Happy End: Sternleiche hat ihren Planeten nicht geschreddert
Vielleicht hat das Team um Joshua Blackman von der University of Tasmania weit draußen im All die Zukunft unseres Sonnensystems erspäht: Dort, rund 6500 Lichtjahre von uns entfernt, umkreist ein jupiterähnlicher Planet offenbar in aller Ruhe einen Weißen Zwerg. Die besten Zeiten hat dieses Sternsystem damit schon hinter sich, denn Weiße Zwerge stellen das Endstadium der Entwicklung von Sternen wie unserer eigenen Sonne dar. Sie sind somit ausgebrannte Sterne. Blackman und seine Kolleginnen und Kollegen deuten ihren Fund als Indiz dafür, dass zumindest größere Planeten den Todeskampf ihres Zentralgestirns überleben können. Die dazugehörige Studie erscheint im Fachmagazin »Nature«.
Darin schildern die Forscher und Forscherinnen streng genommen eine Nichtentdeckung. Eigentlich hatten sie am Keck-Observatorium nämlich nach einem ganz normalen Stern Ausschau gehalten. Hinweise auf die Existenz des jupiterähnlichen Planeten namens MOA-2010-BLG-477Lb hatten sie bereits im Jahr 2010 in Form einer massearmen Gravitationslinse aufgespürt. Bei einem derartigen Gravitationslinsenereignis passiert ein Himmelskörper – die Linse – eine dahinterliegende, leuchtstarke Quelle. Ist die Linse besonders massereich, können dabei so spektakuläre Effekte wie das Einstein-Kreuz zu Stande kommen, bei dem die Quelle mehrfach am Himmel erscheint. Masseärmere Linsen hingegen verraten sich über die Leuchtkurve der Quelle, die auf charakteristische Art und Weise heller wird, so wie im vorliegenden Fall.
Der jupiterähnliche Planet soll einen Weißen Zwerg umkreisen
Zunächst waren die Forschenden aber davon ausgegangen, dass der potenzielle Exoplanet MOA-2010-BLG-477Lb einen ganz normalen Stern umkreist – und nach diesem suchten sie mit dem Keck-II-Teleskop in den Jahren 2015, 2016 und 2018. Allein: Das leistungsfähige Teleskop konnte keinen derartigen Stern aufstöbern. Auch Braune Zwerge, Schwarze Löcher oder Neutronensterne konnten als Zentralgestirn für den jupiterähnlichen Planeten ausgeschlossen werden – und somit blieb nur noch ein Weißer Zwerg als Kandidat. Diesen konnten sie zwar ebenfalls nicht entdecken, doch ihren Berechnungen zufolge dürfte der Planet mit rund der anderthalbfachen Jupitermasse einen Weißen Zwerg umkreisen, der es auf ungefähr die Hälfte der Sonnenmasse bringt. Die Entfernung zwischen den beiden Himmelskörpern soll wahrscheinlich in etwa das Dreifache der Distanz zwischen Erde und Sonne betragen.
Erst im Jahr 2020 hatten Forscherinnen und Forscher überhaupt den ersten Planeten gefunden, der einen Weißen Zwerg umkreist. Zuvor hatten sich Weiße Zwerge vor allem als stellare Langweiler oder Zerstörer einen Namen gemacht: Sie tun über Milliarden Jahre hinweg nichts anders, als immer weiter abzukühlen und leuchtschwächer zu werden. Ab und an, je nach Sternsystem, mögen sie auch ihre ehemaligen Planeten schreddern, wenn diese in sie hineinstürzen. Wird ein Stern zum Weißen Zwerg, bringt er sein gegebenenfalls vorhandenes Planetensystem nämlich gehörig durcheinander. Selbst die Umlaufbahnen jener Planeten, die nicht schon vorher im Riesenstadium des Sterns von ihm verschluckt wurden, können dadurch destabilisiert werden. Das Team um Blackman wertet seinen Fund nun als Hinweis darauf, dass zumindest Planeten in jupiterähnlichen Umlaufbahnen auch diese Phase überstehen können. Die Gruppe vermutet, dass es dort draußen noch mehr Planeten gibt, die ihren ausgebrannten Stern mehr oder weniger intakt umkreisen.
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