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News: Mit Mathematik zum Liebesglück

Der Nachtfalter ist gerade beim Frühstück, als seine Antennen plötzlich den betörenden Duft eines Weibchens wahrnehmen. Doch wie kommt er jetzt am besten zum Ziel?
Nachtfalter sind im höchsten Maße auf ihren Geruchssinn angewiesen. Ihre hoch empfindlichen Fühler nehmen selbst geringste Spuren von Duftstoffen und Pheromonen auf und weisen damit den Weg zu den Weibchen. An einem windstillen Tag haben die Tiere auch kein Problem damit, der Spur zu folgen, denn die zunehmende Intensität des Geruchs dient als Wegweiser.

Doch wehe, eine leichte Brise kommt auf: Duftmoleküle werden verweht, chaotische Wirbel bilden sich und tragen Duftwolken in alle Himmelsrichtungen. Wie soll der Nachtfalter nun schnell zwischen den vielen falschen Fährten, die der Wind ihm gelegt hat, die richtige herausfinden? Denn das Weibchen wird nicht ewig auf ihn warten, oder ein Rivale kommt ihm zuvor.

Hilfe bringen jetzt zwei Forscher der University of Chicago und der Bell Labs in New Jersey. Eugene Balkovsky und Boris Shraiman haben die mathematisch sinnvollste Suchstrategie für einen solchen Fall untersucht und festgestellt, dass eine ganze Reihe von Duftinformationen notwendig ist, um die Quelle zuverlässig bestimmen zu können. Es genügt aber nicht, einfach herumzusitzen und darauf zu warten, dass der Wind weitere Pheromone heranweht. Vielmehr muss das Männchen sein Glück selbst in die Hand nehmen.

Der Rat der Wissenschaftler lautet, davon auszugehen, dass sich der Geruch kegelförmig in Windrichtung von der Quelle ausbreitet, und diesen Kegel im Zick-Zack zu erkunden. Irgendwann trifft das Insekt wahrscheinlich eine weitere Duftprobe. Mit dieser neuen Information kann es die Richtung des Kegels erneut abschätzen und das Suchmuster entsprechend angleichen.

Die beiden Forscher konnten nachweisen, dass das Verfahren selbst dann schnell zum Ziel führt, wenn der Startpunkt der Suche außerhalb des eigentlichen Duftkegels liegt. Und tatsächlich scheinen einige liebeskranke Nachtfalter genau diese Strategie zu verfolgen. Sie bewegen sich gegen die Windrichtung und legen dabei ständig Abstecher nach rechts und links ein. Wahrscheinlich finden auch Hummer auf ähnliche Weise Nahrungsquellen und Partner in turbulenten Strömungen.

Die Ergebnisse von Balkosky und Shraiman helfen aber nicht nur, das Verhalten von Tieren besser zu verstehen. Sie leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von schnüffelnden Roboter, die für die Suche nach Gaslecks, Sprengstoffen oder chemischen Kampfstoffen eingesetzt werden können. Denkbar wäre es auch, Robotern beizubringen, sich mit Hilfe von Duftstoffen zu verständigen.

Auf jeden Fall zeigt sich einmal mehr, dass nicht immer der direkte Weg zum Liebesglück führt.

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