Mineralogie: Quasikristall stammt aus dem All
Vor zwei Jahren gab eine internationale Forschergruppe um Paul Steinhardt von der Universität in Florenz bekannt, dass sie erstmals natürlich entstandene Quasikristalle gefunden hatte: in einem Gesteinsbrocken aus dem Koryakgebirge in Russland. Die Wissenschaftler analysierten nun die darin enthaltenen Isotopengemische und erhielten deutliche Hinweise darauf, dass das Fundstück wohl nicht auf der Erde entstanden ist.
Die Gesteinsprobe bestand aus den sehr seltenen Mineralien Khatyrkit und Cupalit, in denen Quasikristalle in Form des Minerals Ikosahedrit eingebettet waren – einer natürlichen Legierung mit Ikosaederstruktur aus Aluminium, Kupfer und Eisen. Sie ist identisch mit den bisher nur künstlich hergestellten Exemplaren dieser exotischen Stoffklasse, deren Entdeckung 2011 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt wurde.
Verblüfft waren die Forscher nun allerdings, als sie in dem Gesteinsbrocken ein winziges Körnchen Stishovit fanden: eine sehr seltene Quarzmodifikation, die nur bei extrem hohem Druck wie zum Beispiel während eines Meteoriteneinschlags entsteht. Dieser Fund lieferte den Wissenschaftlern einen ersten Hinweis auf seine möglicherweise außerirdische Entstehungsgeschichte, die sie anschließend über das Mischungsverhältnis der drei stabilen Sauerstoffisotope aufklärten. Irdische Gesteine unterscheiden sich darin deutlich von außerirdischen, denn Meteorite spiegeln in ihrer Zusammensetzung das Isotopenverhältnis des Gasnebels aus der Frühzeit unseres Sonnensystems wider. Massenspektrometrische Messungen an mehreren Teilen der Gesteinsprobe ergaben eine große Übereinstimmung mit dem Isotopenfingerabdruck eines typischen Meteoriten.
Damit könnte sich der Stein vor viereinhalb Milliarden Jahren gleichzeitig mit unserem Sonnensystem gebildet haben. Quasikristalle entstünden also womöglich auch unter astrophysikalischen Bedingungen und blieben über kosmische Zeiträume hinweg stabil, so die Schlussfolgerung.
Unklar ist jedoch noch, welche Prozesse dieses außergewöhnliche Gesteinsstück tatsächlich geformt haben. Ganz ausschließen können die Wissenschaftler nicht, dass sich die Quasikristalle vielleicht erst während des Meteoritenaufpralls auf die Erde gebildet haben. Bei ihrer Laborsynthese sind jedenfalls bestimmte Rahmenbedingungen einzuhalten: Präzise abgewogene Zutaten werden zunächst in einer Edelgasatmosphäre geschmolzen, dann im Vakuum bei langsamer Kühlung verfestigt und anschließend bei hoher Temperatur ausgehärtet. Dabei entwickeln sich Quasikristalle, die zwar wie "ordentliche" Kristalle gleichermaßen regelmäßig angeordnet sind, aber keine periodische Abfolge aufweisen. Durchleuchtet man sie mit Röntgenstrahlen, zeigen ihre Beugungsmuster ungewöhnliche Symmetrien, die beispielsweise fünfzählig ausfallen können.
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