch auf den Hund. Eigentlich war ich immer davon ausgegangen, dass mich all die Erfahrungen mit Tieren positiv geprägt und mich womöglich sogar zu einem glücklicheren Menschen gemacht haben. Aber vielleicht bilde ich mir das nur ein?
Studien, die angeblich mannigfaltige wohltuende Wirkungen tierischer Freunde (von Hunden, Katzen, Vögeln, Meerschweinchen bis hin zu Fischen) auf Homo sapiens belegen sollen, gibt es wie Sand am Meer. Allerdings sind viele davon mit Vorsicht zu genießen. Denn: Sind Hundebesitzer wirklich fitter, weil sie mit dem Vierbeiner mehrmals am Tag Gassi gehen, oder liegt es vielmehr daran, dass sich Couchpotatoes erst gar kein bewegungsintensives Tier zulegen? Und vielleicht neigen Katzenhalter nur deshalb weniger zu Bluthochdruck, weil sie passabel verdienen und eher im eigenen Haus wohnen. Die sozialen und demografischen Unterschiede zwischen Tierlosen und Hunde- oder Katzenbesitzern sind beträchtlich (siehe »Wer lebt mit Mieze und Co?«).
Außerdem bescheinigen nicht alle Untersuchungen der tierischen Gefährtenschaft gesundheitliche Vorteile. Einige Studien kommen etwa zu dem beunruhigenden Schluss, Menschen mit Hund würden stärker von depressiven Symptomen geplagt, ganz zu schweigen von Parasiten und Krankheitserregern, die die Viecher angeschleppt haben! Skepsis scheint also angebracht: Gibt es den psychologischen Nutzen von Haustieren überhaupt? Und auf welche Weise genau profitieren Kinder, Erwachsene und Ältere von den tierischen Mitbewohnern? Viele Menschen stellen sich auch die Frage, ob es ethisch und ökologisch gesehen vertretbar ist, sich zum eigenen Pläsier ein Tier zu halten.
Nur ein Ersatz für Kinder?
Als mich kürzlich unser pubertierender Zwergpudelmix durch die Straßen des Viertels zerrte, begegneten wir einem älteren Herrn, der uns missbilligend musterte. »Ist das ein Welpe?«, blaffte er statt einer Begrüßung. »Äh, nein, …«, setzte ich an. Doch da murmelte der Mann schon etwas von angezüchtetem Kindchenschema und ging weiter. Ich ärgerte mich ziemlich. Offenbar hatte er einen Nerv getroffen. Schließlich beginnt sich unser Sohn gerade abzunabeln, und eine Freundin hatte über unseren Hundezuwachs bereits gespottet: »Das letzte Baby hat immer Fell!«
Der Gedanke ist nicht abwegig. Auch für den Neuropsychologen Luke Stoeckel vom Massachusetts General Hospital in Boston liegt der Vergleich nahe. Sein Team zeigte 14 im Kernspintomografen liegenden Müttern Fotos von Sohn, Tochter und eigenem Familienhund. Viele Frauen hätten sich über den Anblick ihres Tiers genauso gefreut wie über den der Sprösslinge. Die positive emotionale Reaktion spiegelte sich auch im Gehirn vergleichbar wider. So überlappte sich weitgehend die Aktivität von Hirnregionen, die an Belohnung, Emotionen und Zugehörigkeitsempfinden beteiligt sind.
Am entzücktesten erschienen jene Frauen, die eine enge Verbundenheit zum Familienhund beschrieben hatten. Das Konterfei eines ebenso niedlichen, gleichwohl fremden Hunds hatte bei keiner Mutter auch nur annähernd diesen Effekt. Allerdings aktivierten Bilder vom menschlichen Nachwuchs noch ein weiteres Hirnareal, das als kritisch für den Prozess der Bindung zum eigenen Baby sowie zum Liebespartner gilt. »Ich vermute, die Bindung zum Kind ist stärker als zum Hund, dennoch handelt es sich bei Letzterer um eine erstaunlich enge Beziehung«, sagt Stoeckel zu seinem Ergebnis.
Die Fellnasen erreichen demnach vielleicht nicht den Stellenwert des eigenen Babys, werden aber gefühlsmäßig eindeutig als Familienmitglied eingestuft. Das liegt vermutlich daran, dass Hund und Mensch schon seit 15 000 Jahren zusammenleben und es dabei zu einer Koevolution der kognitiven Fähigkeiten kam. So können die Nachfahren des Wolfs Zeigegesten, viele Dutzende Wörter und sogar die Mimik des Menschen richtig interpretieren. Einzigartig zwischen den beiden befreundeten Arten ist ihre Kommunikation über die Augen.
Der berühmte Hundeblick lässt Frauchen und Herrchen dahinschmelzen und führt bei ihnen zu einem regelrechten Flash an Bindungshormonen. Eine 2015 publizierte Studie eines japanischen Teams bewies zudem: Auch beim Hund wird gehörig Oxytozin ausgeschüttet, wenn ihm der menschliche Rudelführer tief in die Augen schaut. Zahme Wölfe hingegen vermieden in der Studie den Blickkontakt zu ihrer Pflegeperson, selbst wenn sie von klein auf mit ihr zusammenlebten.
Hunde haben sich offenbar erfolgreich in das menschliche Bindungssystem eingeklinkt. Dies reflektieren auch die Studienergebnisse eines Teams um Aikaterini Merkouri und Taryn Graham von der University of Liverpool, das im Jahr 2020 rund 1700 Hundehaltende befragt hatte. Viele von ihnen pflegten eine äußerst tiefe Beziehung zu ihrem Vierbeiner.
Die positiven Erfahrungen ließen sich in verschiedene Gruppen einteilen: Zum einen machte es den Hundebesitzern einfach Spaß (Hedonismus), das Tier zu beobachten oder mit ihm zusammen zu sein, zum anderen hatten sie das Gefühl, persönlich an der Beziehung zu wachsen (Eudaimonie). Nicht zuletzt erschien der eigene Hund als erfolgreicher Seelentröster. Die befragten Personen beschrieben das zum Beispiel so: »Er merkt instinktiv, wenn ich unglücklich bin. Dann kommt er zu mir und setzt sich neben mich« oder »Wenn ich einen schlechten Tag hatte, muntert er mich auf« bis hin zu »Er hat mich gerettet«.
Positive emotionale Erfahrungen können wir aber auch mit anderen Haustieren machen. Denn der Mensch knüpft nicht nur mit Hunden sehr freundschaftliche Bande. So hat sich die Katze, Deutschlands beliebtestes Haustier, in den letzten Jahrtausenden der Domestikation ebenfalls stark an Homo sapiens angepasst und kommuniziert sogar über speziell abgestimmte Laute mit ihren »Dosenöffnern«. Mein Mann dagegen gerät ins Schwärmen, wenn er von seinen Kindheitserfahrungen mit einem zahmen Frettchen erzählt. Die meisten Säugetiere machen es uns leicht, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Kein Wunder: Selbst eine Ratte steht uns in ihrem Sozialverhalten näher als ein Gecko.
Zeichen von Harmlosigkeit
Zudem ähnelt der Säugetiernachwuchs einem Menschenkind in etlichen äußerlichen Merkmalen sowie im Verhalten, sagt die italienische Forscherin Marta Borgi von der Universität Florenz. Ob runder Kopf, große Augen oder tapsige Bewegungen – je stärker das Kindliche noch im Erwachsenentier hervortritt, desto »süßer« finden wir die Spezies. Das gilt nicht nur für Frauen im gebärfähigen Alter, sondern bereits für dreijährige Jungen und Mädchen, so Borgi. Sie hat Hunderte von Probanden getestet. Babyfeatures wecken ihrer Einschätzung nach nicht nur Brutpflege- oder Beschützerinstinkte. Sie sind schlicht auch ein Hinweis darauf, dass ein Individuum ungefährlich ist und die Kontaktaufnahme vermutlich freundlich verlaufen wird.
Doch all das bedeutet nicht, dass Nichtsäugetiere wie zum Beispiel Vögel als Freunde ungeeignet sind. Unser erstes Wellensittichweibchen Cora etwa hatte sich meinen Vater als Lieblingsmenschen auserkoren. Sobald er von der Arbeit nach Hause kam, wich sie ihm nicht mehr von der Schulter. Abend für Abend begleitete sie fröhlich zwitschernd sein Gitarrenspiel und war damit fraglos seine treueste Bewunderin. Ihren Vogelgefährten ließ Cora in dieser Zeit übrigens links liegen.
Manche Fachleute sprechen von einem »Haustier-Effekt-Paradoxon« – die Halter würden »glauben wollen«, dass Hund und Katze ihnen guttun. In Wirklichkeit ginge es ihnen mit dem Tier jedoch schlechter
Die freundschaftliche Sympathie von Menschen für das von ihnen versorgte Tier kennt offenbar keine Artgrenzen. Das zeigte auch eine Befragung in England vor und während der strengsten Covid-19-Maßnahmen. Ein Großteil der rund 6000 Personen lebte mit Katzen, Hunden, Pferden, Ziegen sowie Vögeln, Fischen, Reptilien bis hin zu nicht näher bezeichneten Amphibien zusammen. Die allermeisten empfanden ihr Haustier als wichtige seelische Stütze in der Zeit der Isolation. Die Spezies war dabei zweitrangig, stellte die Gesundheitsforscherin Elena Ratschen von der University of York bei der Auswertung der Daten fest.
Erstaunlicherweise jedoch war das seelische Wohlbefinden jener Tierhalter mit dem engsten Verhältnis zu ihrem Tier zu Beginn der Corona-Maßnahmen eher schlechter. Dasselbe beobachteten Merkouri und Graham in ihrer Hundestudie: Jene, die eine besonders starke Bindung zu dem Vierbeiner beschrieben, waren ängstlicher und depressiver als andere. Tatsächlich finden etliche Erhebungen keinen positiven statistischen Zusammenhang zwischen Tierbesitz und seelischer Gesundheit. Manche Fachleute sprechen gar von einem »Haustier-Effekt-Paradoxon« – die Halter würden »glauben wollen«, dass Hund und Katze ihnen guttun. In Wirklichkeit ginge es ihnen mit dem Tier jedoch schlechter.
Verletzliche Tierliebhaber
Wie lässt sich das erklären? Ratschen postuliert, hohe Punktwerte auf der Tier-Mensch-Bindungsskala könnten eine Vulnerabilität des Tierhalters für psychische Probleme anzeigen. Merkouri vermutet eine »umgekehrte Kausalität« – je prekärer die Seelenlage, desto mehr Beistand suchten die Befragten bei ihrem Hund und desto inniger gestalte sich das Verhältnis. Eine Wiener Arbeitsgruppe um Christine Krouzecky dagegen verweist auf die zusätzliche Belastung, die die Pflege eines Haustiers gerade in Krisenzeiten bedeute. Viele Menschen würden sich daher falsche Hoffnungen machen, wenn sie sich zum Trost ein Tier anschafften.
Der Haken der Haustierforschung: Die meisten Untersuchungen sind Momentaufnahmen; sie vergleichen zu einem bestimmten Zeitpunkt etwa die Seelenlage von Tierbesitzern mit der von Tierlosen. Dabei berücksichtigen sie vielleicht noch soziodemografische Unterschiede, vernachlässigen aber die Gründe, warum sich eine Person für oder gegen einen Vierbeiner entschieden hat. Das Nonplusultra wären kontrollierte Interventionsstudien, in denen per Los ausgewählte Probanden ein Tier zur dauerhaften Pflege verordnet bekommen – was aber kaum praktikabel ist.
Zufrieden stellende Antworten liefern jedoch auch Untersuchungen, in denen die Haustierbesitzer über längere Zeit beobachtet werden. Die Soziologin Dawn Carr von der Florida State University etwa begleitete 400 Seniorinnen und Senioren über einen Zeitraum von acht Jahren. Etliche von ihnen verloren in diesem Zeitraum Ehefrau oder Ehemann, und wiederum ein Teil von ihnen hatte schon davor Hund oder Katze besessen. Das war nach dem Schicksalsschlag offenbar von Vorteil. »Ganz verhindern konnten die Tiere den Stimmungsabfall nach einem so großen Verlust natürlich nicht«, kommentierte Carr 2020 ihre Ergebnisse, »doch unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass sie depressive Symptome und Gefühle der Einsamkeit deutlich abschwächen.«
Emotionale Nähe als Grundbedürfnis
Etliche Langzeituntersuchungen legen nahe, dass Menschen sich von ihrem Haustier nachhaltig aufmuntern lassen, und zwar umso stärker, je enger die gegenseitige Bindung ist. Eigentlich liegt es auf der Hand: Emotionale Nähe zu erfahren – ob zu Mensch oder Tier –, tut gut, denn es ist ein Grundbedürfnis. Wenn es an menschlichen Kontakten fehlt, könnten tierische Gefährten hier eine Lücke füllen.
Sind Letztere also nur eine Krücke, eben ein mehr oder weniger notdürftiger Ersatz für menschliche Zuwendung und Gemeinschaft, an denen es den Betroffenen mangelt? Oder geben sie uns etwas, das unsere eigenen Artgenossen uns nicht schenken können?
Die typischen Haustierbesitzer sind nicht unbedingt Singles – gerade Hunde leben sogar besonders oft bei Paaren und in Familien mit Kindern. Das spricht gegen die Hypothese vom Haustier als Lückenbüßer, das vereinsamte Personen womöglich davon abhält, sich mit ihren Mitmenschen auseinanderzusetzen.
Neue Erkenntnisse liefert hier die »tiergestützte Therapie«. Die Liste der Berichte ist endlos: Therapiehunde erreichen Kinder, die im Wachkoma liegen, und zaubern Demenzkranken ein Lächeln ins Gesicht; Todkranke fühlen sich berührt, wenn sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Eule streicheln.
Aber auch die Zahl kontrollierter Studien wächst stetig. Etliche Untersuchungen mit Pferden, Hunden sowie Meerschweinchen belegen beispielsweise, dass Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung zu den Vierbeinern mitunter leichter Zugang finden als zu Menschen. Der vermutete Grund: Ein Tier »urteilt« nicht oder zumindest nach anderen Kriterien und steigert somit das Selbstwertgefühl des Gegenübers.
Autistische Kinder würden sich im Beisein der tierischen Wesen entspannen, und das helfe ihnen wiederum, etwa mit Gleichaltrigen in Kontakt zu treten, erklärt Marguerite O'Haire von der Purdue University in den USA. Die Psychologin hatte die Ergebnisse von 22 Studien zum Thema ausgewertet. Demzufolge wirken die Tiere wie ein Katalysator für den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen.
Vergleichbare Effekte finden sich auch für Kinder mit ADHS. Ein Team um Sabrina Schuck von der University of California in Irvine führte mit rund 80 Sieben- bis Neunjährigen ein dreimonatiges soziales Kompetenztraining durch. Bei einem zufällig ausgewählten Teil der Kinder assistierte während der viereinhalb Stunden pro Woche ein Therapiehund. Bei ihnen verbesserte sich das Selbstbewusstsein stärker als in der Gruppe, deren Trainer lediglich Plüschhunde dabeihatten.
Die Verhaltensbiologen Jana Meixner und Kurt Kotrschal von der Universität Wien bewerteten 2022, was Hunde in der Sonderpädagogik insgesamt leisten können. Aus 18 ausgewählten Studien schälten sie die Gemeinsamkeiten heraus. Demnach ist es kaum strittig, dass die Vierbeiner insbesondere in schwierigen Momenten die Kids bei der Stange halten, indem sie deeskalierend wirken.
Potente Pulssenker
Für den Beruhigungseffekt sprechen auch die Ergebnisse experimenteller Studien, in denen Menschen im Labor absichtlich in Aufregung versetzt werden. Zum Beispiel lässt die Aufforderung, eine Stegreifrede über die eigenen Vorzüge zu halten, Puls und Stresshormone normalerweise in die Höhe schnellen. Im Beisein eines Kaninchens oder einer Schildkröte blieben die Probanden messbar gelassener – obwohl sie das Tier zuvor nicht einmal persönlich gekannt hatten.
Tiere sorgen sich augenscheinlich nicht um das Morgen. Eine Unbekümmertheit, die ansteckend wirken kann: »Mein Hund hat mich gelehrt, im Jetzt zu leben«, erklärte eine Teilnehmerin in Merkouris Studie. Vielleicht auch deshalb steckten während der Corona-Zeit Menschen mit Haustier die psychische Belastung generell etwas besser weg als tierlose Zeitgenossen, übrigens unabhängig davon, wie innig das Verhältnis zu ihren Pfleglingen war. Allein die Tatsache, Pferd, Katze oder Vögel um sich zu haben und für sie zu sorgen, wirke sich stressmindernd aus, vermutet Ratschen. Haustiere würden gerade in schlechten Zeiten als eine Art »Stresspuffer« dienen.
»Mein Hund hat mich gelehrt, im Jetzt zu leben«anonyme Studienteilnehmerin
Natürlich kann man darüber streiten, ob Heimtierhaltung artgerecht und ethisch vertretbar ist. Auch der Verweis auf den ökologischen Pfotenabdruck der Fleischfresser ist leider berechtigt. Die meisten Tierheime sind allerdings überfüllt. Mit einer Aufnahme von Hund oder Katze aus dem Tierschutz fügt man der Bilanz somit immerhin kein weiteres Kohlendioxid hinzu. Etliche Studien belegen auch: Kinder oder Erwachsene, die die Pflege von Haustieren übernehmen, sind im Schnitt umweltbewusster. Sie ernähren sich häufiger vegetarisch, und sie setzen sich stärker aktiv für den Tier- und Naturschutz ein. Laut Erhebungen fliegen Hundebesitzer zudem aus Rücksicht auf ihr Haustier seltener mit dem Flugzeug und verreisen überhaupt weniger.
In Deutschland lebt in jedem zweiten bis dritten Haushalt ein Heimtier, Tendenz steigend. Das hat vermutlich einen weiteren Grund: Acht von zehn Personen wohnen in Städten und kaum jemand hat im Alltag noch Kontakt zur Natur. Etliche Psychologen glauben, dass Erwachsene und Kinder darunter leiden. Schließlich ist dem Menschen ein gerütteltes Maß an »Biophilie«, einer Zuneigung zu anderen Lebensformen, in die Wiege gelegt – ohne Pflanzen und Tiere in greifbarer Nähe wäre Homo sapiens die längste Zeit seiner Entwicklung verhungert. Dieses evolutionäre Erbe können wir nicht einfach abschütteln.
2022 publizierte ein australisches Forscherteam um Jason Gaekwad eine Analyse von 49 Studien, die die Biophiliehypothese bestätigt. Schon ein kurzer Aufenthalt in »lebendiger« Umgebung mit Pflanzen und Tieren verbessert die menschliche Gefühlslage messbar. Das Verlangen, uns ein Stückchen Wildnis ins Zuhause zu holen, ist sozusagen ganz natürlich.
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