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Klimageschichte: Monsun bestimmt Asiens Geschicke

Datensammlung
Das Schicksal von fast der Hälfte der Menschheit hängt vom Monsun ab: Fällt er aus oder kommt er sintflutartig, zerstört er die Ernten und lässt große Teile Asiens hungern. Ganze Dynastien stürzten bereits als Folge dieser Wetterunbilden, wie Edward Cook von der Columbia University in New York und seine Kollegen nun rekonstruierten. Mindestens vier große Hungersnöte und politische Zusammenbrüche in den letzten 1000 Jahren führen die Forscher unmittelbar auf ausbleibende Monsunwolken zurück.

Dendrochronologie | Baumringe geben gute Auskünfte über vergangene Klimaverhältnisse: Haben sie einen großen Durchmesser, deutet das auf gute Wachstumsbedingungen hin. Hier entnehmen Forscher gerade einen Bohrkern aus einer alten Fichte in den japanischen Bergen.
Für ihre Daten reiste Cooks Team 15 Jahre lang durch Asien von Pakistan im Westen bis Japan im Osten und von Sibirien bis nach Australien, wo sie stets auf der Suche nach besonders alten Bäumen in verschiedenen Ökosystemen waren. Über die Dicke der Baumringe kann man auf die Umweltbedingungen des jeweiligen Jahres zurückschließen: Breitere Ringe deuten auf gute Wachstumsgrundlagen wie ausreichende Niederschläge hin, während schmälere Abschnitte auf Trockenzeiten oder Kälteperioden zurückgehen. Anhand der Tausende von Daten, welche die Forscher im Lauf der Zeit sammelten, konnten sie eine Art Atlas der Klimageschichte für ein riesiges Gebiet zusammenstellen, den sie mit historischen Aufzeichnungen in den vom Monsun beeinflussten Ländern verglichen.

Mindestens vier große Dürren in Asien lasen die Wissenschaftler aus ihren Analysen heraus. So suchte eine eklatante Trockenzeit zwischen 1638 und 1641 China heim, die von damaligen Chronisten als schlimmste der letzten 500 Jahre beschrieben wurde. Besonders stark betroffen war offensichtlich der Nordosten des Kaiserreichs um Peking, was wohl entscheidend mit dazu beitrug, dass die Ming-Dynastie 1644 unter Bauernaufständen zusammenbrach. Zwischen 1756 und 1768 pausierte der Monsun ebenfalls, was Geschichtsbücher bislang nicht erwähnten. Baumringdaten aus Thailand, Vietnam und dem westlichen Indien belegen jedoch zweifellos, dass in dieser Zeit die Regenfälle ausgeblieben waren. Parallel dazu kollabierten Königreiche auf dem Gebiet der heutigen Staaten Thailand, Vietnam und Myanmar, und die politischen Umwälzungen waren bis nach Sibirien zu spüren. Bereits im 15. Jahrhundert zerfiel das Königreich von Angkor unter dem Einfluss von Klimakatastrophen.

Eine dritte katastrophale Periode stellte sich zwischen 1790 und 1796 ein, während der vor allem in Indien Hungersnöte ausbrachen. Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Ereignissen war das Klima aber offensichtlich weltweit etwas durcheinandergeraten: Von sinkenden Seespiegeln wurden damals aus Mexiko berichtet, und in Europa gab es zahlreiche Missernten, die schließlich in der Französischen Revolution gipfelten, als die hungernde Landbevölkerung aufbegehrte. Die meisten Opfer forderte schließlich wohl die "Große Dürre" von 1876 bis 1878, die von Indien bis China und Indonesien spürbar war und 30 Millionen Opfer forderte. Hunger und Seuchen trieben damals vietnamesische Bauern zur Rebellion gegen das französische Kolonialregime an.

Bergwald in Vietnam | Auf ihrer Jagd nach Bohrkernen besuchten die Forscher zahlreiche Länder Asiens – darunter auch Vietnam, wo sie im Bidoup-Nui-Ba-Nationalpark mehr als 1000 Jahre alten Nadelbäumen Proben entnahmen.
Was die Monsunschwankungen und damit die gesellschaftlichen und politischen dramatischen Umwälzungen auslöst, ist bislang nur in Ansätzen bekannt. Ein enger Zusammenhang scheint mit dem El-Niño-Phänomen zu bestehen, das regelmäßig im Pazifik auftritt und weltweit das Wetter durcheinanderbringt. In El-Niño-Jahren fällt der Monsun meist sehr schwach aus, was etwa in Indonesien katastrophale Waldbrände und eine schwächere Reisproduktion begünstigt. Die "Große Dürre" im 19. Jahrhundert ereignete sich parallel zu einem der stärksten El Niños der letzten 150 Jahre, so die Forscher.

Daneben können aber auch noch andere Faktoren Asiens Wettermaschine beeinträchtigen – etwa schwankende Wassertemperaturen im Indischen Ozean oder die Schneebedeckung im Hochland von Tibet. Die europäischen Missernten vor der Französischen Revolution werden wiederum auf einen massiven Ausbruch des isländischen Vulkans Laki zurückgeführt, dessen Auswurfmaterial die Sonneneinstrahlung abblockte und unserem Kontinent eine Reihe unterkühlter Sommer bescherte. Es liegt nahe, dass dadurch die atmosphärische Zirkulation in Asien ebenfalls außer Takt geriet.

Cooks Arbeit ist jedoch nicht nur für Historiker von Interesse: Gegenwärtig plagt eine extreme Trockenheit den Süden Chinas; seit mindestens 80 Jahren hat es dort nicht mehr so wenig geregnet wie während der letzten Monate (parallel dazu herrscht El Niño im Pazifik). Und schon steigen die Spannungen in der Region, weil China angeblich oder tatsächlich zu viel Wasser in seinen Stauseen zurückhält, das den Anrainern flussabwärts wie am Mekong fehlt. (dl)
  • Quellen
Cook, E. et al.: Asian Monsoon Failure and Megadrought During the Last Millennium. In: Science 328, S. 486–489, 2010.

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