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News: Neuronen auf der Wanderschaft

Forscher haben im sich entwickelnden Mäusegehirn eine Klasse von Zellen entdeckt, die einen Hang zum Wandern hat. Die Entdeckung einer solchen Beweglichkeit könnte neue Strategien zur Heilung neurodegenerativer Erkrankungen wie die Huntingtonsche und Parkinsonsche Krankheit ermöglichen. Neuronale Stammzellen könnten dann nicht nur gezielt ransplantiert werden, sondern auch zur Behandlung größerer Verluste an Gehirnzellen eingesetzt werden.
Einige Wissenschaftler hegen die Hoffnung, neurodegenerative Krankheiten dadurch zu heilen, daß sie absterbende Zellen durch neuronale Stammzellen ersetzen. Dabei handelt es sich um Zellen aus Embryonalgewebe, die sich in jede Art von Neuron differenzieren können. Ein Problem bei dieser Methode ist jedoch, daß die Zellen genau an dem Ort bleiben, an den sie gesetzt worden. Das erschwert es, Erkrankungen zu behandeln, bei denen der Verlust an Gehirnzellen räumlich weiter verbreitet ist. Um herauszufinden, ob einige Vorläuferzellen vielleicht beweglicher sind als andere, entschlossen sich die Neurobiologen Hynek Wichterle und Arturo Alvarez-Buylla von der Rockefeller University in New York, die Mobilität von Zellen aus verschiedenen Bereichen eines embryonalen Mäusegehirns zu testen.

Wie das Team in der Mai-Ausgabe von Nature Neuroscience berichtet, kultivierten sie in Petrischalen zunächst Schnitte unterschiedlicher Gehirnregionen in einem Gel. Wichterle und Alvarez-Buylla bemerkten, daß viele Zellen aus einem bestimmten Bereich des Vorderhirns, der sogenannten medialen ganglionären Eminentia (medial ganglionic eminence, MGE), begannen, sich im Gel zu bewegen. Andere Zellen verblieben jedoch an Ort und Stelle. Als die Wissenschaftler anschließend Zellen aus unterschiedlichen Gehirnbereichen erwachsener Mäuse injizierten, bewegten sich MGE-Zellen im Durchschnitt achtmal weiter als der Rest. Sie legten dabei Entfernungen von bis zu 1,3 Millimetern zurück – eine recht große Distanz innerhalb des winzigen Mäusegehirns.

Die MGE-Zellen wechselten sogar in andere Hirnregionen und entwickelten sich zu richtigen Nervenzellen. Ungefähr ein Drittel wurde zu einer speziellen Art von Neuron, das den hemmenden Neurotransmittergamma-Aminobuttersäure (GABA) erzeugt. Deshalb sollten sich nach Ansicht von Wichterle, MGE-Zellen am vielversprechendsten für die Behandlung von Defekten im GABA-System erweisen. Dazu zählen die Huntingtonsche Krankheit und eine bestimmte Art von Epilepsie, bei der GABA nur eingeschränkt verfügbar ist.

Der Neurowissenschaftler Anders Björklund von der Lund University in Schweden bezeichnet die Studie als "Schritt in die richtige Richtung". MGE-Zellen könnten nicht nur als Ersatz für verlorene Nervenzellen eingesetzt werden, sondern auch so modifiziert werden, daß sie Medikamente innerhalb des Gehirns transportieren könnten. Björklund warnt jedoch vor allzu großem Optimismus, denn seine eigenen Forschungen deuten darauf hin, daß Verletzungen, die bei neurodegenerativen Erkrankungen auftreten, die Wanderung der transplantierten Zellen hemmen könnten.

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