Materialwissenschaft: Schwache Bindungen machen Seide stark
Elastisch und gleichzeitig sehr reißfest – die Eigenschaften der Seide faszinieren Materialwissenschaftler schon lange. Forscher haben jetzt die Ursache für die besondere Stärke des Materials gefunden. Das Geheimnis ist ein Netzwerk aus schwachen Bindungen, die sich unter Belastung gegenseitig stützen und so große Kräfte ableiten können.
Seide besteht aus einer ungeordneten Proteinmatrix, in die wenige Nanometer große kristalline Domänen eingelagert sind. Diese Kristalle sind für die besondere Festigkeit der Seide verantwortlich. Sie bestehen aus Beta-Faltblättern, Plättchen aus zwei nebeneinanderliegenden Proteinsträngen, die zu mehrere Nanometer großen regelmäßigen Stapeln angeordnet sind. Zusammengehalten werden die einzelnen Proteinketten lediglich von Wasserstoffbrückenbindungen, den schwächsten gerichteten Bindungen in der Chemie.
Der Schlüssel zur überraschenden Widerstandsfähigkeit der Kristalle liegt in ihrem Bruchverhalten, das Materialwissenschaftler um Markus Buehler vom Massachusetts Institute of Technology jetzt untersucht haben. Sie entdeckten, dass ein Stapel aus Beta-Faltblättern abhängig von seiner Länge auf unterschiedliche Weise auseinanderbricht.
Ist der Stapel größer als etwa drei Nanometer, so verbiegt er sich, und Wasserstoffbrücken zwischen den einzelnen Beta-Faltblatt-Ebenen werden parallel zu ihrer Bindungsachse gedehnt, bis sie an der Außenseite der Wölbung auseinanderreißen und die Bindungen zwischen zwei Faltblättern nacheinander wie ein Reißverschluss aufgehen. Ist der Stapel dagegen kürzer, so verbiegt er sich bei Belastung nicht mehr, sondern die einzelnen Faltblätter werden seitlich gegeneinander verschoben. Unter diesen Bedingungen brechen die Bindungen nicht mehr nacheinander, vielmehr müssen alle Wasserstoffbrücken zwischen zwei Ebenen gleichzeitig auseinandergerissen werden, damit die Struktur versagt. Und das erfordert erheblich größere Kräfte.
Die Bedeutung dieser Entdeckung reicht weit über die Erforschung der Seide hinaus, denn sie zeigt, dass die bloße Struktur eines Materials eine erheblich größere Bedeutung für seine Eigenschaften haben kann als seine Komponenten. Auf diese Weise kann man vielleicht Spezialchemikalien und exotische Werkstoffe einmal durch maßgeschneiderte Biomaterialien ersetzen. (lf)
Seide besteht aus einer ungeordneten Proteinmatrix, in die wenige Nanometer große kristalline Domänen eingelagert sind. Diese Kristalle sind für die besondere Festigkeit der Seide verantwortlich. Sie bestehen aus Beta-Faltblättern, Plättchen aus zwei nebeneinanderliegenden Proteinsträngen, die zu mehrere Nanometer großen regelmäßigen Stapeln angeordnet sind. Zusammengehalten werden die einzelnen Proteinketten lediglich von Wasserstoffbrückenbindungen, den schwächsten gerichteten Bindungen in der Chemie.
Der Schlüssel zur überraschenden Widerstandsfähigkeit der Kristalle liegt in ihrem Bruchverhalten, das Materialwissenschaftler um Markus Buehler vom Massachusetts Institute of Technology jetzt untersucht haben. Sie entdeckten, dass ein Stapel aus Beta-Faltblättern abhängig von seiner Länge auf unterschiedliche Weise auseinanderbricht.
Ist der Stapel größer als etwa drei Nanometer, so verbiegt er sich, und Wasserstoffbrücken zwischen den einzelnen Beta-Faltblatt-Ebenen werden parallel zu ihrer Bindungsachse gedehnt, bis sie an der Außenseite der Wölbung auseinanderreißen und die Bindungen zwischen zwei Faltblättern nacheinander wie ein Reißverschluss aufgehen. Ist der Stapel dagegen kürzer, so verbiegt er sich bei Belastung nicht mehr, sondern die einzelnen Faltblätter werden seitlich gegeneinander verschoben. Unter diesen Bedingungen brechen die Bindungen nicht mehr nacheinander, vielmehr müssen alle Wasserstoffbrücken zwischen zwei Ebenen gleichzeitig auseinandergerissen werden, damit die Struktur versagt. Und das erfordert erheblich größere Kräfte.
Die Bedeutung dieser Entdeckung reicht weit über die Erforschung der Seide hinaus, denn sie zeigt, dass die bloße Struktur eines Materials eine erheblich größere Bedeutung für seine Eigenschaften haben kann als seine Komponenten. Auf diese Weise kann man vielleicht Spezialchemikalien und exotische Werkstoffe einmal durch maßgeschneiderte Biomaterialien ersetzen. (lf)
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