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Wahrnehmung: Richtig auf den ersten Blick

Ein unbewusster Blick kann zu einer exakteren Wahrnehmung von Umweltdetails führen als ein etwas längerer, der durch eine nachgeschaltete gedankliche Kontrolle flüchtig abgesichert wird. Dies demonstrieren Zhaoping Li und Nathalie Guyader vom University College London, indem sie zehn Probanden aus 660 Symbolen auf einem Bildschirm eine einzelne abweichende Form heraussuchen ließen.

Die Versuchsteilnehmer mussten unter den identischen Symbolen dasjenige finden, das verdreht am Bildschirm prangt. Dabei verfolgten die Wissenschaftler die Suchbewegung der Augen. Nachdem der Blick das gesuchte Zeichen getroffen hatte, schalteten die Forscher das Bild dann aus und baten die Probanden einzuschätzen, wo das umgestaltete Zeichen zu sehen war. Die Dauer bis zum Ausblenden variierten die Wissenschaftler dabei von Sekundenbruchteilen bis zu vier Sekunden Dauer.

Wie die Forscher ermittelten, lieferten die Probanden zu 95 Prozent richtige Antworten, wenn das Bild schon nach Sekundenbruchteilen ausgeblendet wurde – obwohl dabei viele Teilnehmer glaubten, bloß zu raten. Bei einer längeren möglichen Beobachtungsdauer von gut einer Sekunde schlich sich dagegen eine Fehlerquote von 30 Prozent ein. Erst ab vier Sekunden erreichten die Kandidaten wieder ihre ursprüngliche Sicherheit.

Das Experiment beleuchtet die Arbeitsweise verschiedener kognitiver Wahrnehmungsstufen: Anfangs gleitet das Auge über den Schirm und sortiert unbewusst das Gesehene. Der Blick bleibt beim gedrehten Objekt hängen. Verzögert setzt dann eine erste bewusste Verarbeitung ein, die aber im Experiment zunächst nicht zielführend korrigiert: Ein rotierter Apfel sei eben doch ein Apfel, also eben nicht die gesuchte abweichende Form. Das Bewusstsein oder die höchsten Funktionen des Gehirns, so Li, "legen oft ein Veto gegen unbewusste Entscheidungen ein – auch wenn diese korrekt waren." (cu)

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