Paläoanthropologie: Neues vom Zwerg
Im Oktober 2004 präsentierten Anthropologen der staunenden Öffentlichkeit eine neue Menschenart - und mussten sich herber Kritik stellen. Homo floresiensis, wie sie die kleinwüchsige Spezies tauften, sei nichts anderes als ein krankhaft verändertes Menschlein, konterte die Forschungskonkurrenz. Ein Blick in den Kopf des Zwergs soll nun Licht in die Affäre bringen.
Mit dem Wort "Sensation" sollte man vorsichtig umgehen. Doch wenn sich bewahrheiten sollte, was australische und indonesische Anthropologen am 28. Oktober 2004 behauptet haben, dann dürfte die Klassifizierung als "sensationeller Fund" nicht übertrieben sein. Verkündeten doch die Forscher um Peter Brown und Michael Morwood von der Universität von New England nichts anderes als die Entdeckung einer neuen, bisher unbekannten Menschenart.
Und nicht nur das. Homo floresiensis, wie der Neue nach seinem Fundort, der indonesischen Insel Flores, getauft wurde, soll noch bis vor 13 000 Jahren unter uns geweilt haben – und damit heftigst das Alleinstellungsmerkmal des Homo sapiens erschüttern. Denn zu dieser Zeit hatte der Neandertaler – der bisher als letzter Vertreter der Gattung Homo galt, mit dem der moderne Mensch die Erde teilte – schon längst das Zeitliche gesegnet.
Kein Wunder, dass die Zweifel der Anthropologenzunft nicht lange auf sich warten ließen. Teuku Jacob, seines Zeichens Paläoanthropologe an der Gadjah-Mada-Universität in Jakarta und einer der schärfsten Kritiker, hat die umstrittenen Gebeine kurzerhand konfisziert, um seinen Kollegen Unsinn nachzuweisen. Für das winzige Gehirn des Floresmenschen hat er eine einfache Erklärung: Der Zwerg sei ein zwar kleinwüchsiger, aber sonst ganz gewöhnlicher Homo sapiens gewesen, der unter Mikrozephalie, also einer krankhaften Verkleinerung des Schädels gelitten hatte.
Brown und Morwood, die wütend – und inzwischen zum Teil erfolgreich – von Jacob die Wiederauslieferung ihrer wertvollen Knochen verlangten, lassen natürlich so etwas nicht auf sich sitzen. Ihr "Hobbit" – wie sie ihr Geschöpf liebevoll nach der Herr-der-Ringe-Figur nennen – soll nichts anderes gewesen sein als ein kranker Zwerg? Unmöglich!
Mit dem gleichen Verfahren schufen die Wissenschaftler am Computer virtuelle Hirnrekonstruktionen von einem Schimpansenweibchen, einem weiblichen Homo erectus sowie einer gesunden und einer unter Mikrozephalie leidenden Frau. Außerdem dienten mehrere Latex-Schädelabdrücke von Schimpansen, Gorillas und heutiger Menschen – darunter einer ausgewachsenen Pygmäenfrau – sowie von Homo erectus, Australopithecus africanus und Paranthropus aetiopicus als Vergleich.
Und das Ergebnis dieser virtuellen Reise in den Kopf der Floresfrau? Ihr Hirnvolumen erinnert zwar eher an Affen oder an Vormenschen wie "Lucy", ihre Hirnarchitektur allerdings nicht. Insbesondere die Abdrücke von Einfaltungen in der Region, wo der primäre virtuelle Kortex sitzt, sehen typisch menschlich aus. Insgesamt ähnelt das Gehirn am meisten dem von Homo erectus, von dem Homo floresiensis nach Überzeugung der Forscher ursprünglich abstammt.
"Ich hatte geglaubt, dass das Homo-floresiensis-Gehirn wie das von einem Schimpansen aussieht", bekennt Falk. "Aber ich habe mich geirrt." Der an der Untersuchung beteiligte Radiologe Charles Hildebolt von der Universität von Washington bleibt allerdings vorsichtig: "Wir können immer noch nicht eine sekundäre Mikrozephalie ausschließen, die durch Infektionen oder Toxine während der Schwangerschaft ausgelöst gewesen sein könnte."
Doch Falk ist inzwischen überzeugt, mit LB1 keinen zu klein geratenen Homo sapiens vor sich zu haben: "Das Größenverhältnis vom Gehirn zum Körper passt überhaupt nicht zu dem, was wir von Pygmäen kennen, und die Hirngestalt ist alles andere als mikrozephal. Das ist etwas völlig Neues."
Und nicht nur das. Homo floresiensis, wie der Neue nach seinem Fundort, der indonesischen Insel Flores, getauft wurde, soll noch bis vor 13 000 Jahren unter uns geweilt haben – und damit heftigst das Alleinstellungsmerkmal des Homo sapiens erschüttern. Denn zu dieser Zeit hatte der Neandertaler – der bisher als letzter Vertreter der Gattung Homo galt, mit dem der moderne Mensch die Erde teilte – schon längst das Zeitliche gesegnet.
Und noch mehr Rätsel gibt der Fund auf: Bei dem auf 18 000 Jahre datierten Skelett "LB1", das die Forscher zur Artbeschreibung herangezogen hatten, handelt es sich um einen Zwerg – oder besser gesagt um eine Zwergin: Die ausgewachsene Dame hatte wohl nur eine Körpergröße von etwa einem Meter erreicht, und ihr Hirnvolumen mit 417 Kubikzentimeter ähnelte eher dem von Australopithecus afarensis – besser bekannt als "Lucy", die allerdings schon seit über drei Millionen Jahren tot ist.
Kein Wunder, dass die Zweifel der Anthropologenzunft nicht lange auf sich warten ließen. Teuku Jacob, seines Zeichens Paläoanthropologe an der Gadjah-Mada-Universität in Jakarta und einer der schärfsten Kritiker, hat die umstrittenen Gebeine kurzerhand konfisziert, um seinen Kollegen Unsinn nachzuweisen. Für das winzige Gehirn des Floresmenschen hat er eine einfache Erklärung: Der Zwerg sei ein zwar kleinwüchsiger, aber sonst ganz gewöhnlicher Homo sapiens gewesen, der unter Mikrozephalie, also einer krankhaften Verkleinerung des Schädels gelitten hatte.
Brown und Morwood, die wütend – und inzwischen zum Teil erfolgreich – von Jacob die Wiederauslieferung ihrer wertvollen Knochen verlangten, lassen natürlich so etwas nicht auf sich sitzen. Ihr "Hobbit" – wie sie ihr Geschöpf liebevoll nach der Herr-der-Ringe-Figur nennen – soll nichts anderes gewesen sein als ein kranker Zwerg? Unmöglich!
Zum Glück hatte Brown den Schädel des Typusexemplars LB1 per Computertomografie bereits vermessen, bevor dieser in die Hände von Jacob geriet. Mit diesen Daten konnten die Forscher jetzt zusammen mit der Anthropologin Dean Falk von der Florida State University virtuell in den Kopf von Homo floresiensis schauen. Denn mit Hilfe der Abdrücke, die das Großhirn auf der Schädeldecke hinterlässt, kann zumindest grob die Hirnarchitektur rekonstruiert werden.
Mit dem gleichen Verfahren schufen die Wissenschaftler am Computer virtuelle Hirnrekonstruktionen von einem Schimpansenweibchen, einem weiblichen Homo erectus sowie einer gesunden und einer unter Mikrozephalie leidenden Frau. Außerdem dienten mehrere Latex-Schädelabdrücke von Schimpansen, Gorillas und heutiger Menschen – darunter einer ausgewachsenen Pygmäenfrau – sowie von Homo erectus, Australopithecus africanus und Paranthropus aetiopicus als Vergleich.
Und das Ergebnis dieser virtuellen Reise in den Kopf der Floresfrau? Ihr Hirnvolumen erinnert zwar eher an Affen oder an Vormenschen wie "Lucy", ihre Hirnarchitektur allerdings nicht. Insbesondere die Abdrücke von Einfaltungen in der Region, wo der primäre virtuelle Kortex sitzt, sehen typisch menschlich aus. Insgesamt ähnelt das Gehirn am meisten dem von Homo erectus, von dem Homo floresiensis nach Überzeugung der Forscher ursprünglich abstammt.
"Ich hatte geglaubt, dass das Homo-floresiensis-Gehirn wie das von einem Schimpansen aussieht", bekennt Falk. "Aber ich habe mich geirrt." Der an der Untersuchung beteiligte Radiologe Charles Hildebolt von der Universität von Washington bleibt allerdings vorsichtig: "Wir können immer noch nicht eine sekundäre Mikrozephalie ausschließen, die durch Infektionen oder Toxine während der Schwangerschaft ausgelöst gewesen sein könnte."
Doch Falk ist inzwischen überzeugt, mit LB1 keinen zu klein geratenen Homo sapiens vor sich zu haben: "Das Größenverhältnis vom Gehirn zum Körper passt überhaupt nicht zu dem, was wir von Pygmäen kennen, und die Hirngestalt ist alles andere als mikrozephal. Das ist etwas völlig Neues."
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