Ökologie: Regelgerechte Regenpfeifer
Selten sind Männlein und Weiblein einer Art exakt gleich groß, meist bringt eines deutlich mehr auf die Waage. Was steckt dahinter?
Im Jahr 1950 beschrieb der deutsche Zoologe Bernhard Rensch eine Beobachtung, deren Erklärung bis heute umstritten ist: Quer durch das Tierreich, von der Mücke bis zum Elefanten, stellte er in Verwandtschaftsgruppen einen Zusammenhang zwischen der Größe an sich und dem Größenunterschied zwischen Männchen und Weibchen fest – mit den üblichen Ausnahmen, natürlich. Aber häufig gilt: Übernimmt das Männchen den herausragenden Part, übertrifft es das zugehörige Weibchen umso mehr, je größer eine Art ist – bei Gorillas ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern also ausgeprägter als bei Bonobos. Führt umgekehrt das Weibchen die Messlatte an – wie bei einigen Greifvögeln –, nimmt der Unterschied mit der Größe dagegen ab – je größer hier die Tiere also sind, desto geringer werden die Differenzen, oder je kleiner die Männchen sind, desto voluminöser werden ihre weiblichen Gegenparts.
Schwer zu beschreiben – und schwer zu erklären. Bislang werden drei Ansätze diskutiert, inwieweit hier verschiedene Formen der Selektion wirken: Spielen im innergeschlechtlichen Konkurrenzkampf direkte handgreifliche Auseinandersetzungen bei der Partnerwahl eine Rolle, sind die Größeren begünstigt – jedes Gramm mehr fällt also positiv ins Gewicht. Buhlen die Männchen aber beispielsweise durch auffällige Balztänze oder sonstige Aktivitäten um die Gunst der Angebeteten, haben häufig die Kleinen einen Vorteil – schließlich gelingt mit wenigen Gramm eine elegante Akrobatikeinlage meist besser als mit Elefantenfigur. Und natürlich könnte auch noch ganz unabhängig von den Beteiligten schlicht das umgebende Angebot von Mutter Natur das Ganze beeinflussen, indem ein reiches Ressourcenangebot beispielsweise umfangreichere Bewohner zulässt, während die Zierlicheren mit magerer Versorgung auskommen und dort ihren Vorteil finden.
Das muss doch zu klären sein, dachten sich offenbar Tamás Székely von der Universität Bath und seine Kollegen. Als Anschauungsobjekt wählten sie die Regenpfeifer (Charadriidae), eine Vogelfamilie, welche die von Rensch aufgestellte Regel offenbar sehr beherzigt: Alle Varianten von Größendimorphismus treten hier auf, auch die Bandbreite an Körpergröße lässt nichts zu wünschen übrig, und außerdem pflegen die Angehörigen die verschiedensten Formen von Partnerschaftsmodellen: vom weiblichen Harem über strikte Monogamie bis hin zu männlichem Harem. Denn auch die könnte schließlich Eindruck machen – monogame Tiere, so weiß man schon länger, sind meist ähnlich groß.
Genug Material jedenfalls für eine saubere statistische Analyse. Und die erbrachte zunächst einmal klar: Ob die Versorgungslage des Lebensraums nun mager ist oder üppig, tut überhaupt nichts zur Sache. Sexuelle Selektion ist also verantwortlich – und zwar in beiden Varianten, nämlich innerhalb wie zwischen den Geschlechtern, und das auch nicht getrennt voneinander, sondern in fein abgestimmter Gemeinsamkeit. Und das kompliziert die Angelegenheit.
Zunächst einmal zu den eher großen Tieren mit den großen Männchen. Hier regiert das Faustrecht und damit die innergeschlechtliche Konkurrenz, während die Menuetttauglichkeit an Bedeutung verliert. Größe und Masse bringen Vorteile im Kampf um die Partnerin und fördern daher die größeren Exemplare. Die Folge ist: Groß hat die größeren Chancen.
Ganz anders sieht es am anderen Ende der Messlatte aus. Dominieren die Weibchen die Größenskala, und das bei eher kleineren Arten, die sich meist eher auf Eindruck schindende akrobatische Einlagen verlassen, macht sich damit besser zu vereinbarende Zierlichkeit von Männchen bezahlt – die zwischengeschlechtliche Konkurrenz bestimmt also den Erfolg und fördert, man glaubt es kaum, die Kleinen. Gleichzeitig weitet sich die Schere der Größendifferenz, weil voluminösere Weibchen offenbar in männlichen Harems gefragter sind – sie können mehr potenzielle Väter um sich versammeln, wie Freilandstudien bestätigen.
Oder kurz gefasst: In großen Arten sollte die sexuelle Selektion große, aber wenig agile Männchen fördern, während in kleinen Arten kleine Männchen und Akrobatenkunst zum Zuge kommen. In der Summe lassen sich daher die Extreme der Rensch'schen Beobachtung erklären, ohne dass weitere Faktoren nötig wären. Und das entspricht genau dem Bild, das sich nicht nur ihm querbeet durch die Tierwelt bot – mit den üblichen Ausnahmen natürlich.
Schwer zu beschreiben – und schwer zu erklären. Bislang werden drei Ansätze diskutiert, inwieweit hier verschiedene Formen der Selektion wirken: Spielen im innergeschlechtlichen Konkurrenzkampf direkte handgreifliche Auseinandersetzungen bei der Partnerwahl eine Rolle, sind die Größeren begünstigt – jedes Gramm mehr fällt also positiv ins Gewicht. Buhlen die Männchen aber beispielsweise durch auffällige Balztänze oder sonstige Aktivitäten um die Gunst der Angebeteten, haben häufig die Kleinen einen Vorteil – schließlich gelingt mit wenigen Gramm eine elegante Akrobatikeinlage meist besser als mit Elefantenfigur. Und natürlich könnte auch noch ganz unabhängig von den Beteiligten schlicht das umgebende Angebot von Mutter Natur das Ganze beeinflussen, indem ein reiches Ressourcenangebot beispielsweise umfangreichere Bewohner zulässt, während die Zierlicheren mit magerer Versorgung auskommen und dort ihren Vorteil finden.
Das muss doch zu klären sein, dachten sich offenbar Tamás Székely von der Universität Bath und seine Kollegen. Als Anschauungsobjekt wählten sie die Regenpfeifer (Charadriidae), eine Vogelfamilie, welche die von Rensch aufgestellte Regel offenbar sehr beherzigt: Alle Varianten von Größendimorphismus treten hier auf, auch die Bandbreite an Körpergröße lässt nichts zu wünschen übrig, und außerdem pflegen die Angehörigen die verschiedensten Formen von Partnerschaftsmodellen: vom weiblichen Harem über strikte Monogamie bis hin zu männlichem Harem. Denn auch die könnte schließlich Eindruck machen – monogame Tiere, so weiß man schon länger, sind meist ähnlich groß.
Genug Material jedenfalls für eine saubere statistische Analyse. Und die erbrachte zunächst einmal klar: Ob die Versorgungslage des Lebensraums nun mager ist oder üppig, tut überhaupt nichts zur Sache. Sexuelle Selektion ist also verantwortlich – und zwar in beiden Varianten, nämlich innerhalb wie zwischen den Geschlechtern, und das auch nicht getrennt voneinander, sondern in fein abgestimmter Gemeinsamkeit. Und das kompliziert die Angelegenheit.
Zunächst einmal zu den eher großen Tieren mit den großen Männchen. Hier regiert das Faustrecht und damit die innergeschlechtliche Konkurrenz, während die Menuetttauglichkeit an Bedeutung verliert. Größe und Masse bringen Vorteile im Kampf um die Partnerin und fördern daher die größeren Exemplare. Die Folge ist: Groß hat die größeren Chancen.
Ganz anders sieht es am anderen Ende der Messlatte aus. Dominieren die Weibchen die Größenskala, und das bei eher kleineren Arten, die sich meist eher auf Eindruck schindende akrobatische Einlagen verlassen, macht sich damit besser zu vereinbarende Zierlichkeit von Männchen bezahlt – die zwischengeschlechtliche Konkurrenz bestimmt also den Erfolg und fördert, man glaubt es kaum, die Kleinen. Gleichzeitig weitet sich die Schere der Größendifferenz, weil voluminösere Weibchen offenbar in männlichen Harems gefragter sind – sie können mehr potenzielle Väter um sich versammeln, wie Freilandstudien bestätigen.
Oder kurz gefasst: In großen Arten sollte die sexuelle Selektion große, aber wenig agile Männchen fördern, während in kleinen Arten kleine Männchen und Akrobatenkunst zum Zuge kommen. In der Summe lassen sich daher die Extreme der Rensch'schen Beobachtung erklären, ohne dass weitere Faktoren nötig wären. Und das entspricht genau dem Bild, das sich nicht nur ihm querbeet durch die Tierwelt bot – mit den üblichen Ausnahmen natürlich.
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