News: Staubförmiger Spurensucher
Der ganze Vorgang kann sich aber insbesondere bei einer Vielzahl von möglichen Substanzen ziemlich in die Länge ziehen, schließlich müssen die Probenmoleküle alle Testfelder des zweidimensionalen Arrays passieren. Einfacher ist es da schon, wenn auch die Testmoleküle in einer Lösung schwimmen und sich Schlüssel und Schlüsselloch im Dreidimensionalen finden können. Auch das funktioniert, dazu haben Forscher die Testmoleküle an winzige Metallstäbchen gekoppelt, deren charakteristische Abfolge von Gold und Silber wie der Strichcode eines Kaufhausetiketts wirkt. Denn haftet eines der fluoreszierenden Probenmoleküle an einer der Testverbindungen, dann muss man nur noch das Metalletikett ablesen, um zu wissen, welches Schlüsselloch belegt wurde.
Doch wenngleich sich die Moleküle bei dieser Methode schneller finden, so muss doch das Etikett mit dem Mikroskop abgelesen werden, und das kann wiederum dauern. Einen vielversprechenden Ansatz für ein schnelleres Verfahren präsentieren nun Wissenschaftler der University of California in San Diego: Anstelle der Metallstäbchen als Etiketten versehen sie ihre Testmoleküle mit Mikrometer großen Siliciumpartikelchen, die ihre Identität durch Lichtreflexionen ganz bestimmter Wellenlänge offenbaren. So gelingt die Zuordnung der Moleküle einfach im Schein eines Lasers – ganz so, wie sich Waren im Supermarkt an ihrem eindeutigen Strichcode identifizieren lassen.
Doch wie lässt sich die Farbe eines Siliciumpartikels festlegen und somit ein Molekül etikettieren? Das Geheimnis steckt in der mikroporösen Struktur des Siliciums. Denn das Material ist von einer Vielzahl feiner, regelmäßig angeordneter Kanäle durchzogen und bildet damit einen so genannten photonischen Kristall. Ein solches Material lässt nur noch das Licht bestimmter Wellenlängen passieren, da sich durch Vielfachreflexion andere Wellenlängen auslöschen.
Hergestellt haben Frédérique Cunin und seine Kollegen diese porösen Kristalle aus einem Siliciumwafer, aus dem sonst beispielsweise auch Chips produziert werden. Durch einen elektrochemischen Ätzprozess in Flusssäure entstehen die winzigen Kanäle im Silicium wie von selbst, wobei sich über die Stromstärke beim Ätzen auch die Porosität des Materials variieren lässt. Auf diese Weise schufen die Forscher quadratische Plättchen porösen Siliciums, die ihrerseits wieder aus Lagen unterschiedlicher Porosität bestanden. Diese Schichtsysteme wirken wie ein so genanntes Rugate-Filter, das nur noch in einem einzigen schmalen Wellenlängenbereich das Licht reflektiert – genau das, was man also zur eindeutigen Identifikation benötigt.
Der Rest des Prozedere war im Grunde Routine: Die porösen Siliciumkristalle wurden mithilfe von Ultraschall vom Wafer abgelöst und zum Teil zertrümmert, sodass nur Mikrometer große Schnipsel des Materials übrig blieben. An diese hefteten die Forscher schließlich ihre Testmoleküle, wobei sie sich merkten, welche Moleküle, welcher Farbe entsprachen.
Und mit derlei Testpartikeln ließ sich tatsächlich verhältnismäßig schnell ein bestimmtes Molekül nachweisen: Acht grün fluoreszierende Partikel konnten die Forscher so richtig einem einfachen Ratten-Protein zuordnen. Von den acht nicht leuchtenden Partikeln, ließen sich sechs korrekt dechiffrieren. Eines war nicht mehr zu lesen und eines zeigte den falschen Code im Schein des Laserlichts an. Die Fluoreszenz weist also auf eine erfolgreiche Bindung mit dem Molekül am Partikel hin, und dessen Reflexionsspektrum zeigt parallel dazu welches Molekül an ihm klebt.
Dabei ist die Fluoreszenztechnik gar nicht mal unbedingt nötig, wie die Forscher schreiben. In früheren Arbeiten zeigten andere Wissenschaftler bereits, wie bestimmte Chemikalien das optische Spektrum eines photonischen Kristalls verändern. Das würde das Verfahren erheblich vereinfachen, da die zu überprüfenden Moleküle nicht mehr aufwändig mit fluoreszierenden Verbindungen gekoppelt werden müssten und man auch keine spezielle Optik zum Auflösen der beiden Lichtquellen benötigte.
Auf diese Weise ließe sich laut des Biochemikers Michael Sailor, ebenfalls aus San Diego, schon von weitem überprüfen, ob eine Wolke eventuell Milzbrand-Bakterien enthält oder ob in einem Trinkwassertank Gifte gelöst sind. Im Experiment konnten die Forscher bereits aus zwanzig Metern Entfernung bestimmte Moleküle identifizieren. Ihr Ziel ist jedoch, mindestens einen Kilometer Reichweite zu erreichen.
Bevor die Mikropartikel allerdings als potenzielles Warnsystem für Biokampfstoffe eingesetzt werden, müssen sie zunächst einmal ihre Alltagstauglichkeit bei biologischen Untersuchungen im Labor unter Beweis stellen. Immerhin, da Silicium als biologisch unbedenklich gilt, ließen sich die Miniatursensoren auch für in-vivo-Diagnostik nutzen.
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