Elektrische Fische: Neue Zitteraalart verteilt Rekordstromschläge
Seit rund zweieinhalb Jahrhunderten erfreuen sich Menschen mit der Vorliebe für kuriose Tiere am Zitteraal aus Amazonien: jenem aalartigen Tier, das als einer von lediglich vier Vertretern der rund 250 »elektrischen« Fischarten mit Stromreizen nicht nur navigieren und kommunizieren – sondern mit heftigen Stromschlägen auch jagen und sich selbst verteidigen kann. Nun hat ein 24-köpfiges Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entdeckt, dass manche Zitteraale sogar noch deutlich stärker schocken können als andere. Das hängt damit zusammen, dass die vertraute, vermeintlich einzige Zitteraalspezies sich in Wahrheit in gleich drei äußerlich nicht unterscheidbare Arten aufteilt, berichten Carlos David de Santana vom National Museum of Natural History in Washington und seine Mitstreiter in »Nature Communications«.
Das Team hat die Morphologie und genetische Proben der Kern- und Mitochondrien-DNA von insgesamt 107 Zitteraalen ausgewertet, die es aus verschiedenen Regionen des Amazonasbeckens zusammengetragen hatte. Dabei zeigte sich, dass »der« Zitteraal nicht eine Art, sondern eine Gattung Electrophorus mit mindestens drei Arten ist, die zudem abgegrenzte Lebensräume dominieren: E. electricus lebt in den Guyanas, E. voltai dominiert im Einzugsgebiet der großen brasilianischen Flüsse und E. varii im Tiefland des Amazonasbeckens.
Die neue Art E. voltai kann zudem deutlich stärkere Stromschläge austeilen, als man es an Zitteraalen bisher beobachtet hat: Sie bringt es auf eine Spannung von rund 860 Volt, ein Weltrekord bei der von lebenden Tieren produzierten bioelektrischen Stromstärke. Die Stromschläge dienen den Zitteraalen allerdings nach gängiger Auffassung meist nicht unmittelbar dazu, Beutetiere zu töten, sondern zur Aufklärung. Lebende Objekte wie etwa Beutetiere leiten den Strom anders als tote, weshalb sie vom Zitteraal – eigentlich einem Neuwelt-Messerfisch – im trüben Wasser geortet werden können. Produziert wird die Ladung dabei im Inneren spezialisierter Muskelzellen, den innen gegenüber dem äußeren Milieu negativ geladenen so genannten Elektrozyten. Öffnen sich Ionenkanäle in der Zellmembran, so fließen positive Ionen ein, was für einen schwachen elektrischen Impuls sorgt. Die Effekte tausender Elektrozyten können dann gemeinsam für eine hohe Spannung sorgen.
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