News: Stürmische Jugend
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Gemäß diesem alten Sprichwort können innerzelluläre Bläschen ihren Inhalt gar nicht schnell genug loswerden. In einem ungestümen Lauf stürzen sie zur Zellmembran und achten dabei wenig auf die Rechte der Älteren: Die werden dabei einfach überrannt.
In einer Zelle herrscht permanent hektische Betriebsamkeit. Ständig durchqueren Moleküle die Zelle vom Ort ihrer Produktion zum Zielpunkt. Während manche für diese logistische Meisterleistung wie auf Schienen durch die Zelle gleiten, nutzen andere kleine Bläschen als Transportmittel: die Vesikel.
Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich die Vesikel auf ihrer Zellreise so geordnet verhalten wie Engländer an der Bushaltestelle: schön ordentlich anstellen und bloß nicht vordrängeln. Folglich müssten die ältesten Vesikel in der ersten Reihe stehen und würden im geordneten Formationszug als erste an der Zellmembran anlangen, um dort ihre Fracht abzuladen.
Doch von dieser Art der Höflichkeit scheinen Vesikel nicht viel zu halten. Stattdessen stürmen die jüngeren Vertreter auf möglichst direktem Wege durch die Zelle und nehmen dabei auf ältere Vesikel gar keine Rücksicht. Ihre Eile, die Zellmembran zu erreichen, ist so groß, dass sie alles beiseite stoßen, was ihnen im Weg ist.
Dieses bemerkenswerte Sturm-und-Drang-Verhalten der Bläschen offenbarte sich den Wissenschaftler um Robert Chow von der University of Southern California, als sie den Vesikeln ein fluoreszierendes Farbmäntelchen umhingen, das mit zunehmenden Alter von grün nach rot wechselte. Hierbei arbeiteten sie mit Zellen aus der Nebenniere von Kühen, den so genannten Chromaffinzellen, welche die neuronalen Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin produzieren und mithilfe der Transportkugeln zur Zellmembran dirigieren.
Obwohl die Bläschen normalerweise bis zu zwei Wochen "leben", bevor die Zelle sie abbaut, bleiben sie meist nur 12 Stunden an der Zellmembran angeheftet. Haben sie bis dahin kein Signal erhalten, ihren kostbaren Inhalt abzugeben, fallen sie ins Zellinnere zurück und machen Platz für junge frische Bläschen. Einmal von der Membran abgedrängt, ist ihr Schicksal meist besiegelt: Die Zelle baut sie kurzerhand ab und recycelt sie.
Solch ein verschwenderischer Prozess scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv und damit untypisch für Zellen zu sein. Warum sollte es einer Zelle daran gelegen sein, ältere Vesikel durch jüngere verdrängen zu lassen? Chow hat für das scheinbare Paradoxon einige Erklärungen parat. So könnte das in den Vesikeln beherbergte Hormon Alterungsprozessen unterliegen und im Laufe der Zeit inaktiv und unbrauchbar werden.
Dann wäre es für die Zelle natürlich von Vorteil, wenn jederzeit frische Bläschen mit entsprechend frischen Hormonen an der Zellmembran lagern und auf den entsprechenden Reiz hin sofort ihren Inhalt verströmen könnten. Die Gefahr, veraltetes Materials zu verbreiten, wäre somit denkbar klein.
Chow, dessen Arbeit auch der Erforschung von Diabetes gilt, sieht in dem Vesikeldrang auch einen möglichen Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit. Er spekuliert auf eine eventuelle Orientierungslosigkeit der mit Insulin bepackten Vesikel. "Wenn dies passieren würde, könnte das von den Langerhans'schen Inseln ausgeschüttete Insulin nicht die bevorzugte Form haben. Möglicherweise ist es dann inaktiv oder unbrauchbar", überlegt Chow. Die farbig markierten Vesikel werden das Geheimnis vielleicht in der nächsten Zeit lüften.
Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich die Vesikel auf ihrer Zellreise so geordnet verhalten wie Engländer an der Bushaltestelle: schön ordentlich anstellen und bloß nicht vordrängeln. Folglich müssten die ältesten Vesikel in der ersten Reihe stehen und würden im geordneten Formationszug als erste an der Zellmembran anlangen, um dort ihre Fracht abzuladen.
Doch von dieser Art der Höflichkeit scheinen Vesikel nicht viel zu halten. Stattdessen stürmen die jüngeren Vertreter auf möglichst direktem Wege durch die Zelle und nehmen dabei auf ältere Vesikel gar keine Rücksicht. Ihre Eile, die Zellmembran zu erreichen, ist so groß, dass sie alles beiseite stoßen, was ihnen im Weg ist.
Dieses bemerkenswerte Sturm-und-Drang-Verhalten der Bläschen offenbarte sich den Wissenschaftler um Robert Chow von der University of Southern California, als sie den Vesikeln ein fluoreszierendes Farbmäntelchen umhingen, das mit zunehmenden Alter von grün nach rot wechselte. Hierbei arbeiteten sie mit Zellen aus der Nebenniere von Kühen, den so genannten Chromaffinzellen, welche die neuronalen Botenstoffe Adrenalin und Noradrenalin produzieren und mithilfe der Transportkugeln zur Zellmembran dirigieren.
Obwohl die Bläschen normalerweise bis zu zwei Wochen "leben", bevor die Zelle sie abbaut, bleiben sie meist nur 12 Stunden an der Zellmembran angeheftet. Haben sie bis dahin kein Signal erhalten, ihren kostbaren Inhalt abzugeben, fallen sie ins Zellinnere zurück und machen Platz für junge frische Bläschen. Einmal von der Membran abgedrängt, ist ihr Schicksal meist besiegelt: Die Zelle baut sie kurzerhand ab und recycelt sie.
Solch ein verschwenderischer Prozess scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv und damit untypisch für Zellen zu sein. Warum sollte es einer Zelle daran gelegen sein, ältere Vesikel durch jüngere verdrängen zu lassen? Chow hat für das scheinbare Paradoxon einige Erklärungen parat. So könnte das in den Vesikeln beherbergte Hormon Alterungsprozessen unterliegen und im Laufe der Zeit inaktiv und unbrauchbar werden.
Dann wäre es für die Zelle natürlich von Vorteil, wenn jederzeit frische Bläschen mit entsprechend frischen Hormonen an der Zellmembran lagern und auf den entsprechenden Reiz hin sofort ihren Inhalt verströmen könnten. Die Gefahr, veraltetes Materials zu verbreiten, wäre somit denkbar klein.
Chow, dessen Arbeit auch der Erforschung von Diabetes gilt, sieht in dem Vesikeldrang auch einen möglichen Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit. Er spekuliert auf eine eventuelle Orientierungslosigkeit der mit Insulin bepackten Vesikel. "Wenn dies passieren würde, könnte das von den Langerhans'schen Inseln ausgeschüttete Insulin nicht die bevorzugte Form haben. Möglicherweise ist es dann inaktiv oder unbrauchbar", überlegt Chow. Die farbig markierten Vesikel werden das Geheimnis vielleicht in der nächsten Zeit lüften.
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