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Optik: Nobelpreis-Technik auf einem Chip

Ein einziges Bauelement, um exakt definierte Spektrallinien zu erzeugen? Einen solchen Frequenzkamm, noch dazu erheblich kleiner als die heute üblichen Modelle, entwickelten Max-Planck-Forscher beinahe per Zufall. Und erwarten nun eine ganze Reihe von möglichen Anwendungen.
Optischer Frequenzkamm
Die 1998 am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching erfundene Frequenzkammtechnik hat sowohl die Grundlagenforschung als auch die Laserentwicklung und deren Anwendungen so stark beeinflusst und vorangetrieben, dass ihr Erfinder Theodor Hänsch dafür im Jahr 2005 gemeinsam mit seinem US-Kollegen John Hall den Nobelpreis für Physik erhielt. Die hochpräzisen Messgeräte zur Bestimmung optischer Frequenzen sind mittlerweile relativ kompakt und werden kommerziell vertrieben.

Ungleich handlicher jedoch ist der nur 75 Mikrometer große Mikroresonator, mit dem jetzt Tobias Kippenberg und seinen Mitarbeitern die Erzeugung von Frequenzkämmen gelang. Frequenzkämme auf einem Mikrochip könnten Techniken der Zeitmessung und der Datenübertragung geradezu revolutionieren.

Im Prinzip ist ein Frequenzkamm eine Art Lineal, mit dem sich unbekannte optische (das heißt sehr hohe) Frequenzen von Licht hochpräzise bestimmen lassen. In dem von Hänsch und Hall verfolgten Ansatz beruht seine Erzeugung auf einem Modenkopplungsprozess in Kurzpuls-Lasern. Dabei entsteht Laserlicht, das rund 100 000 sehr dicht benachbarte Spektrallinien enthält, deren Frequenzabstand immer gleich und extrem genau bekannt ist – deshalb die Bezeichnung "Kamm". Wenn man diesen Frequenzkamm mit einem anderen Laserstrahl überlagert, dann lässt sich aus der resultierenden Schwebung dessen Frequenz mit bis dato unerreichter Genauigkeit bestimmen. Ein Frequenzkamm dieser Art enthält viele optische Bauelemente und ist daher sehr aufwändig.

Der Max-Planck-Nachwuchsgruppe von Tobias Kippenberg ist es in Zusammenarbeit mit Ronald Holzwarth von Menlo Systems gelungen, einen Frequenzkamm mit Hilfe einer winzigen Mikrostruktur zu erzeugen. Die Wissenschaftler verwenden in ihrem Experiment einen auf einem Silizium-Chip hergestellten torusförmigen Glas-Resonator mit einem Durchmesser von nur 75 Mikrometern, der am Lehrstuhl für Festkörperphysik der Ludwig-Maximilians-Universität München hergestellt wird. Indem sie einen Laserstrahl in einem "Nano-Draht" aus Glas dicht daran vorbeiführen, koppeln sie Licht in diese monolithische Struktur ein.

Optischer Frequenzkamm | Künstlerische Darstellung, wie ein grüner Laserstrahl an einem torusförmigen Glas-Resonator auf einem Silizium-Chip in einen optischen Frequenzkamm aufgespalten wird
Solche optischen Resonatoren können Licht relativ lange speichern. Dies kann zu extrem hohen Lichtintensitäten – sprich Photonendichten – führen, bei denen eine Fülle nichtlinearer Effekte auftreten. Und ein solcher nichtlinearer "Kerr-Effekt" ist es, der die Entstehung eines Frequenzkamms ermöglicht: In einem 4-Photonen-Prozess werden zwei Lichtquanten gleicher Energie in zwei Photonen umgewandelt, von denen das eine Lichtquant eine höhere, das andere eine niedrigere als die ursprüngliche Energie hat. Dabei können die neu erzeugten Photonen ihrerseits mit den ursprünglichen Lichtquanten interagieren und dabei wiederum neue Frequenzen erzeugen.

Bauteil im Ganzen | Ein Silizium-Chip mit einer senkrechten Reihe von Glas-Resonatoren, mit denen sich optische Frequenzkämme erzeugen lassen
Aus dieser Kaskade entsteht ein überraschend breites Spektrum von Frequenzen ganz ohne die Verstärkung durch ein aktives Lasermedium, die bei der herkömmlichen Methode notwendig ist. "Interessanterweise fand sich in der Literatur kein Hinweis darauf, dass Frequenzkämme auf diese Weise erzeugt werken können", konstatiert Projektmitarbeiter Pascal Del’Haye. "Es handelt sich dabei um einen völlig neuen Entstehungsprozess, auf den wir fast zufällig gestoßen sind", bekräftigt Tobias Kippenberg.

Das neue Verfahren ist aber nur dann tauglich, wenn der Abstand zwischen allen erzeugten Frequenzen immer exakt gleich ist und auf diese Weise – obschon die Mikroresonatoren selbst kein vollkommen äquidistantes Modenspektrum haben – ein perfekter Kamm erzeugt wird. In langwierigen Präzisionsmessungen verglichen Pascal Del’Haye und sein Kollege Albert Schließer in Kooperation mit Ronald Holzwarth das Spektrum des monolithisch erzeugten Frequenzkamms mit einem kommerziellen Kamm der Firma Menlo Systems. Dabei zeigten sie, dass die im Mikroresonator erzeugten Frequenzen äquidistant liegen, wobei sie Abweichungen bis zum 10-18ten Bruchteil der Lichtfrequenzen ausschließen konnten.

Der neuartige Frequenzkamm könnte in der Zukunft zur optischen Frequenzbestimmung verwendet werden und damit auch für die Konstruktion von Uhren mit extrem hoher Genauigkeit. Ein weiteres hochinteressantes Anwendungsfeld liegt in der optischen Telekommunikation: Während beim herkömmlichen Frequenzkamm die Linien extrem dicht liegen und recht lichtschwach sind, haben die etwa 130 Spektrallinien des monolithischen Frequenzkamms einen Abstand von ungefähr 400 Gigahertz und Leistungen in der Größenordnung von einem Milliwatt (0 dBm).

Dies entspricht ziemlich genau den typischen Anforderungen für die "Träger" der Datenkanäle in der faserbasierten optischen Telekommunikation. Während bisher für jeden Frequenzkanal ein eigener Generator mit eigenem Laser erforderlich ist, würde es der neue Ansatz ermöglichen, mit einem einzigen Bauelement eine Vielzahl von Datenkanälen zu definieren.

Noch sind nicht alle Aspekte des Entstehungsprozesses verstanden, und auch an der Technik muss noch gefeilt werden, bevor der Frequenzkamm in der Praxis zum Einsatz kommen kann. Im Hinblick auf das hohe Anwendungspotenzial haben die Wissenschaftler ihre Entdeckung dennoch bereits weltweit zum Patent angemeldet.

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