Botanik: Oh Tannenbaum
Ob mächtiger Mammutbaum oder eindrucksvoller Eukalyptus - das lebensnotwendige Wasser muss irgendwie von der Wurzel zu den obersten Nadeln und Blättern. Keine leichte Aufgabe, aber die Pflanzen lösen sie mit Bravour und Technik.
Eines der berühmtesten deutschen Weihnachtslieder besingt die frische Färbung der vielen Fotosynthesevorrichtungen im Geäst des beliebtesten Christgehölzes, das den Weg in die gute Stube findet. Die Bewunderung schlägt dabei dem satten Grün entgegen, das selbst im Winter noch frisch glänzt, wenn die nur zur Sommerzeit belaubte Konkurrenz schon längst die Blätter gestreckt hat.
Diese Hochachtung ist auch durchaus gerechtfertigt, denn im Gegensatz zu Eiche, Buche, Pappel und den zahlreichen weiteren Laubbaumarten muss die benadelte Konkurrenz der Tannen oder Fichten eigentlich viel größere Schwierigkeiten in ihrem stamminternen Wasserleitungsnetz überwinden: Das kostbare Nass hat bei gleicher Wegstrecke in einer Konifere zehnmal so viele Bioschleusen zu passieren wie in einem Laubbaum, um auch noch die entlegensten Nadeln zu erreichen und dort die Wandlung von Kohlendioxid in Glukose zu ermöglichen.
Dennoch wurden die nacktsamigen, stammesgeschichtlich älteren Nadelgewächse keineswegs von den moderneren bedecktsamenden Laubbäumen, den Angiospermen, nur auf die marginalsten Standorte getrieben oder gar gänzlich verdrängt. Vielmehr prosperieren sie noch immer und dominieren den Westen Nordamerikas, die Taiga oder die deutschen Mittelgebirge – unter anderem mit einhundert Meter hohen Sequoias, den Mammutbäumen, oder sechzig Meter hohen Weißtannen.
Warum das so ist und wir uns deshalb Tannenbäume oder Rotfichten in die Wohnung stellen können, haben nun Biologen um Jarmila Pittermann von der Universität von Utah in Salt Lake City herausgefunden. Sie haben sich das Röhren- und Pumpensystem der Nadelbäume – genannt Tracheiden – angesehen und mit jenen Gefäßen der breitblättrigen Blütenpflanzen verglichen. Die unzähligen einzelligen und damit kümmerlichen Tracheiden der Koniferen sind dabei nur wenige Millimeter lang, die höher entwickelten, weil mehrzelligen Tracheen der Konkurrenz dagegen mehrere Zentimeter. Und auch im Durchmesser unterscheiden sie sich beträchtliche: Hier stehen den 10 bis 50 Mikromillimetern bei Kiefer und Konsorten ganze 15 bis 110 Mikromillimeter bei den Laubbäumen gegenüber.
Deutlich unterscheiden sich allerdings auch ihre jeweiligen Ventile zwischen den einzelnen Röhrenabschnitten. Nur wussten die Wissenschaftler bislang nicht, wie diese Eigenheiten den Wasserfluss in der Pflanze beeinflussen. Deshalb maßen sie die Effektivität des Transportsystems von 18 Nadel- und 29 Laubbaumarten, indem sie abgeschnittene, gleich lange Zweige der einzelnen Spezies am einen Ende mit einem Wasserbehälter verbanden. Auf der anderen Seite der senkrecht hängenden Zweige befestigten sie eine sensible Waage, die das Gewicht des insgesamt per Schwerkraft durch die Gefäße gedrückten Wassers messen sollte.
Ausgehend von der bekannten Länge der Röhren und Zahl der Ventile berechneten sie dann den Widerstand, den die lebensnotwendige Flüssigkeit auf ihrem Weg durch die Pflanze durchbrechen musste – mit überraschendem Ausgang: Bei gleichem Durchmesser betrug die Gegenkraft in einzelnen Röhren der Koniferen nur das 1,2-fache derjenigen von Laubbäumen. Und bezogen auf die in Augenschein genommene Gesamtfläche des Holzes war der Durchfluss in Nadelhölzern sogar größer als bei ihrer Konkurrenz – trotz des scheinbar primitiveren Baus.
Koniferen haben dagegen eine so genannte Torus-Margo-Struktur als Durchlass, die unter dem Mikroskop einem Trampolin aus der Vogelperspektive ähnelt. Der zentrale Torus – die "Matte" – ist dicht, ihn passiert kein Tropfen. Die ihn umgebenden Margo-Poren dagegen sind 100-mal so groß wie jene Durchlässe in Laubbäumen. Umgerechnet ergibt das pro Ventil einen 59-mal geringeren Widerstand bei Christbäumen als etwa bei deutschen Eichen; diese Membranen haben also den Nachteil der mickrigen Tracheiden fast gänzlich kompensiert und so die Koniferen wettbewerbsfähig gelassen.
Die Ventile in den Tracheiden der Nadelbäume erfüllen aber noch einen weiteren lebenswichtigen Zweck: Sie verhindern den Luftzutritt in die Röhren, ansonsten reißt die Wassersäule ab – der Baum stirbt. Auch deshalb nadeln unzureichend gewässerte Christbäume bald ab, vorbei ist es dann endgültig mit dem viel besungenen Grün auch im Winter, wenn es schneit.
Diese Hochachtung ist auch durchaus gerechtfertigt, denn im Gegensatz zu Eiche, Buche, Pappel und den zahlreichen weiteren Laubbaumarten muss die benadelte Konkurrenz der Tannen oder Fichten eigentlich viel größere Schwierigkeiten in ihrem stamminternen Wasserleitungsnetz überwinden: Das kostbare Nass hat bei gleicher Wegstrecke in einer Konifere zehnmal so viele Bioschleusen zu passieren wie in einem Laubbaum, um auch noch die entlegensten Nadeln zu erreichen und dort die Wandlung von Kohlendioxid in Glukose zu ermöglichen.
Dennoch wurden die nacktsamigen, stammesgeschichtlich älteren Nadelgewächse keineswegs von den moderneren bedecktsamenden Laubbäumen, den Angiospermen, nur auf die marginalsten Standorte getrieben oder gar gänzlich verdrängt. Vielmehr prosperieren sie noch immer und dominieren den Westen Nordamerikas, die Taiga oder die deutschen Mittelgebirge – unter anderem mit einhundert Meter hohen Sequoias, den Mammutbäumen, oder sechzig Meter hohen Weißtannen.
Warum das so ist und wir uns deshalb Tannenbäume oder Rotfichten in die Wohnung stellen können, haben nun Biologen um Jarmila Pittermann von der Universität von Utah in Salt Lake City herausgefunden. Sie haben sich das Röhren- und Pumpensystem der Nadelbäume – genannt Tracheiden – angesehen und mit jenen Gefäßen der breitblättrigen Blütenpflanzen verglichen. Die unzähligen einzelligen und damit kümmerlichen Tracheiden der Koniferen sind dabei nur wenige Millimeter lang, die höher entwickelten, weil mehrzelligen Tracheen der Konkurrenz dagegen mehrere Zentimeter. Und auch im Durchmesser unterscheiden sie sich beträchtliche: Hier stehen den 10 bis 50 Mikromillimetern bei Kiefer und Konsorten ganze 15 bis 110 Mikromillimeter bei den Laubbäumen gegenüber.
Deutlich unterscheiden sich allerdings auch ihre jeweiligen Ventile zwischen den einzelnen Röhrenabschnitten. Nur wussten die Wissenschaftler bislang nicht, wie diese Eigenheiten den Wasserfluss in der Pflanze beeinflussen. Deshalb maßen sie die Effektivität des Transportsystems von 18 Nadel- und 29 Laubbaumarten, indem sie abgeschnittene, gleich lange Zweige der einzelnen Spezies am einen Ende mit einem Wasserbehälter verbanden. Auf der anderen Seite der senkrecht hängenden Zweige befestigten sie eine sensible Waage, die das Gewicht des insgesamt per Schwerkraft durch die Gefäße gedrückten Wassers messen sollte.
Ausgehend von der bekannten Länge der Röhren und Zahl der Ventile berechneten sie dann den Widerstand, den die lebensnotwendige Flüssigkeit auf ihrem Weg durch die Pflanze durchbrechen musste – mit überraschendem Ausgang: Bei gleichem Durchmesser betrug die Gegenkraft in einzelnen Röhren der Koniferen nur das 1,2-fache derjenigen von Laubbäumen. Und bezogen auf die in Augenschein genommene Gesamtfläche des Holzes war der Durchfluss in Nadelhölzern sogar größer als bei ihrer Konkurrenz – trotz des scheinbar primitiveren Baus.
Des Rätsels Lösung liegt laut Pittermann und ihrer Kollegen in den Ventilen der Tracheiden und Tracheen verborgen. Auf den ersten Blick schneiden auch hier wieder die Laubbäume besser ab als Nadelbäume: Letztere besitzen mit 25 bis 50 Bioklappen pro Gefäßende nur ein Bruchteil dessen, was ihre Wettbewerber vorweisen können. Entscheidender sind allerdings die Details, denn die die Ventile der Angiospermen bestehen aus homogenen Membranen, in denen das Wasser durch winzigste Poren sickert.
Koniferen haben dagegen eine so genannte Torus-Margo-Struktur als Durchlass, die unter dem Mikroskop einem Trampolin aus der Vogelperspektive ähnelt. Der zentrale Torus – die "Matte" – ist dicht, ihn passiert kein Tropfen. Die ihn umgebenden Margo-Poren dagegen sind 100-mal so groß wie jene Durchlässe in Laubbäumen. Umgerechnet ergibt das pro Ventil einen 59-mal geringeren Widerstand bei Christbäumen als etwa bei deutschen Eichen; diese Membranen haben also den Nachteil der mickrigen Tracheiden fast gänzlich kompensiert und so die Koniferen wettbewerbsfähig gelassen.
Die Ventile in den Tracheiden der Nadelbäume erfüllen aber noch einen weiteren lebenswichtigen Zweck: Sie verhindern den Luftzutritt in die Röhren, ansonsten reißt die Wassersäule ab – der Baum stirbt. Auch deshalb nadeln unzureichend gewässerte Christbäume bald ab, vorbei ist es dann endgültig mit dem viel besungenen Grün auch im Winter, wenn es schneit.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.