News: Ringlösung
Das Bakterium Deinococcus radiodurans überlebt eine radioaktive Strahlungsdosis von 15 000 Gray, während jeder andere Organismus spätestens bei 10 Gray an seine Grenzen gelangt. Nun ist das Geheimnis der widerstandsfähigen Mikrobe geknackt.
Das rote Bakterium Deinococcus radiodurans ist ein ungewöhnlich zäher kleiner Bursche. Zum einen lässt er sich weder von Trockenheit noch von tiefen Temperaturen in die Flucht schlagen und ist deshalb einer der wenigen am Nordpol heimischen Lebensformen. Andererseits hat er auch keine Probleme, trotz hoher radioaktiver Bestrahlung zu überleben. Selbst Werte von 15 000 Gray – das ist mehr als das Tausendfache der für andere Organismen und das Dreitausendfache der für den Menschen tolerierbaren Dosis – übersteht das Bakterium unbeschadet.
Wen wundert es da, dass manche Wissenschaftler meinen, das rote Bakterium sei nicht von dieser Welt, sondern ein Abgesandter vom roten Planeten Mars, wo die radioaktive Strahlung vielfach stärker als auf der Erde ist. Doch ob vom Mars oder von der Erde, Deinococcus radiodurans ist für uns Menschen längst zu einem begehrten Helfer geworden, da es sich genüsslich durch radioaktiven Abfall frisst und ihn dabei in ungefährlichere Abbauprodukte umwandelt.
Aber woher hat die kleine Mikrobe eine solche Widerstandskraft? Warum kann sie mit den vielen Brüchen mit Genom, die durch Bestrahlung entstehen, besser umgehen als die anderen Erdenbewohner? Dieser Frage haben sich Wissenschaftler um den Chemiker Abraham Minsky vom Weizmann Institute gewidmet und dabei offensichtlich das Geheimnis gelüftet: Die Widerstandskraft gründet in der straffen Organisation des Genoms in einem Ring.
Seitdem bekannt ist, dass radioaktive Strahlung meist tödliche Schäden in den DNA-Strängen verursacht, haben sich die Wissenschaftler auf die DNA-Reparaturmechanismen des Bakteriums konzentriert. Denn Zellen, einschließlich denen des Menschen, können nur wenige Brüche in ihrer Erbinformation wieder zusammenflicken. Deinococcus hingegen kann mehr als 200 Bruchstücke fehlerfrei miteinander verbinden. Deshalb vermuteten die Wissenschaftler, die rote Mikrobe müsste besonders effiziente Enzyme zur Reparatur der DNA besitzen. Doch dies scheint nicht so zu sein: Experimenten zufolge ähnelt seine Ausstattung an Reparaturenzymen sehr der von ganz ordinären Bakterien.
Minsky und seine Mitarbeiter durchleuchteten das Bakterium nun gründlich mit licht- und elektronenmikroskopischen Methoden und kamen dabei dem Rätsel auf die Spur. Das Genom der Mikrobe ist in einer besonderen Ringstruktur organisiert, die ein Abwandern der nach radioaktiver Strahlung entstehenden Bruchstücke offenbar verhindert. Da die DNA-Stücke nicht in den Weiten des Zellkörpers verloren gehen, sondern nahe beieinander verbleiben, fällt dem Bakterium ein Schließen der entstandenen Lücken wesentlich leichter. So können – falls nötig – mehrere hundert Genombruchstücke im Zaum gehalten werden.
Doch damit nicht genug. Nachdem das Bakterium in der ersten Phase der DNA-Reparatur die Bruchstücke am Verschwinden gehindert hat, kommen die restlichen Kopien des Genoms ins Spiel. Denn Deinococcus radiodurans besitzt nicht nur eine Vorlage seines Genoms, sondern hat noch drei Kopien in abgegrenzten Zellräumen – so genannten Kompartimenten – gelagert. Anderthalb Stunden nach Beginn der Reparatur der Ringstruktur entfaltet sich die DNA und wandert zu dem nächsten Kompartiment, wo es sich mit der dortigen DNA vermischt.
Jetzt beginnen die eigentlichen Reparaturenzyme, mit denen auch wir Menschen ausgestattet sind, ihre Arbeit. Indem sie zwischen beiden Kopien vergleichen und jeweils den anderen Strang als Vorlage nutzen, merzen sie Fehler im Genom aus. Nachdem das Genom des widerstandsfähigen Bakteriums bereits die erste Phase der Fixierung der vielen Bruchstücke überstanden hat, kann die zweite Phase relativ schnell ablaufen und die Reparatur vervollständigen.
Dem Menschen wird diese Erkenntnis leider nur wenig helfen, da er sein Erbgut nicht als Ring sondern Faden speichert. Und so bleibt uns auch weiterhin nur, vielleicht nicht den Nordpol, aber doch mindestens Radioaktivität zu meiden.
Wen wundert es da, dass manche Wissenschaftler meinen, das rote Bakterium sei nicht von dieser Welt, sondern ein Abgesandter vom roten Planeten Mars, wo die radioaktive Strahlung vielfach stärker als auf der Erde ist. Doch ob vom Mars oder von der Erde, Deinococcus radiodurans ist für uns Menschen längst zu einem begehrten Helfer geworden, da es sich genüsslich durch radioaktiven Abfall frisst und ihn dabei in ungefährlichere Abbauprodukte umwandelt.
Aber woher hat die kleine Mikrobe eine solche Widerstandskraft? Warum kann sie mit den vielen Brüchen mit Genom, die durch Bestrahlung entstehen, besser umgehen als die anderen Erdenbewohner? Dieser Frage haben sich Wissenschaftler um den Chemiker Abraham Minsky vom Weizmann Institute gewidmet und dabei offensichtlich das Geheimnis gelüftet: Die Widerstandskraft gründet in der straffen Organisation des Genoms in einem Ring.
Seitdem bekannt ist, dass radioaktive Strahlung meist tödliche Schäden in den DNA-Strängen verursacht, haben sich die Wissenschaftler auf die DNA-Reparaturmechanismen des Bakteriums konzentriert. Denn Zellen, einschließlich denen des Menschen, können nur wenige Brüche in ihrer Erbinformation wieder zusammenflicken. Deinococcus hingegen kann mehr als 200 Bruchstücke fehlerfrei miteinander verbinden. Deshalb vermuteten die Wissenschaftler, die rote Mikrobe müsste besonders effiziente Enzyme zur Reparatur der DNA besitzen. Doch dies scheint nicht so zu sein: Experimenten zufolge ähnelt seine Ausstattung an Reparaturenzymen sehr der von ganz ordinären Bakterien.
Minsky und seine Mitarbeiter durchleuchteten das Bakterium nun gründlich mit licht- und elektronenmikroskopischen Methoden und kamen dabei dem Rätsel auf die Spur. Das Genom der Mikrobe ist in einer besonderen Ringstruktur organisiert, die ein Abwandern der nach radioaktiver Strahlung entstehenden Bruchstücke offenbar verhindert. Da die DNA-Stücke nicht in den Weiten des Zellkörpers verloren gehen, sondern nahe beieinander verbleiben, fällt dem Bakterium ein Schließen der entstandenen Lücken wesentlich leichter. So können – falls nötig – mehrere hundert Genombruchstücke im Zaum gehalten werden.
Doch damit nicht genug. Nachdem das Bakterium in der ersten Phase der DNA-Reparatur die Bruchstücke am Verschwinden gehindert hat, kommen die restlichen Kopien des Genoms ins Spiel. Denn Deinococcus radiodurans besitzt nicht nur eine Vorlage seines Genoms, sondern hat noch drei Kopien in abgegrenzten Zellräumen – so genannten Kompartimenten – gelagert. Anderthalb Stunden nach Beginn der Reparatur der Ringstruktur entfaltet sich die DNA und wandert zu dem nächsten Kompartiment, wo es sich mit der dortigen DNA vermischt.
Jetzt beginnen die eigentlichen Reparaturenzyme, mit denen auch wir Menschen ausgestattet sind, ihre Arbeit. Indem sie zwischen beiden Kopien vergleichen und jeweils den anderen Strang als Vorlage nutzen, merzen sie Fehler im Genom aus. Nachdem das Genom des widerstandsfähigen Bakteriums bereits die erste Phase der Fixierung der vielen Bruchstücke überstanden hat, kann die zweite Phase relativ schnell ablaufen und die Reparatur vervollständigen.
Dem Menschen wird diese Erkenntnis leider nur wenig helfen, da er sein Erbgut nicht als Ring sondern Faden speichert. Und so bleibt uns auch weiterhin nur, vielleicht nicht den Nordpol, aber doch mindestens Radioaktivität zu meiden.
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