Direkt zum Inhalt

News: Neues vom Beginn der Traumzeit

Nach den Mythen der Aborigines entstanden die Welt und die Menschen während der Traumzeit. Interpretiert man diese Phase als die Besiedlung Australiens, dann könnte diese Traumzeit länger zurückliegen, als bisher angenommen wurde. Ein menschliches Skelett, dessen Alter auf 40000 Jahre geschätzt wurde, datiert nach neuen Untersuchungen etwa 60000 Jahre zurück. Das würde aber bedeuten, daß die ersten Menschen schon sehr früh auf dem Inselkontinent lebten - zu früh, um zusammen mit den ersten Europäern Afrika verlassen zu haben.
Das Mungo 3 genannte Skelett wurde bereits 1974 in den Sanddünen des Mungo-Sees in Australien entdeckt. Der Archäologe Alan Thorne von der Australian National University in Canberra kam damals zu dem Schluß, daß der Leichnam mit einer Begleitzeremonie in seinem Grab beigesetzt worden war: Der Tote wurde mit rotem Ocker bestreut und seine Finger waren um seinen Penis geschlungen. Mittels der Radiokarbonmethode wurde sein Alter zunächst auf 28 000 bis 32 000 Jahr datiert. Aufgrund einer verfeinerten Technik wurde es in den achtziger Jahren aber auf mindestens 38 000 Jahre heraufgesetzt. Möglicherweise war der Leichnam sogar noch älter, meinten die Wissenschaftler, doch die Methode lieferte keine verläßlichen Angaben bei Proben, deren Ursprung weiter als 40 000 Jahre zurückliegt.

Thorne und seine Kollegen entschlossen sich zu einem neuen Versuch, das Alter von Mungo 3 zu bestimmen. Diesmal setzten sie gleich drei verschiedene Techniken ein, deren Ergebnisse sie miteinander verglichen (Journal of Human Evolution vom Juni 1999). Bei der optisch angeregten Lumineszenz (optically stimulated luminescence, OSL) wird die Rekombination von Elektronen mit Störstellen in der Kristallstruktur umliegender Mineralien gemessen. Die beiden anderen Verfahren datierten das Fossil direkt über die Kristalldefekte in den Knochen und Zähnen oder den Zerfall des Elements Uran. Alle drei Wege führten zum selben Ziel: Nach den OSL-Messungen war das Sediment um den Leichnam 61 000 +/- 2 000 Jahre alt, die anderen Experimente ergaben 62 000 +/- 6 000 Jahre.

Sollten die Daten stimmen, erreichten die ersten Menschen Australien vor mindestens 60 000 Jahren. Diese Erkenntnis hätte auf unser bisheriges Modell der Humanevolution bedeutende Auswirkungen. Nach Ansicht vieler Wissenschaftler stammen alle modernen Menschen von einer einzigen Population in Afrika ab. Von dort aus verbreiteten sich Kunst, Bestattungsrituale sowie andere Merkmale einer reflektierten Kultiviertheit über die ganze Welt. Die ältesten gesicherten Hinweise auf eine derartige Revolution in Afrika sind 50 000 Jahre alt, in Europa nur 40 000 Jahre. Aber die rituelle Bestattung von Mungo 3 liegt viel weiter zurück. Dazu meint Richard Klein von der Stanford University: "Das würde bedeuten, daß es entweder im Fernen Osten eine getrennte Evolution des modernen Menschen und seines Verhaltens gab oder daß irgendwie moderne Menschen aus Afrika es schafften, den Fernen Osten zu erreichen – über 20 000 Jahre bevor sie im Westen ankamen."

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.