Perfektes Biotop: Schaurig-schöne Vielfalt tummelt sich im Abflussrohr
Zu den weniger schönen Orten im Haus oder in der Wohnung gehören sicherlich die Abflussrohre von Spülbecken und Co. Doch die Lebensbedingungen dort sind optimal für eine beeindruckende Artenvielfalt, wie eine Studie des Teams um Soon Gweon von der University of Reading ermittelt hat. Im Journal »Environmental DNA« zeigen sie, welche Bandbreite an Pilzen in den feuchten und oft warmen Leitungen haust.
Dazu haben sie 250 Lebensgemeinschaften in Siphons auf dem Campus der Universität in Reading genauer angeschaut und die DNA der Pilze aus diesen Proben untersucht. Dabei achtete die Arbeitsgruppe auf eine möglichst breite Verteilung der Waschbecken in den Gebäuden der Hochschule. Sie vermerkten, ob es sich um Männer- oder Frauentoiletten handelte, dort warmes oder kaltes Wasser aus den Hähnen lief und ob die Einrichtungen nur dem Händewaschen dienten oder auch Essensreste hinfortgespült werden – Stichwort Nährstoffe. Die entnommenen Proben wurden dann mit Hilfe von PCR analysiert und die Pilze bis zur Gattungsebene bestimmt.
Insgesamt wiesen die Wissenschaftler 375 Pilzgattungen nach – eine unerwartet hohe Artenvielfalt: Der Biofilm im Siphon erinnerte die Arbeitsgruppe fast an einen Regenwald in Miniaturform. Allerdings glichen sich die Gemeinschaften über den Campus hinweg ziemlich stark; es traten keine größeren Unterschiede zwischen verschiedenen Toilettenanlagen oder Gebäuden auf. Warum das so ist, können Gweon und Co noch nicht erklären, aber die Vermutung liege nahe, dass es auf ähnliche Nutzungsmuster der Unibesucher zurückzuführen sei.
Unter den bestimmten Gattungen befanden sich auch Pilze, die als Verursacher von Gesundheitsproblemen bekannt sind, etwa verschiedene Schimmel oder Hefen, die Hautausschläge oder Atemwegserkrankungen auslösen können. »Es ist keine große Überraschung, Pilze in einer warmen, feuchten Umgebung zu finden. Aber Siphons wurden bisher als potenzielles Reservoir für diese Mikroorganismen übersehen«, sagt Gweon.
Dabei müssen die Siphonbewohner auch zäh sein, schreiben die Wissenschaftler: Sie sind zum Beispiel mit heißem Wasser konfrontiert und müssen mit unterschiedlichen Säuregraden und Nahrungsangeboten zurechtkommen. Einige Pilze könnten etwa bestimmte Substanzen in der Seife als kohlenstoffreiche Nahrungsquelle nutzen, vermuten die Forscher. Am häufigsten wiesen sie schwarze Hefen aus der Gattung Exophiala nach: Sie machen einen wichtigen Teil des oft dunkel gefärbten Biofilms in den Rohren aus und lösen immer wieder Erkrankungen vor allem bei immungeschwächten Menschen aus.
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